Kapitel 27 Licht

197 19 0
                                    

Kapitel 27   Licht

Es ist 16.32 Uhr.

Dan sieht Lee in seinem Hinterhof stehen und gen Himmel schauen.

Der Ausschnitt am Himmel, der ihm gegeben ist. Umzäumt von fünfstöckigen Altbauhäusern in Berlin Wedding. Ein schwarzes Stück Himmel im kleinen Hinterhof von Lees Wohnung.

„Es ist dunkel. Wir können schon wieder nicht in den Plötzensee-Park", sagt Lee traurig, „Warum kann ich mich nicht an die Dunkelheit im deutschen Winter gewöhnen?"

„Weil es irgendwo auch hell ist. Und weil es auch immer wieder hell wird. Du musst es dir hell machen. Komm, ich zeig dir die Lichter Berlins bei Nacht", antwortet Dan mit seiner tiefen Stimme, nimmt Lees Hand und läuft in das Treppenhaus des Vorderhauses, an den Kinderwagen vorbei und Richtung seines Toyotos in der Kameruner Straße.

Und keinen Moment lässt er Lees Hand los. Nicht einen Moment.

Lee ist über die Nähe überrascht.

Sein vertrautes Gefühl irritiert ihn.

Er versucht, seine Hand nun loszulassen. Die Berührung lässt ihn, sich unbehaglich fühlen.

Vergeblich.

Dan hat seine Hand genommen und hält sie fest.

Er wird von Dan gehalten.

Warum hat er das Gefühl, dass ihm was auf der Zunge liegt?

Das Nachdenken strengt Lee an. Er beschließt sich einfach darauf einzulassen.

Er wird von Dan hintergezogen. Rausgezogen.

Er will ihm das Licht zeigen.

Und er weiß, er traut ihm.

Sie steigen in Dans Toyota und fahren los.

„Ich zeige dir jetzt, wie bunt und schrill Hell sein kann. Dann verlassen wir den Überdruss und ich zeige dir die Schönheit der Nacht. Die beiden Stationen stehen uns jetzt bevor. Danach sehen wir weiter", sagt Dan und schaut Lee fragend an.

Lee nickt lächelnd und lehnt sich zurück.

Er guckt aus dem Fenster, als sie die Müllerstraße in Richtung Norden fahren. Die bunten Lichter der gastronomischen Vielfalten und die hell leuchtenden Schriftzüge der internationalen Lebensmittelgeschäfte flackern im Gewusel der lachenden, sprechenden, laufenden, lebenden Menschen auf der Straße.

Und ständig steht ein Auto auf der zweiten Spur.

Dan fährt ganz links. Die linke Spur.

Er ist auf der Überholspur.

Er sieht Lee entspannt aus dem Auto schauen. Das helle Flackern des Lebens draußen spiegelt sich in seinen Augen.

Und Dans verkrampfte Nackenmuskulatur entspannt sich etwas. Der emotionale Sturm hat Spuren hinterlassen. Als wären die Emotionen in einen Wirbel gezogen und weggeschleudert worden. Die Wucht des Aufpralls spürt Dan in jeder Zelle seines Körpers.

Dan atmet durch. Er spürt sein Herz flimmern.

Das Unerwartete bereitet ihm Angst. Er fürchtet sich vor dem nächsten Moment. Fürchtet, nicht richtig reagieren zu können.

Er guckt wieder zu Lee rüber und wird erwischt. Lee hat seine Augen auf ihn gerichtet.

Sein Bewusstsein liegt noch in Puzzlen. Und er schafft es einfach nicht, die richtigen Puzzlestücke zusammen zu legen.

Die Psychologie der LiebeOnde histórias criam vida. Descubra agora