Hütte im Wald ♤

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"Der ist nicht fremd,
wer teilzunehmen weiß."

~ Johann Wolfgang von Goethe
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Dayna hatte sich ihre Nacht wahrlich luxuriöser vorgestellt.

Doch statt eines Queensize-Bettes im riesigen Schlafgemach des prächtigen Schlosses aus ihren Träumen, präsentierte ihr Caleb eine eher gruselig aussehende, alte Holzhütte in den dunklen, kalten Gewäldern der Schattenseite, als ihr heutiges Nachtlager.

"Ist das dein Ernst?", fragte das Mädchen ihren stählernen Ritter verunsichert mit hochgezogener Augenbraue.

"Oh, verzeiht. Ich wusste nicht, dass es eurer Hohheit nicht beliebt, sich in diesen minderwertigen Wänden zu Bette zu legen", verspottete Sir Caleb sie mit seiner, bisher von ihr unentdeckten, sarkastischen Art.

"Gibt es hier wenigstens ein Bett? Oder müssen wir auf dem frostigen Boden nächtigen?", wollte Dayna besorgt von ihm wissen.

"Geh doch rein und finde es selbst heraus."

"Musst du, als mein Beschützer, nicht erst die Umgebung sichern oder so?", versuchte sie sich vor der bevorstehenden Aufgabe zu drücken.

Caleb grinste nur schelmisch.
"Schon geschehen", verlautete er mysteriös.

Widerstrebend gab die Blondine der alten Holztür, welche keinen Türgriff zu besitzen schien, einen leichten Schubs.
Nichts regte sich.
Also stieß sie erneut dagegen, dieses Mal etwas stärker.
Die Tür öffnete sich daraufhin mit einem ohrenbetäubenden Quietschen.
Sich ein paar Schritte hinein wagend, konnte sie die Umrisse der Einrichtung nur vage im Mondscheinlicht erkennen, bis plötzlich ein gedämpftes Licht den Raum um sie herum erhellte.
Sie schaute sich um und entdecke Caleb, der in der Zwischenzeit eine alte Öllampe auf einem vermoderten Holztisch in Gang gebracht hatte.

Den Raum erneut kritisch musternd, erspähte sie zu ihrer Erleichterung ein kleines, dennoch gemütlich wirkendes und anscheinend frisch bezogenes kleines Bettchen an der linken Wandseite.

Sir Caleb hat diesen Halt also geplant, schlussfolgerte sie.

Sie suchte nach einer weiteren Schlafmöglichkeit, konnte jedoch keine ausmachen.

"Schlafen wir etwa beide auf dem Bett?", fragte Dayna ihren Reiseführer unsicher.

Er lächelte verschmitzt und lief großen Schrittes zu einem riesigen Schrank auf der anderen Seite des Häuschens.

"Nein", beruhigte er sie und zog einen nagelneuen Schlafsack daraus hervor.

Dann ging er zu dem schmalen Bett herüber und breitete ihn daneben aus.

"Ich werde neben euch auf dem Boden schlafen, mylady. Zu eurer Sicherheit, natürlich."

Dayna wollte wirklich nicht wie eine verwöhnte Diva wirken und bot ihm deshalb an, sich mit dem Bett und dem Schlafsack abzuwechseln.

"Es macht mir wirklich nichts aus, Prinzessin", versicherte ihr der Wächter.
"Und es ist besser, wenn du die Nacht durchschläfst, damit du morgen wieder fit und erholt für den restlichen Marsch zum Schloss bist."

"Na gut", fügte sich Dayna viel zu schnell und setzte bereits dazu an, sich in das unglaublich attraktiv wirkende Bett einzukuscheln um in einen tiefen Schlaf zu sinken, als Caleb sie am Unterarm packend zurückhielt.

"Du möchtest dich doch bestimmt umziehen, oder?", fragte er sie amüsiert.

Das Mädchen sah an sich herunter. War zu Anfang wenigstens nur der Saum ihres weißen Ballkleides beschmutzt gewesen, so war es nun über und über mit undefinerbarem Dreck und Erde befleckt. Ihre geliebten Sneaker versanken im Schlamm und sie konnte sicher dutzende kleinen Steinchen darin spüren. Wenigstens würde sie die Schuhe mit einem feuchten Lappen und Seife noch retten können.

Burning ShadowsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt