- SIXTY-TWO -

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Ich schoss hoch. Setzte mich aufrecht hin. Unbändige Schmerzen erschütterten meinen Körper. Aus irgendeinem Grund erfüllte mich Angst. Etwas zerquetschte mich, raubte mir den Atem. Ich spürte es genau.

Undefinierbare Laute entkamen meinen Lippen als ich um Hilfe flehen wollte.

Ich würde ersticken, ich würde sterben.

Ich riss meine Augen ein Stück weiter auf, verzweifelt versuchte ich irgendetwas zu erkennen, aber mich umgab komplette Schwärze.

Hören konnte ich nur Rauschen, so laut, dass es mich um den Verstand brachte, bis ich irgendwann nach hinten gedrückt wurde. Meine Arme machten sich selbständig, schlugen um sich. Aber auch sie wurden fixiert.

Und dann ließ es nach. Es wurde weniger, es hörte einfach auf.

,,Sie sind in Sicherheit, junges Mädchen."

Bilder von grünen Augen erfüllten meine Gedanken. Eine verzerrte Grimasse, direkt vor mir. Kurz spürte ich den Aufprall, dann driftete ich erneut ab.

***

,,Hey, guten Morgen, Haily."

Ich blinzelte in die Sonne die durch mein Fenster schien und drehte den Kopf.

Henry stand mit Blumen im Türrahmen. Hinter ihm drängten sich Lewis, Jake, Logan und Jay in den Raum.

Ein schwaches Lächeln bildete sich auf meinen Lippen.

,,Wir wollten schon früher kommen, aber sie meinten du bräuchtest Ruhe.", sagte Lewis mit sanfter Stimme, als alle fünf sich in der Nähe meines Bettes verteilten.

Henry stellte die Blumen auf mein Nachtschränkchen zu den Anderen.

,,Ja, ich war ein wenig erschöpft.", krächzte ich mit heiserer Stimme.

,,Kann ich mir vorstellen."

Dann legte sich Stille über den Raum. Ich spürte alle Blicke auf mich gerichtet.

Lewis saß am Bettrand. Er legte seine Hand auf meine Beine, die unter der weißen Decke versteckt waren.

Ich zuckte zurück. Es tat weh.

,,Tut mir leid.", murmelte er schuldbewusst.

,,Es ist okay."

Kurz darauf, ergriff Logan das Wort. ,,Und, wie ist es dir so ergangen?"

,,Ich schlafe die meiste Zeit, und selbst das ist anstrengend."

Kurzes abgehacktes Lachen ging durch den Raum.

,,Man hat uns gesagt, du würdest Nachts aufwachen und um Hilfe schreien." Henry sah vom Fenster zu mir rüber.

,,Hat man mir auch gesagt. Ich erinnere mich nicht daran. Der Arzt sagt, meine Nerven würden sich an den Unfall erinnern, auch wenn ich schon längst bewusstlos war, als der Schmerz einsetzte."

Wieder Stille.

,,Scheiße, wie konnte das nur passieren?" Sich die Haare raufend, ging Jake hin und her.

Jeder wusste wie es passieren konnte. Ich war durch den Wind gewesen. Er wohlmöglich auch. Und dann war ich hier im Krankenhaus gelandet. Mit Rippenfrakturen, zwei gebrochenen Beinen, einem geprellten Handgelenk und einer leichten Gehirnerschütterung. Aber darüber waren sie alle zweifelsohne schon in Kenntnis gesetzt.

Trotzdem wollte ich unbedingt jene Frage stellen und nach einigen Sekunden brennender Neugier hielt ich es nicht mehr aus. ,,Wo ist Harry?"

Entweder bildete ich mir das ein oder es hielten wirklich alle die Luft an.

Bis Henry niedergeschlagen zu sprechen begann. ,,Der lässt sich seit Montag nirgendwo mehr blicken. Er soll wohl schon von der Polizei verhört worden sein, oder so."

Enttäuscht nickte ich. Seit Montag. Seit zwei Tagen. Auch mich hatte er nicht besucht. Er hatte mir keine Blumen geschickt. Er hatte sich nicht entschuldigt.

Tat es ihm nicht leid? Er hätte mich umbringen können.

Eine Träne huschte mir übers Gesicht.

Vielleicht war es ja mich Absicht gewesen.

Nein, das konnte nicht sein. Das wäre krank gewesen.

,,Er wird schon noch vorbei kommen."

,,Es ist mir egal, ich will nicht das er kommt.", zischte ich und wischte mir wütend die Träne weg.

Natürlich wussten alle, dass es mir nicht egal war.

Aber um die Stimmung ein bisschen aufzuheitern und weil ich wusste, dass es alle freuen würde, erzählte ich ihnen, dass zwischen Mike und mir Schluss war.

,,Das wissen wir. Er erzählt überall rum, wie verklemmt du wärest.", kicherte Jay.

Ich stieß einen überraschten Laut aus. ,,Wirklich? Er hat mich mit so einer July betrogen."

,,Ist denn...alles in Ordnung mit dir? Du weißt schon, bist du traurig?", fragte Lewis besorgt.

,,Nein, es geht schon. Es lief eh nicht so gut.", nuschelte ich und starrte dabei auf meine Bettdecke.

Klar hatte es mich frustriert, aber es würde schon gehen.

Wir unterhielten uns noch einige Zeit. Die Stimmung wurde lockerer und ich konnte sogar ein bisschen lachen. Irgendwann jedoch, verabschiedeten sie sich, damit ihre Eltern nicht bemerkten, wie sich für mich die Schule schwänzten.

Am Nachmittag kam mein Vater vorbei. Meine Mutter hatte sich keinmal gemeldet.

Als die Besucherzeiten, gegen Abend, geendet hatten, wurde ich nochmal untersucht. Anscheinend heilten meine Wunden gut, mit bleibende Schäden würde ich nicht zu kämpfen haben.

Erleichtert ließ ich den Kopf in mein Kissen sinken. Gott sei Dank.

Nachts, als ich nicht schlafen konnte, viel mir auf, wie leid ich das Liegen war, aber unter keinen Umständen konnte ich aufstehen.

Es war bestimmt schon nach Mitternacht und ich war im Halbschlaf, als ich hörte, wie sich meine Zimmertür öffnete.

Träge beobachtete ich, wie sich eine Gestalt auf den Stuhl vor meinem Bett setzte. Mein Kopf schien zu langsam zu arbeiten, ich dachte mir nichts dabei.

Bis ich auf einmal seine Stimme hörte. ,,Bist du wach?" Rau war sie. Anders als sonst.

Augenblicklich dachte ich an sein schönes Gesicht, wie er dort im Auto saß und mir fast mein Leben geraubt hatte. Und ich musste daran denken, wie ich wie ein verschrecktes Reh ausgesehen haben muss und wie absurd mein Leben eigentlich war und wie ich nicht wusste, was ich nun von Harry halten sollte.

Ich antwortete ihm nicht, obwohl er vielleicht sah, dass meine Augen auf ihn gerichtet waren.

Er öffnete seinen Mund und ich erwartete, dass er sich entschuldigen würde, dass er mir alles erklären würde. Aber er tat nichts davon.

Stattdessen, schloss er seinen Mund wieder und presste seine Lippen zu einer geraden Linie zusammen, dann ergriff er meine Hand.

Irgendwas passierte ihn mir. Absurderweise, fühlte ich mich geborgen.

Vielleicht vergingen Stunden und als mich irgendwann die Müdigkeit zu übermannen drohte, glaubte ich, ihn leise schluchzen zu hören.

,,Vergib mir.", entfloh seinen Lippen.

Dann schlief ich ein.

Am Morgen sagte man mir, ich hätte die Nacht kein einziges Mal um Hilfe gerufen.

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hiii

promoted.no.control.jetzt.sofort.alle.danke.

lea




Lost In Forest || H.S.Tempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang