22. Freundin

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"Was du...du bist adoptiert?", bringe ich unsensibel über die Lippen. Augenblicklich fühle ich mich sowohl dumm als auch schuldig, Logan derart gedrängt zu haben.

Er atmet hörbar tief aus und schließt die Augen kurz, als könne er dadurch seine Emotionen in den Griff kriegen. Zwar merke ich, dass er tatsächlich ruhiger wird, aber dennoch sitzt der Schmerz tief in ihm. Dann fährt er sich gedankenverloren durch das Gesicht und massiert seine verspannten Schläfen. "Ja. Ich habe es vor drei Wochen erfahren", gibt er mit einem tiefen Seufzen zu.

"Es...Es tut mir so leid. Ich hätte dich niemals drängen sollen. Bitte verzeih", bringe ich hastig über die Lippen.

"Ist schon okay", er schmunzelt halblebig, "Früher oder später hätte ich es dir eh erzählt. Du bist meine Freundin." Ich kann nicht verhindern, dass mein Herz aufgeregt zu klopfen beginnt. Hat er mich gerade ganz offiziell als seine Freundin bezeichnet?

Obwohl meine Freude unaufhaltsam ist, versuche ich dieses Thema zu einem späteren Zeitpunkt aufzuschlagen und mich der bedrückten Stimmung anzupassen. Vorsichtig gehe ich einen Schritt auf ihn zu. "Willst du darüber reden?" Wieder scheint er mit sich zu ringen, doch dann nickt er erschöpft.

"Meine Mom ist nicht meine leibliche Mutter und mein 'Dad' ist das sowieso schon länger nicht mehr", dabei fährt er Anführungszeichen in die Luft, jedoch sieht es so aus, als würde ihn jeder Satz neue Energie kosten. Jedes Wort, nein, jeder Buchstabe nagt an ihm, weswegen er traurig den Kopf hängen lässt.

Ganz von alleine legen sich meine warmen Hände auf seine und mein Daumen streicht beruhigend seinen Handrücken. Daraufhin schmunzelt er. Nur ganz leicht und unscheinbar. Aber, als er meine Hand in seine nimmt und sie ganz weich, wie ich zuvor zu streicheln beginnt, weiß ich, dass ich gerade das Richtige tue. Und das veranlasst mich, auch ein kleines Schmunzeln von mir zu geben.

"Vor vier Jahren hat sich Ben, mein vermeintlicher Vater, von meiner Mom getrennt. Das war echt hart für mich. Ich habe weiterhin mit Noah bei Mom gewohnt und jedes zweite Wochenende sind wir zu ihm gefahren. Dann irgendwann habe ich ihn zufällig in der Stadt gesehen und den wahren Grund für die Scheidung erfahren. Sie haben sich nämlich nicht auseinander gelebt. Nein! Ben betrog meine Mutter nämlich mit einer 30-Jahre-jüngeren Schlampe! Und ich wurde in der Stadt Zeuge eines nicht ganz so jugendfreien Geknutsche. Seit dem ist er für mich gestorben."

Geschockt beiße ich mir auf die Unterlippe und versuche nicht zu mitleidig zu fragen: "Was ist mit Noah?! Hat er noch Kontakt zu deinem Dad...äh Ben?"

"Ja, aber nur noch sehr selten." Wieder seufzt er, streichelt aber weiterhin tapfer meinen Handrücken.
"Jedenfalls hatte meine Mutter irgendwann Schuldgefühle, weil sie mir ja immer noch verschwieg, dass ich adoptiert wurde. Schließlich ließ die Bombe platzen." Mitfühlend nicke ich. "Anfangs war ich nur geschockt, aber dann verwandelte sich der Schock plötzlich in Wut. Eine Wut, die ich nicht so unter Kontrolle habe, wie ich es mir wünsche. Deshalb, tut mir leid, dass ich alles ruiniert habe." Es ist das erste Mal, dass er mir nun entschuldigend in die Augen sieht. Langsam nimmt er wieder das Funkeln an, das ich so vermisst habe.

"Nein, mir tut es leid. Ich hoffe nur, dass es deiner Mutter gut geht. Sie war, wie ich, ziemlich überrascht."

Logan nickt. "Ich rede morgen mit ihr. Aber sie weiß, dass ich nicht auf sie sauer bin. Ich habe ihr verziehen. Denn für mich ist und bleibt sie meine einzige wahre Mutter." Gerührt nicke ich. Auch, wenn das ziemlich viele Informationen auf einmal waren, bin ich froh, dass Logan sich mir anvertraut hat.

"Noah ist übrigens nicht adoptiert. Meine Mom war lange im Glauben, sie wäre unfruchtbar, weshalb sie mich adoptierten. Aber anscheinend war Noah dann das große Wunder. Denn sie wurde schwanger."

Baby don't hurt meOpowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz