Die Schattenprinzessin

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Dayna schreckte auf.

Ihr Atem kam nur stoßweise und sie war sich nicht sicher, ob dies an ihrer körperlichen oder seelischen Verfassung lag.

Sie... sie hatte sich umgebracht. Niemand hatte Seraphina getötet, nein, sie selbst war es gewesen, die sich die Eisenklinge in die Brust gerammt hatte.

Dayna konnte es immer noch nicht fassen. Alles, was sie in den letzten Monaten hatte durchmachen müssen, die Jahrhunderte voller Leid, die Caleb hatte ertragen müssen. Und weshalb? Nicht etwa, weil er die Prinzessin nicht vor ihren Feinden hatte beschützen können.

Denn wie soll man jemanden vor sich selbst schützen?

"Jetzt fängst du endlich an, die Wahrheit zu erkennen."

Schockiert hob Dayna den Kopf so gut, wie sie es in ihrer Verfassung noch schaffte und staunte nicht schlecht, als da tatsächlich Prinzessin Seraphina Tenebrae selbst vor ihr in der Höhle stand.

Nur wirkte ihre Form irgendwie nicht fest, irgendwie instabil. Sie sah aus  wie ein Geist und vermutlich war sie ja eben auch genau das.

"Wieso.. w-wieso hast du es getan?", krächzte Dayna mühsam hervor.

Die Schattenprinzessin hob eine Braue. "Wieso habe ich was getan? Mich umgebracht?"

Dayna starrte ihrem Alter-Ego nur abwartend entgegen.

Seraphina seufzte theatralisch auf. "Es gibt Dinge in meiner Vergangenheit, die solltest selbst du lieber auf sich beruhen lassen."

Dayna wollte protestieren, merkte dann aber, dass ihr einfach die Kraft dazu fehlte und ließ es deshalb für den Moment gut sein.

"Du stirbst", holte Seraphina sie wieder auf den Boden der Tasachen zurück.

Sie kam - schwebte - näher an sie heran und bückte sich dann zu ihr herunter. Dayna fiel auf, dass die Prinzessin dieses Mal kein Kleid, sondern stattdessen die schwarze Kampfuniform des Königreichs trug. Doch ihr Kopf schwirrte fiel zu sehr, um sich darüber jetzt noch weiter Gedanken zu machen.

Wenn sie nicht bald jemand finden würde, könnte sie der Prinzessin gleich als Spukgespenst Gesellschaft leisten.

Seraphina sah Dayna mit strengem Blick tief in die Augen. "Es ist nicht der Dolch, der dich lähmt, sondern deine Furcht. Deine Furcht davor zu sterben, deine Furcht davor, die Wahrheit zu erkennen und vorallem, deine Furcht davor, deine Kräfte endlich zuzulassen!", schimpfte sie Dayna aus.

Dayna runzelte die Stirn. "Deine Kräfte.. nicht meine."

"Jetzt sind es deine, also nutze sie!"

Dayna schloss genervt die Augen. "Ich kann nicht."

"Kannst du nicht, oder willst du nicht?", stichelte Seraphina weiter.

Dayna biss wütend die Zähne zusammen. "Beides."

"Von mir aus." Sie spürte einen kalten Windzug und als sie ihre Augen erneut öffnete, war die Schattenprinzessin verschwunden.

Dann weigere dich und stirb wie ein Feigling, hallte die Stimme von Seraphina in Daynas Gesanken noch nach, bevor auch sie endlich verstummte.

Dayna schnaubte auf. Sie, ein Feigling? War es nicht viel eher die Prinzessin gewesen, die feige gewesen war? Und wegen der sie nun überhaupt erst in diesem ganzen Schlamassel saß?

Und jetzt wollte die feine Dame ihr nicht mal das Leben retten. Unglaublich.

Dayna war so sehr in ihre innere Schimpftirade auf die verstorbene Prinzessin vertieft, dass sie die wuchernden Schatten, welche sich um ihre verletzte Gestalt gewoben hatten, erst dann bemerkte, als sie schon beinahe ihren gesamten Körper bedeckten.

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