🤍 Help me |2| (Daniel Brühl)

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Gut zehn Minuten nachdem sie das Telefonat mit ihrem Boss beendet hatte, kam eine kleine Frau mittleren Alters herein und sah sich suchend um. In den Händen hielt sie einen schwarzen Koffer und sie hatte eine Schürze um die Hüften gebunden. Ohne zu zögern erhob Zoe sich und ging auf sie zu.
"¿Eres Angelika?", fragte sie in gebrochenem Spanisch und die Frau nickte wie wild. Sie drückte ihr den Koffer in die Hand, murmelte etwas unverständliches, drehte sich weg und eilte davon. Verdattert sah Zoe ihr nach. Sie beschloss, die Klamotten hoch zu bringen und dann mehr über Daniel und sein Leben in der Öffentlichkeit in Erfahrung zu bringen.
Gedacht, getan.
Kurz darauf saß sie im abgedunkelten Zimmer auf einem Sessel, las auf ihrem Tablet einen Wikipedia Eintrag und lauschte Daniels ruhigem Atem. Als sie Instagram, Facebook, Twitter und YouTube nach allen möglichen Posts über ihren neuen Schützling durchforstete, begann dieser plötzlich, sich hin und her zu winden, als hätte er große Schmerzen. Sofort sprang Zoe auf und ging zum Bett, um ihn zu wecken. Ein kurzer Blick auf die Uhr sagte ihr, dass er bereits seit knapp drei Stunden schlief, also war es völlig legitim ihn zu wecken. Ohnehin war es bald 12 Uhr und damit Zeit für ein Mittagessen. Behutsam legte sie ihre Hand auf seine zuckende Schulter und strich darüber.
"Daniel, hey. Aufwachen. Du träumst nur.", redete sie auf ihn ein, bis er schließlich aufwachte. Mit einem plötzlichen Ruck setzte er sich auf und starrte schwer atmend auf die Decke vor ihm.
"Das... war nur.... ein Traum.", versuchte er sich einzureden, doch selbst wenn sein Verstand ihm glaubte, sein Körper tat es nicht und er zitterte weiter.
"Beruhige dich. Alles ist gut.", sagte sie ruhig und legte ihre Arme um ihn. Sie drückte seinen zitternden Körper sanft an ihren und verharrte so, bis er sich beruhigt hatte.
"Geht es wieder?", fragte sie nach einer weile. Er nickte und ließ seinen Kopf noch einen Moment auf ihrer Schulter liegen, ehe er sich wieder aufrichtete. "Gut, dann komm. Zieh dir etwas an, dann gehen wir essen.", sie stand auf, zog die Vorhänge auf und deutete auf den Koffer, den sie neben das Bett gestellt hatte. "Deine Klamotten. Ich warte vor der Türe auf dich.", sie lächelte ihn noch einmal ermutigend an, dann drehte sie sich weg.
"Zoe?"
"Ja?", sie drehte sich noch einmal zu ihm.
"Danke. Für alles."
Sie nickte lächelnd. "Vergiss die Kappe nicht. Paparazzi können wir jetzt echt nicht gebrauchen."

Gut eine Stunde später hatten die beiden gegessen und gerade als sie sich fragten, was sie nun machen sollten, kam ein junger Mann zu ihnen und fragte auf französisch, ob die beiden nicht Lust hätten, an der Mini-Olympiade teilzunehmen. Ohne lange zu zögern stimmten sie zu und gingen dem Animateur, der sich als Jeromé vorgestellt hatte, hinterher.
"Du sprichst französisch?", fragte Daniel auf dem Weg.
"Französisch, Italienisch, Englisch, Russisch, natürlich Deutsch und Bruchstückhaft Irisch und Schwedisch. Das hat zu meiner Ausbildung gehört."
"Woha.", er lachte. "Das sind viele Sprachen."
Zoe seufzte. "Spanisch wäre theoretisch nach Abschluss meiner letzten Mission auch dazu gekommen. Aber dann wurde ich in bezahlten Urlaub geschickt und der Kurs hat ohne mich begonnen."
Bevor Daniel noch weitere Fragen stellen konnte, erreichten sie einen runden Tisch, an dem bereits einige andere Gäste saßen. Freundlich wurden sie begrüßt und Jeromé stellte alle einander vor. Das tat er auf gebrochenem Englisch, da offenbar nicht alle französisch sprachen.
"And here are... oh, sorry. I don't know your names...", gestand er, als seine Vorstellungsrunde bei Zoe und Daniel ankam.
"Zoe and Cameron.", sagte sie schnell und nahm Daniels Hand, der Gott sei dank nicht hinterfragte, warum sie einen falschen Namen genannt hatte.
"Oh, you're from England?", fragte einer der Gäste, den Jeromé als Henry vorgestellt hatte. Er sah etwas älter als Daniel aus und hatte einen schottischen Akzent.
"Yes, I'm from Belfast and he's from Oxford. Right, Darling?", sie sah ihn auffordernd an und freundlich lächelnd nickte Daniel.
"Exactly. We met in London, at a Concert."
"Oh, Darling. I'm pretty sure, they don't want to hear our whole Story.", sie lächelte. "Please, go on."
Als Jeromé seine Vorstellungsrunde beendet hatte, erklärte er, worum es sich bei der Mini-Olympiade handelte. Es war ein Wettkampf aus verschiedenen Disziplinen und sie würden immer in Zweier-Teams gegeneinander antreten. Erleichtert stellte Zoe fest, dass sie sich die Teams selber aussuchen konnten und sie bei Daniel bleiben konnte. Die erste Disziplin war Tischtennis. Dabei überließ Daniel nur allzu gerne seinen Platz Zoe, da Tischtennis nicht unbedingt zu seinen Stärken zählte. Tatsächlich war sie auch recht gut, belegte schlussendlich aber doch nur den zweiten Platz.
So verging der ganze restliche Tag. Zu den Disziplinen gehörte dann noch Zielschießen, worin Daniel sich als sehr begabt erwies, Fußball, Schach, Fitness, Badminton, Beachvolleyball und Wasserball. Für letzteres musste Zoe die beiden allerdings entschuldigen, aufgrund von gesundheitlichen Gründen. Dennoch waren die beiden sehr gut und gerade in Sachen Fußball und Fitness schnitten die Beiden sehr sehr gut ab und gewannen beides haushoch. Schlussendlich lagen sie mit Henry und dessen Ehemann Charles auf dem ersten Platz und mussten noch ein stechen in Sachen Vertrauen machen. Offenbar schien ihre Tarnung, ein englisches Pärchen zu sein, gut angeschlagen zu sein.
"Okay. And now, finally, the last match.", kündigte Jeromé an. Die Gruppe stand auf einem Kiesweg vor dem Hotelgarten. "One of you gets blind. And the other one has to lead you through the hotel garden. But that would be too easy, right? Everyone else is allowed to confuse you. So you could put water over their hats, shout, or anything else. But please, don't hurt them, okay? Great. And now, decide who's going to be blind."
Daniel zog Zoe sofort zur Seite. "Ich... ich bezweifle, dass ich es überstehen würde, wenn ich... du weißt schon, eine Augenbinde bekomme. Brittany hat... sie oft dafür verwendet-"
"Schon gut.", beruhigend legte sie ihm eine Hand auf die Schulter und lächelte aufmunternd. "Ich kann meine Augen verbinden lassen und du leitest mich durch den Garten. Das schaffen wir schon."
Dankbar nickte er und gemeinsam gingen sie zurück, wo sie Jeromé verkündeten, dass Zoe die Augenbinde bekommen würde. Grinsend überreichte der Animateur ihnen den schwarzen Stoff und Daniel legte ihn vorsichtig um Zoes Augen.
"Geht das so?", fragte er leise und seine Stimme so nah an ihrem Ohr jagte ihr, völlig unangebrachter weise, eine Gänsehaut über den Rücken.
"J-ja.", antwortete sie und Daniel nahm ihre rechte in seine rechte Hand und legte seine Linke an ihre Seite, sodass er etwas hinter ihr stand, sie aber optimal führen konnte. Er blickte rüber zu ihren Konkurrenten und sah, wie Charles, mit verbundenen Augen, und Henry sich uneinig über die Weise waren, wie sie die Hände halten sollten. Lächelnd blickte er zu Zoe, die die Ruhe selbst zu sein schien.
"Okay, everyone's ready?", rief Jeromé nach einer Weile. Alle nickten zustimmend. "Great. Don't forget, you're unable to cheat, because there's only one way to the finish line. Good luck, you two! Ready, steady, go!"
Sofort liefen Henry und Charles los. Doch Henry schien zu vergessen, dass sein Mann nichts sehen konnte und so lief Charles in ein Gebüsch was ihn in einen Sturm von Flächen ausbrechen ließ. Zoe verstand davon nur ungefähr die Hälfte, doch sie versuchte ohnehin, sich von äußeren Eindrücken nicht verwirren zu lassen. Sie hielt Daniels Hand fest und er führte sie langsam aber gewissenhaft durch den Parkour aus Hindernissen, die die anderen Teilnehmer auf dem Weg platziert hatten.
"Achtung, da steht ein Bierkasten.", raunte er ihr wartend zu und sofort machte sie einen großen Schritt darüber, als plötzlich ein lauter Knall ertönte. Sofort zuckte Zoe zusammen, und ehe sie sich dagegen wehren konnte, kamen die Erinnerungen an ihre Trauma-Mission hoch und ihr Puls beschleunigte sich.
"Alles ist gut. Die Zwillinge haben zwei Hölzer aneinander geschlagen. Keine Sorge.", sagte Daniel leise, als er ihre aufsteigende Panik bemerkte. "Ich bin bei dir und hier ist alles gut."
Der verkrampfte Griff um seine Hand lockerte sich und Zoe nickte. "Danke", flüsterte sie und behutsam drückte er ihren Körper mit seinem um eine Kurve.
"Hinter uns kommt jemand.", warnte sie ihn plötzlich, als sie schwere Schritte auf dem Kiesweg hörte. Daniel drehte sich um und sah das italienische Ehepaar mit Wassereimern auf sie zukommen.
"Die Italiener.", sagte er und beschleunigte seine Schritte etwas, da in diesem Moment auch Charles und Henry um die Ecke kamen. "Sie wollen uns nass machen und unsere Gegner holen auch auf."
"Wie weit ist es noch bis zur Ziellinie?"
"Nicht mehr weit. Fünfzig Meter, höchstens."
"Ist der Weg frei?"
"Ja, warum?"
"Renn los. Zieh mich mit. Wir müssen gewinnen!"
Grinsend nahm der Schauspieler ihre rechte in seine linke Hand und rannte dann los. Zoe hielt seinem Tempo gut stand und vertraute darauf, dass er sie vor möglichen Hindernissen warnen würde. Dann liefen sie über die Ziellinie und sofort brachen alle in Jubel aus. Grinsend zog Daniel ihr die Binde von den Augen und als sich ihre Blicke trafen, sah sie etwas darin, was sie zuvor noch nicht gesehen hatte.
Echte Freude.

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