8. Wenn ich dich um ein Date bitte

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Der Montag folgt schneller als mir lieb ist und so finde ich mich sitzend im Geografieunterricht wieder. 

"Lara?" Fragend drehe ich mich zu Evelyn, meiner Sitznachbarin, um.

"Ja?", verwirrt ziehe ich eine Augenbraue in die Höhe und mustere die Brünette neben mir.

In der Schule kommt es selten vor, dass mich jemand anspricht. Klar, ich habe vereinzelnd Leute, mit denen ich mich gelegentlich auf oberflächlicher Basis unterhalte, aber das war es auch schon. Ich bin meistens froh, wenn man mich einfach in Ruhe lässt.

"Kommst du am Freitag auch?" , fragt sie mich neugierig, als wüsste ich, was am Freitag wäre. 

"Wohin?", flüstere ich, damit unser Lehrer nichts mitbekommt. 

"Masons Party. Diesmal ist die ganze Schule eingeladen." Ach eine Party...Das hätte ich mir auch denken können. Evelyn lächelt mich freundlich an, doch meine Euphorie hält sich beim Thema "Party" eher in Grenzen. Normalerweise lasse ich mich bei solchen Zusammenkünften partout nicht blicken. Aus diesem Grund verwundert es mich etwas, dass Evelyn ausgerechnet mich das fragt.

"Mal sehen", gebe ich von mir, um sie nicht zu kränken und widme mich dann wieder dem Unterricht. 

Doch konzentrieren kann ich mich eigentlich nicht. Die ganze Zeit spukt die gescheiterte Nachhilfestunde mit Logan in meinem Kopf herum. Ich sehne mich danach, wieder Zeit mit ihm zu verbringen. So gerne würde ich mehr über den Besitzer der karamellbraunen Augen erfahren. Doch die Tatsache, dass ich mich in 3 von 3 Fällen nun äußerst seltsam verhalten habe, hat ihn sicher schon abgeschreckt. Vielleicht will er gar nichts mehr mit mir zu tun haben. Vielleicht taucht er nie wieder am Strand auf! In diesem Fall weiß ich nicht, ob ich je wieder Gefallen an meinem Zufluchtsort finden könnte. Immerhin ist es jetzt irgendwie zu unserem Ort geworden, oder? Aber empfindet er das auch so?  

Ich entschließe mich genau das herauszufinden, sobald ich nach Hause komme. Aus diesem Grund werfe ich Theresa ein lautes "Bin am Strand" zu, sobald wir durch die Tür ins Haus eintreten. Ich verschwinde aus der Hintertür und sofort schlägt mir der warme Windzug ein paar Haarsträhnen ins Gesicht. Mit einer kurzen Bewegung sind meine Haare auch wieder annehmbar und ich stapfe auf das Meer zu.

Tatsächlich erscheint eine Gestalt vor meinen Augen, als ich auf die kleine Nische im Steinfels zulaufe. Es ist wahrhaftig Logan, der sich locker gegen den Stein lehnt. Bei seinem Anblick wird mir unverzüglich warm ums Herz, allerdings wundere ich mich gleichzeitig, warum wir immer zur gleichen Zeit am Strand sind. Das ist, jetzt würde ich vermutlich 'unrealistisch' denken, aber mir fällt nur das Wort 'wundervoll' ein.

"Hey?", hilflos streiche ich mir wieder eine Strähne aus dem Gesicht und verkürze unseren Abstand mit einem weiteren Schritt auf ihn zu. Leicht erschrocken zuckt er zusammen, doch als er mich erblickt, zucken seine Mundwinkel leicht nach oben und seine Augen beginnen zu leuchten. Gott sei Dank! 

"Hey", sagt er ruhig, wobei mir auffällt, wie tief seine Stimme klingt.

"Wegen Samstag: Es tut mir leid, dass die Nachhilfe so endete! Im Ernst. Ich wusste nicht, dass er kommen würde. Bitte verzeih mir." Während ich diese ehrlichen Worte nur so herunter rattere, ist sein leichtes Schmunzeln plötzlich unauffindbar. Abrupt wird mein Herz schwer.

"War er dein Freund?", knirscht er fast schon ein wenig wütend, hält aber bewusst keinen Augenkontakt mit mir, sondern analysiert lieber das Meer dahinter.

"Nein! Er ist mein Cousin", erwidere ich hastig. Und plötzlich lächelt er wieder schaff, als sei er erleichtert. Dennoch bleibt er still. 

"Im Ernst. Es tut mir schrecklich leid. Wie kann ich das wiedergutmachen?"

Schneller, als es mir möglich wäre, meinem Herz das Rasen zu verbieten, befindet sich Logan vor mir und grinst mich amüsiert an. Aus heiterem Himmel, spüre ich eine warme Hand, die eine widerspenstige Haarsträhne hinter mein Ohr klemmt und dann sanft meine Wange berührt. All meine Luft, die mich am Leben hält, strömt aus meinen Lungenflügeln. Meinen Hals könnte man glatt mit einer staubtrockenen Wüste vergleichen. Das Schlimmste ist jedoch, dass ich nicht weiß, wie mir geschieht.

Mein Gehirn schreit: "Hau ab!"
Mein Herz sagt: "Bleibe und genieße."
Und mein Bauch sagt: "Immer her mit den Schmetterlingen!"

"Wenn du mich schon so bittest...", höre ich ihn wispern. Ich kann jedoch nur seine hypnotisierenden Augen fokussieren. Sie haben mich in ihren Bann gezogen, sodass ich kaum reagiere, als sein Oberkörper mir gefährlich nahekommt. Normalerweise hätte ich ihm wegen des fehlenden Sicherheitsabstandes schon längst eine gescheuert, doch ich erwische mich dabei, wie ich das genieße. Er macht Halt an meinem  Ohr. Sein heißer Atmen kitzelt in meiner Halsbeuge. "...du könntest 'ja' sagen, wenn ich dich um ein Date bitte."

Bumm Bumm B... Mein Herz setzt aus. Meine Augen weiten sich so sehr, dass es wehtut. Ist das echt? Auch wenn ich ihm antworten will, kommt kein Ton über meine Lippen. Es ist so, als wäre ich versteinert. 

Mit jeder weiteren Sekunde, die zweifelhaft verstreicht, fühle ich wie traurig Logan wird. Denn bekanntlich ist ja keine Antwort auch eine Antwort. Doch ich will eine Antwort geben! Ich will "Ja" sagen. Wenigstens ein "Okay". Aber es scheint, als könnte ich es nicht über die Lippen bringen. 

"Lara?" Seine Augen haben das schöne Funkeln verloren.

"Ich..." Tief atme ich durch und lasse einen beruhigenden Luftzug in meine Lungen. So schwer kann das nicht sein! Sag es! 

Ich sehe, wie er gerade ansetzten will, traurig abzuwinken, doch das lasse ich nicht zu. "Ja!", höre ich mich plötzlich lauter schreien, als es mir lieb ist. Und somit kehrt das Funkeln in seine Augen zurück. 

"Ja?", versichert er sich mit einem überbreiten Grinsen im Gesicht. 

"Ja!", nicke ich lachend. Glückshormone durchströmen meinen Körper und ich kann gar nicht mehr aufhören zu grinsen. Genauso wenig wie er. 

"Es tut mir leid, ich dachte schon du findest mich total seltsam.", gestehe ich mutig nach einer Weile. 

Überrascht hebt er die Augenbrauen. Dann schüttelt er, immer noch grinsend, langsam den Kopf. "Oh du hast ja keine Ahnung, Lara." 

"Du hast keine Ahnung...", wiederholt er flüsternd.


Baby don't hurt meOnde histórias criam vida. Descubra agora