Kapitel 47 Vaterliebe

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Kapitel 47   Vaterliebe

Als Professor Dieckmann in die Koenigsallee im gehobenen Bezirk Grunewald einbiegt, ist es bereits 20.12 Uhr.

Er öffnet das elektronische Tor seiner prachtvollen Einfahrt mit einer Fernbedienung und freut sich, endlich zu Hause anzukommen.

Sein großes Haus im alten Stil wartet auf den einsamen Besitzer.

Und er weiß, dass die zahlreichen Räume, die er dekadenter Weise seine bezeichnet, noch immer die frech-witzigen Äußerungen seiner persischen Haushälterin tragen. Die Frau, die ihn erträgt.

Seine Schrullen mit Amüsement und Raffinesse erwidert.

Eine warmherzige Frau, die sich um ihre Familie kümmert, so wie sie sich um ihn kümmert.

Ihn bevormunden will. Sich um ihn sorgt.

Und während Dieckmann in der Garage parkt und aus seinem Audi aussteigt, muss er grinsen.

Er erinnert die Momente, in denen seine persische, temperamentvolle Haushälterin auf seinen besten Freund Bernhard trifft.

Wie sie sich angiften. Wie sie um seine Aufmerksamkeit und Anerkennung buhlen.

Er grinst und schüttelt den Kopf.

Bernhard ist eifersüchtig.

Er ist wirklich auf sie eifersüchtig.

Warum ist er bloß so ein blinder Idiot?

Und mit warmen Gedanken und erfreutem Herzen läuft er gedankenversunken seine wenigen Treppen zu seinem großen, pompösen Eingangsbereich hoch.

Und erstarrt, als er Dan an seiner Tür zusammengekauert findet.

Eine eisig kalte Unruhe umfasst seinen Körper.

„Dan, Dan, was ist los? Was ist passiert?", ruft er und hockt sich zu Dan runter.

Er legt seine Hand auf Dans zwischen seinen Armen versunkenen Kopf.

„Dan. Guck mich an, Dan", sagt er in einem ruhigen Ton.

Und als Dan noch immer nicht antwortet, greift er ihm wie bei einem Kind unter die Achseln. Er hebt ihn zu sich hoch und nimmt ihn in den Arm.

Und hört ihn leise Schluchzen.

Und bricht bei dem Geräusch.

Sein Dan. Sein kleiner Dan.

Er will ihn beschützen.

Ihm zeigen, dass alles wieder gut wird.

Dass er für ihn alles regeln wird.

Er soll nicht traurig sein.

Er ist da.

Und seine alten, weisen Arme drücken ihn fest.

Zeigen ihm schon den Weg.

Können die Erkenntnisse seines Lebens mit ihm teilen.

„Komm, lass uns rein. Es ist kalt. Lass uns rein", sagt Dieckmann und lässt Dan nicht los, als sie reingehen.

Er setzt Dan vor seinem Kamin auf das Sofa und beginnt ein wärmendes Feuer zu zünden.

Dann setzt er sich auf den Perserteppich, der mit zahlreichen, zierlich geknüpften Geschichten, die Metaphern des Lebens verdeutlicht.

Im Schneidersitz zu Dan gerichtet, zeigt er sich bereit.

Dan sieht seinen deutschen Vater vor sich und fühlt sich geliebt.

Die Psychologie der LiebeWhere stories live. Discover now