Die andere Seite ♤

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"Das Schönste,
was wir erleben können,
ist das Geheimnisvolle."

~ Albert Einstein
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Alles um sie herum war dunkel. Nein, das passte nicht ganz. Düster beschrieb es besser.

Plötzlich erhellte ein greller violetter Schein den Innenraum des Gebäudes, in dem sie sich befanden.

Gerade, als Dayna sich erneut nach einer Fluchtmöglichkeit umsehen wollte, hüllte das Licht sie wie eine große Wolke ein und ihr wurde schwindelig. Das Mädchen schwankte, stolperte rückwärts, fiel - und wurde sofort von zwei starken, muskulösen Armen aufgefangen.

"Du kannst deine Augen jetzt wieder aufmachen, Kleines", ertönte die melodische Stimme ihres gefährlichen Begleiters.

Dayna hatte überhaupt nicht bemerkt, dass sie diese vor lauter Schreck geschlossen hatte. Vorsichtig linste sie zuerst durch einen kleinen Schlitz in ihrem minimal geöffnetem linken Auge. Sie erkannte die Umrisse eines Gesichtes, hob den Blick mit nun beiden weit aufgerissenen Augen. Und erstarrte umgehend vor ängstlicher Verwunderung, als sie in das breite Grinsen des mysteriösen Mörders sah.

Sein Gesicht befand sich nur wenige Zentnimeter von ihrem entfernt. Mittlerweile hielt er sie nur noch mit einem Arm halb in der Luft und war mit einem überraschend sympathisch erscheinenden Gesichtsausdruck über ihres gebeugt. Ihr Herz pochte vor Aufregung.

Abgesehen davon, dass sie in diesem Moment eigentlich Todesangst verspüren sollte, kam sie nicht umhin die markanten, wohlgeformten Gesichtszüge des Mannes vor ihr zu ergründen.
Sie war sich sicher, ihn schon viel zu lange anzustarren und hoffte er würde daraus schließen, sie wäre einfach nur vor Panik erstarrt. Was einerseits ja auch stimmte. Aber eben nur einerseits.

Im nächsten Moment wurde seine Miene ernster und unergründlich. Es war, als würde er durch seine stechend grünen Augen direkt in ihre Seele blicken...

"Werter Herr, der Reimerling kann sich nicht verbergen in dieser Welt. So muss ich erscheinen, selbst wenn es euch nicht gefälllt", drang die amüsierte Stimme von Schemen bin der Seite an ihr Ohr heran.

Es war, als wären sie beide aus einer Art Trance gerissen worden. Der Entführer zog die immer noch perplexe Dayna mit sich hoch. Sie richtete sich auf und konnte dann förmlich sehen, wie der geheimnisvolle Mann das kleine Stückchen seiner Persönlichkeit, welches er ihr in diesem kurzem, zugleich unheimlich lang erscheinendem Moment offenbart hatte, wieder hinter einer dicken Maske aus kontrollierter Emotionslosigkeit verbarg.

"Du darfst uns weiter begleiten, Reimerling. Hier wird sich keiner darum scheren. Aber verhalte dich schweigsam."

Das winzige Wesen nickte gehorsam.

"Du läufst vor!", befahl der Riese Dayna in einem Ton, der ihr keinen Einwand gestattete.

Der kommandiert aber gerne Leute herum.

"In welche Richtung?", fragte die Teenagerin kleinlaut mit zittriger Stimme.

"Da lang, geradeaus."
Er zeigte mit seiner Hand in eine Richtung, welche sie direkt in ein dunkles Gestrüpp aus riesigen Eichenbäumen führen würde. Erst da fiel ihr auf, dass sie sich gar nicht mehr in dem verlassenen Gebäude befanden.

Wo sind wir hier?

Ungäubig starrte sie auf den von Unkraut überwucherten Pfad, der sich im dichten Nebel unheilvoll vor ihr erstreckte. Obwohl die Luft hier um einiges frischer war, herrschte eine angenehme Wohlfühltemperatur. Da es bereits sehr spät war und die Wolken den Mondschein verdeckten, konnte sie die restliche Umgebung allerdings nur äußerst vage erkennen.

Burning ShadowsWhere stories live. Discover now