Little Sunshine (Loki)

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Das Echo kleiner Füße auf dem gold-gelben Parkett hallte den Gefängnisgang entlang. Ein kleines Mädchen mit blonden Haaren und strahlend blauen Augen kam die Treppe herunter getrappelt und lief den Gang entlang. Sie trug ein goldenes Kleidchen mit einer weißen Schleife am Rücken und ihre Haare waren zu zwei Zöpfen gebunden.
Plötzlich blieb sie an einer Zelle stehen, wo ein großer, schwarzer Troll hockte. Als er zu ihr sah, erschrak sie und rannte mit ihren kurzen Beinchen so gut es ging weiter. Dann kam sie zu einer Zelle, wo ein junger Mann weinend auf dem Boden saß. Erneut blieb sie stehen und sah ihn fragend an. 
"Hi." sagte sie mit ihrem zarten Stimmchen und lächelte den Mann fröhlich an.
"Hallo kleine Lady.", gab er zurück und wischte sich schnell die Tränen aus den Augen. "Was tust du hier? Es ist hier unten gefährlich für hübsche, kleine Ladys wie dich."
Sie lachte und legte einen Finger auf die Lippen. "Schhhht." Dann wurde sie aber wieder etwas ernster. "Warum siehst du so traurig aus, Mister?" 
"Ich habe einige blöde Sachen gemacht, und jetzt sitze ich dafür meine Strafe ab." antwortete er traurig.
"Oh..." ebenfalls traurig sah das kleine Mädchen ihn an. Dann blickte sie den Gang entlang und wieder zurück zu dem jungen Mann. "Kann ich zu dir rein kommen und mit dir spielen? Würdest du dann wieder fröhlicher sein?"
Traurig begann der Mann zu lächeln. "So gerne ich auch mit dir spielen wollte, kleine Lady, aber ich glaube, dass ist unmöglich."
Jetzt schaute sie wirklich enttäuscht und langsam füllten sich ihre Augen mit Tränen. Schnell sah der Mann weg. Doch als sie schniefte, sah er wieder zu ihr. 
"Das ist aber unfair..." sagte sie mit weinerlicher Stimme. Dann stellte sie sich näher an die gold schimmernde Zellenwand und drückte mit aller Kraft dagegen. Erstaunt beobachtete der Mann wie die Wände wichen und sie zu ihm in die Zelle fiel. Dabei geriet sie allerdings ins Stolpern und plumpste auf ihre Knie.
"Alles okay, kleine Lady?" lächelte er sanft. 
Doch statt zu antworten, begann die Kleine zu kichern und tapste zu ihm. Vorsichtig kletterte sie auf seinen Schoß und streckte ihre kleinen Finger nach seinen Haaren aus. 
Der junge Mann war fasziniert, wie mutig die Kleine war einfach zu einem wild Fremden Mann in eine Zelle zu kommen. Das es sie nicht interessiert hatte, wer er war. Sondern dass sie nur gesehen hatte, dass er traurig war. 
"Deine Haare sind so weich!" lachte sie und fuhr mit ihren kleinen Fingern durch seine schwarzen Haare. 
Er lächelte sie freundlich an und stupste ihr vorsichtig mit einem Finger auf die Nase. Sofort kicherte sie und stupste ihm ebenfalls auf die Nase. So ging es immer hin und her, und keiner sprach ein Wort. 
Doch plötzlich stoppte die kleine das Spiel und sah sich um.
"Warum ist da Erdbeersaft?" fragte sie und deutete auf einen roten Fleck auf dem Boden.
"Uhm, das... Ich habe mir dem Kopf gestoßen und dann hatte ich ein bisschen Nasenbluten. Aber das ist nicht weiter schlimm." log er, doch sie gab sich mit der Antwort zufrieden und fuhr mit dem Spiel fort. 
Doch dann unterbrach sie es wieder, und sah ihn prüfend mit ihren blauen Augen an. "Warum bist du so dünn? Bekommst du hier nichts zu essen?" 
Der junge Mann lächelte. "Es ist süß, dass du dir so viele Sorgen machst, kleine Lady. Aber ich bekomme essen. Ich habe nur keinen Hunger." 
"Oh... ich habe eine gute Idee!" rief sie und kletterte unbeholfen von seinem Schoß. "Ich komme gleich wieder, versprochen, Mister." Dann lief sie wieder zur Zellenwand, drückte dagegen und stolperte hinaus. 
Verwirrt sah er ihr nach. Dann schüttelte er traurig lächelnd den Kopf. Vermutlich würde sie doch nie wieder kommen. 

Mit trippelnden Schritten lief das Mädchen in die Küche des Palastes. Auf dem Weg dorthin traf sie Volstagg, ein Freund ihres Vaters. 
"Sun, wie geht es dir?" rief er sofort und hob das kleine Mädchen hoch.
"Mir geht es super, Onkel Volstagg. Und dir?" freute sie sich und knuddelte sich in seinen dichten, roten Bart. 
"Mir geht es auch gut. Was machst du hier?"
"Ich möchte in der Küche etwas von den Honigbrötchen holen." erklärte sie und Volstagg grinste.
"Aha, so ist das. Möchtest du etwa klauen?"
"Naja.... ja, schon irgendwie..." gestand die kleine und sah den Asen verlegen an. 
Dieser lachte polternd los. "Na dann, will ich dich wohl nicht gesehen haben." Er ließ sie wieder runter. 
"Danke, Onkel Volstagg." lächelte sie und trippelte weiter in die Küche. Dort konnte sie zwar den Korb mit den Honigbrötchen sehen, doch sie war zu klein, um dran zu kommen. Frustriert schlug sie mit ihren kleinen Fäusten gegen den Tresen, auf dem der Korb stand. Doch dann kam ihr eine Idee. Sie stellte sich auf die Zehen und öffnete den Schrank neben sich. Mit beiden Händen an der Schranktüre kletterte sie in das Regal und von dort aus konnte sie sich auf den Tresen legen. Dann zog sie die Füße nach und lag nun bäuchlings auf dem Tresen. Vorsichtig robbte sie weiter zu dem Korb, nahm ihn in die kleinen Finger und ließ den Korb auf den Boden fallen. Dann ließ sie die Beine wieder über die Kante baumeln und plumpste wie ein nasser Sack neben den Korb auf den Boden. Erschrocken atmete sie auf, sah dann aber stolz auf den Korb und hob ihn an. Damit in der Hand trippelte sie unbeachtet durch die Gänge. Keiner schenkte der kleinen Tochter des Thor wirklich groß Aufmerksamkeit. Warum auch? Es war normal, dass sie durch die Gänge lief. Schließlich tat sie das den lieben langen Tag.
Als sie wieder unten in den Verließen ankam, lief sie am Troll vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen. An der Zelle ihres neuen Freundes blieb sie stehen und grinste ihn fröhlich an. 
"Hallo, kleine Lady." lächelte er. Er hatte nicht erwartet, dass sie wieder kam, doch er konnte nicht leugnen, dass er sich darüber freute. 
"Ich habe dir was mitgebracht." sagte sie stolz und drückte sich durch die Zellenwand. Der Mann war zwar verwirrt darüber, dass es noch ein weiteres Mal funktionierte, beschloss aber, es einfach nicht zu hinterfragen. Wenn sie durch die Wand gehen konnte, dann war das halt so. 
Stolz hielt sie ihm den Korb mit den Honigbrötchen entgegen. "Wenn du keinen Hunger hast, hast du vielleicht Appetit. Meine Mama sagt immer, wenn man keinen Hunger hat, muss man was Süßes essen, dann bekommt man Appetit." 
Zögerlich nahm er eines der Brötchen und lächelte die Kleine an. 
Doch sie hatte sein Zögern bemerkt.
"Freust du dich denn nicht?" fragte sie niedergeschlagen und sah ihn mit großen Augen an.
"Doch, doch!", beeilte er sich zu sagen. "Ich freue mich sogar sehr. Aber ich weiß nicht, ob ich das annehmen darf." 
"Wenn du dich beeilst, sieht es keiner. Und ich will nicht alleine essen." sagte sie, und nahm sich selber auch ein Brötchen und biss rein. Ihre Mutter hatte erzählt, wenn jemand nicht mitessen wollte, musste sie sich auch etwas zu Essen nehmen, dann sagen, dass sie nicht alleine essen wollte, und dann würde der andere automatisch mit essen. Das gebot die Höflichkeit, hatte ihre Mutter gesagt.
Und tatsächlich funktionierte es. Wenn auch etwas zögerlich, aber der junge Mann biss in das Brötchen. Und als er erst einmal auf den Geschmack des süßen Gebäcks gekommen war, dauerte es nicht mehr lange, bis der ganze Korb leer war.
Die Kleine mümmelte noch immer lachend an ihrem ersten Brötchen, freute sich aber ungemein, dass ihr neuer Freund so gut aß. 
Mit gefülltem Magen lächelte der junge Mann sie an. "Darf ich fragen, wie alt du bist, kleine Lady?"
"Ich bin noch drei. Aber bald bin ich vier." sagte sie stolz.
 "Und, wie heißt du?" fragte er dann.
"Ich heiße Sun. Und wie heißt du?"
"Ich heiße Loki. Sun ist ein schöner Name." 
"Loki ist aber auch nicht schlecht." grinste sie und kuschelte ihren Kopf in seine Seite. "Wir kennen uns zwar noch nicht lange, aber du bist mein bestester Freund." sagte sie leise. 
Augenblicklich begann Loki zu lächeln und legte einen Arm vorsichtig um sie. "Das ist sehr nett. Ich glaube, du bist auch meine besteste Freundin." 
"Weißt du, mein Papa, der lässt mich gar nicht aus dem Palast. Ich meine, ich bin gerne bei meinem Opa. Ich darf manchmal auf seinem Schoß sitzen und dann kann ich über den ganzen Thronsaal gucken. Aber ich wäre viel lieber draußen, mit den anderen Kindern. Aber Papa sagt, dass ist ganz gefährlich..." 
Langsam begann Loki zu verstehen, wer neben ihm saß. Er wollte gerade fragen, als schwere Schritte den Gang entlang hallten. Und plötzlich trat Thor vor die Zelle.
"Loki ich- oh." verwirrt sah der Donnergott in die Zelle, wo seine Tochter angekuschelt an seinen Bruder saß.
"Dad!", rief Sun fröhlich. "Guck mal, das ist mein bestester Freund Loki!" 
"Ähm... Sun? Wie bist du da rein gekommen?" fragte Thor sichtlich nervös.
"Ich tue ihr nichts.", versuchte Loki ihn sofort zu beruhigen, da er sah, dass sein Bruder seine Hand nach seinem Hammer ausstreckte. "Ich- wir haben nur- also sie hat mich-"
"Wir haben gespielt, und dann habe ich ihm Honigbrötchen gebracht. Aber pschhhhht, sag das nicht dem Koch", sie legte ihren kleinen Finger auf ihre Lippen. "Sonst wird der bestimmt sauer."
Langsam ließ Thor seine Hand wieder sinken. "Sun, hat Loki dir weh getan?"
"Nein! Natürlich nicht!", rief sie aufgebracht. "Er ist mein bestester Freund!" Zur Bestätigung nahm die kleine Lokis Arm und drückte ihn an sich. 
"Na dann...", Thor war noch immer etwas verwirrt, aber er fand es auch schön, dass sein Bruder und seine Tochter sich offenbar so gut verstanden. "Aber nun komm. Es gibt Abendessen. Du kannst Loki morgen wieder besuchen gehen."
Unschlüssig was sie tun sollte, sah Sun ihren neuen besten Freund an. 
Doch der nickte. "Geh nur essen. Ich hatte ja gerade.", er grinste. "Und morgen können wir wieder spielen."
"Na gut. Gute Nacht, Loki!" sagte sie fröhlich und drückte ihn feste an sich. 
"Bis morgen, little Sunshine." lächelte er, während sie sich durch die Zellenwand quetschte. Und auch als sie schon weg war, spürte er noch immer die Wärme, die das kleine Mädchen in seinem Herzen hinterlassen hatte. Er spürte es. Für dieses kleine Mädchen würde er sich zusammen reißen. Er würde sich bemühen, durch gute Führung schneller frei zu kommen und ihr die Schönheit Asgards zeigen zu können. Nur für seinen little Sunshine.

Ende

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Nun ja... Dieser Oneshot ist eigentlich ganz gut geworden, finde ich, aber mit dem Ende bin ich nicht ganz so zufrieden.
Egaaal, ich hoffe, es hat euch gefallen. Lasst gerne ein Sternchen da ⭐
Hab euch lieb,
Thi

PS: September_Child, keine Sorge, ich habe nicht vergessen, dass du dir Tony gewünscht hast. Und der kommt auch nächste Woche. Aber ich wollte keine zwei High School Oneshots hintereinander veröffentlichen. Darum.

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