Erstes Vä/Pä Gutachten

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Hey Leute.
Ich hatte vor kurzem mein erstes Vä/Pä Gutachten und wollte davon mal berichten. Vielleicht hat das ja der ein oder andere noch vor sich und es hilft möglicherweise ein bischen was zu hören. Natürlich kann ich hier wie immer nur von meiner Erfahrung sprechen und jeder empfindet das anders bzw hängt es ja auch stark von Gutachter ab.
Also zunächst ein mal: Die väpä ist die Vornamen- und Personenstandsänderung, die ich machen muss, damit in meinem Pass und allen offiziellen Dokumenten mein richtiger Name (Noah) steht und auf meine Geburtsurkunde als Geschlecht Männlich. Nach der Änderung bin ich also vor dem Gesetzt ein Mann und mein Name ist eben auch geändert.
Für das ganze Prozedere braucht man eben 2 unabhängige Gutachter, das erste Gespräch hatte ich jetzt schon.

Also zunächst mal bekommt man nachdem man das Geld ans Gericht überwiesen hat mitgeteilt, welche beiden Personen die Gutachten übernehmen und wo die ihre Praxis haben. Beim Antrag auf die väpä habe ich die Gutachterin die ich schon bei meiner zweitsicht für Testo hatte vorgeschlagen und das wurde auch angenommen, aber mein erstes Gespräch war mit dem anderen, den das Gericht bestimmt hat. Wenn man dann den Brief mit den Namen von Gericht hat melden sich die Gutachter bei dir per Brief! Das ist wichtig, du musst dich da nicht melden, die schreiben einen Brief in dem sie einem den Termin mitteilen und was man mit bringen soll bzw denen per Mail schicken.

Ich musste für das Gutachten in die nächste Großstadt fahren, was ca 1 1/2Stunden mit dem Auto bedeutet. Ich bin mit meinem Dad gefahren, weil der Gutachter weil ich ja minderjährig bin auch nochmal mit einem Elternteil sprechen wollte. Ich wusste von vornherein nur das das ein Mann ist (vom Namen her halt), mehr wusste ich nicht. Irgendwie habe ich einen so um die 30/40 Jahre alten Mann erwartet mit Brille und 3 Tage Bart, ich weiß selber nicht genau wieso😅. Wir waren dann ca 15min zu früh in der Praxis und haben dann noch warten müssen. Auf der Fahrt und auch da in dem Wartezimmer habe ich mich total ausgelaugt und Kraftlos gefühlt muss ich sagen. Ich war garnicht richtig nervös, ich habe mich nur kraftlos gefühlt, denn ich hatte irgendwie Angst davor wieder alles von kleinkinderalter bis jetzt zu erzählen, alles kleinlich auseinander zu nehmen, über Situationen zuhause zu berichten, meine Gefühle in jeglichen Situationen. Ich habe über diese ganze trans Geschichte schon mit 3 verschiedenen Ärzten geredet, mit meinem Therapeuten sehr genau, ich hatte keine Lust das alles 1. Nochmal durchlaufen zu müssen, obwohl ich das schon so oft machen musste und 2. Hatte ich keine Lust und Kraft all das Emotionale wieder hoch holen zu müssen, all die Gefühle, wobei man ja im wesentlichen über das negative Gefühl der Vergangenheit spricht. Ich wollte nur einmal das erzählen, weil ich soein Gefühl bisher noch nie hatte vor soeinem Gespräch, aber vielleicht kennt das jemand von euch, ich dachte mir ich erzähle es einfach ehrlich wie es ist bzw war.
Naja, dann hat uns der Typ eben rein gerufen ins Behandlungszimmer und da kommen wir auf meine Vorstellung von ihm zurück. Ihr erinnert euch, 30/40, drei Tage Bart etc, das war nicht der Fall. Ja, also der Typ war echt alt😅, ich bin schlecht im schätzen aber aufjedenfall über 60, eher richtung 70. Er hätte problemlos als mein Opa durchgehen können. Da habe ich erstmal Angst bekommen, weil ich dachte ,,scheiße, andere Generation, vielleicht stellt der dumme Fragen oder ist von vornherein negativ eingestellt." Natürlich sind das Vorurteile und trotz des Generationen Unterschieds sollte ein Psychologe ja immer neutral an das Thema ran gehen, aber ich denke die Angst ist doch irgendwie verständlich.
Wir wurden dann rein gebeten, zunächst zu zweit, ich am schwitzen und mega lustlos und mein Dad doch recht heiter muss man sagen. Er hat dann erstmal gesagt das er ja meine translebenslauf per Mail bekommen hat, das er sich darauf beziehen wird teilweise und zudem sollte ich, das stand in dem Brief von ihm, sämtliche Befunde und Berichte die von jeglichen Therapeuten oder Endos über mich verfasst wurden kopieren und mit bringen. Das waren tatsächlich irgendwie 20 Seiten, was mich echt überrascht hat und unseren Drucker etwas überfordert, naja  aber ich habe dann halt die ganzen Befunde kopiert und sollte ihm die einfach geben, ich denke darauf basierend wird er teilweise das Gutachten später verfassen.

Erstmal sollte mein Dad mit rein und der Gutachter hat sich dann vorgestellt, warum wir hier sind (was uns bewusst war, aber egal😅) und meinte dann das er erstmal etwas im Beisein von mir mit meinem Vater sprechen möchte und anschließend ca 1 1/2 Stunden mit mir allein.
Meinen Vater hat er dann erstmal gefragt ob er denkt das das trans sein bei mir eine langwierige sache ist, mein Vater meinte dann das er sich sicher ist und der Typ hat dann gefragt warum er sich sicher ist. Mein Vater hat das halt erklärt, sollte dann noch etwas darüber reden wie ich als Kind war, ob ich Geschlechterrollen spezifisch erzogen wurde und noch etwas über meine Geschwister und deren Verhalten. Das war eigentlich alles okay und mein Vater hat das auch souverän gemacht, hat zwar recht viel geredet, aber das ist ja im Endeffekt besser als zu wenig.
Anschließend sollte er raus und ich allein mit dem Gutachter sprechen.

Er hat mich dann zunächst gefragt ob ich denke, das trans sein für immer so ist bei mir und wieso ich das denke. Die Frage verstehe ich einerseits, auf der anderen Seite finde ich sie allerdings auch seltsam. Ich denke das Gespräch ist ja da, damit der Gutachter sich eine Eindruck machen kann, ob das ganze bei mir für immer so ist und das dem Gericht mitteilen kann. Wenn er mich das fragt, dann sage ich ja aufjede Fall ,,ja.". Sonst wäre ich ja nicht dort, wenn ich das nicht denke  würde. Die Begründung warum ich das denke, okay, aber die Frage so ansich fand ich etwas seltsam. Ich würde den Weg ja nicht gehen, wenn ich denke  würde das ich  das bald rückgängig machen wollen würde, wenn ihr versteht, was ich meine.
Er hat mich dann noch was meinen Lebenslauf angeht Sachen gefragt, wie ich als Kind war, was ich gerne gespielt habe, mit wem, mit wasfür Spielsachen und inwiefern ich Dysphorie im jungen Alter schon gespürt habe. Dabei hat er beteuert, das er keine Klischees hören will, sondern einfach die Wahrheit. Das heißt, wenn ihr als Kind super gerne und viel mit Barbies, die ja Geschlechterklischee Typisch Mädchen sind, gespielt habt, dann sagt das auch so. Lügt den Gutachter da nicht an bitte!
Wir sind zimlich chronologisch einfach vorgegangen vom Kindergarten über Grundschule, zur weiterführenden und dann eben dem jetzigen Punkt. Er hat mir dann immer so Fragen gestellt zu den einzelnen Abschnitten sag ich mal. Wie ich mich gefühlt habe etc, was ich gemacht habe, sowas. Außerdem dann später wie ich heraus gefunden habe, das ich trans bin, wie lange das gedauert hat, wie ich mich geoutet habe und was die Reaktionen darauf waren.
Als wir mit dem chronologischen durch waren, meinte er, er fragt mich jetzt noch Dinge zur Sexualität. Da hat er gesagt das ich alles was ich nicht beantworten möchte, nicht beantworten muss und das sagen soll. Das fand ich ganz angenehm, weil man ja doch öfters mal hört das bei solchen Gesprächen trans Personen Übergriffe Fragen gestellt werden.
Er hat mich dann gefragt in welches Geschlecht ich mich eher verliebe, ob ich schonmal verliebt war und ob mich das ganze Beziehungs Thema im Moment inwiefern beschäftigt. Außerdem auch ob Testo was verändert hat in der Hinsicht und auch zu Selbstbefriedigung hat er etwas gefragt. Ich habe alles beantwortet außer letzteres. Ich verstehe generell nicht, was meine Sexualität mit trans sein zutun hat, klar, wenn man Körperlich nicht mit sich im reine  ist, hat das Auswirkungen auf die Sexualität. Aber er muss doch nicht wissen, ob ich nun eher auf jungen oder Mädchen oder what ever stehe, um beurteilen zu können ob ich ,,wirklich trans bin". Das verstehe ich nicht ganz, habe auch dementsprechend versucht das Thema so kurz wie möglich zu halten, weil ich es als recht privat erachte und nicht nötig für soein Gutachten. Klar, wenn er gesagt hätte er braucht mehr Infos hätte ich dem nachgegeben, wollte das aber so von mir aus nicht, weil das einfach privat ist und mir auch das Öffnen einer Person die ich noch nie zuvor gesehen habe, egal ob Therapeut oder nicht, immer schon recht schwer fällt.
Als wir dann fertig waren, sollte mein Vater nochmal rein kommen und wenn er fragen hat fragen stellen. Hatte er nicht, war also alles gut. Der Gutachter meinte dann das ich für mein Alter recht souverän und sachlich rüber kam, das er kein Zweifel hat, das ich trans bin und das so bleibt und das er so schnell wie möglich das Gutachten ans Gericht schicken wird, damit es schnell voran geht.
Das hat mich natürlich sehr gefreut.

Alles im allem war das Gespräch echt okay, zwar recht lang (2 Stunden) und danach war ich auch echt fertig, aber es war total okay und dafür das ich eine Schritt weiter bin hat es sich gelohnt.

Hat jemand von euch schon die väpä und wie lief das bei euch so?

Wenn ihr noch Fragen habt stellt die gerne in den Kommis, ich beantworte da alles!
Eine Frage hätte ich an euch, ich weiß, random, aber interessiert mich irgendwie:

Wisst ihr eigentlich wie alt ich bin? Hab ich das schonmal irgendwo gesagt? Wenn nein, wie alt schätzt ihr mich? Schreib das mal bitte in die Kommis😅

LG Noah

TransStoriesWhere stories live. Discover now