18. Die Entschuldigung geht nach hinten los

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In den letzten zwei Tagen ist sowohl viel als auch wenig geschehen. Nach diesem magischen ersten Kuss im Auto weigert sich mein Körper strikt, an etwas anderes als Logan zu denken. Selbst wenn er nicht bei mir ist, spielen meine Gefühle verrückt und lösen bei mir Herzklopfen und Schmetterlinge aus. Das könnte aber auch daran liegen, dass ich innerlich noch nicht verarbeiten kann, was an diesem Abend alles passierte. Wenn ich jetzt über meine kalten Lippen fahre, meine ich sie kribbeln zu spüren, als hätte ich eine Brausepackung ausgeleert und Wasser darüber verteilt. Leicht beginne ich zu lächeln.

Dennoch gibt es eine Sorge, die meine rosarote Brille nicht verdecken kann. Es ist eine Frage, die mir seit dem Kuss nicht mehr aus dem Kopf geht. Jedoch bin ich zu feige, um sie zu stellen: Sind wir jetzt zusammen oder nicht?

"Lara, kommst du, Herzchen? Wir müssen los!", ruft Theresa an diesem eintönigen Dienstagmorgen - ganz darauf bedacht, mich pünktlich in die Schule zu schicken. Seufzend schlinge ich meinen vollen Rucksack über die Schulter und stapfe zum altbekannten Auto. Die Fahrt, sowie die ersten sechs Stunden Unterricht, laufen ziemlich öde ab. So öde, dass diese auch nicht lange in meiner Erinnerungen hängen bleiben. Lediglich in der Mittagspause, in der ich eigentlich mein köstliches Essen an der frischen Luft essen möchte, ereignet sich eine höchst nervige Situation.

Es ist Mason, der mich mit einem kleinen Stupsen hochschrecken lässt, wodurch ich fast von der weißen Bank falle. Versöhnlich blickt er zu mir herunter. Dabei nimmt er sich einfach die Freiheit, sich neben mich niederzulassen.

"Was willst du?", hake ich gleichgültig nach und lasse mich beim Verzehr nicht stören.

"Können wir reden?" Och, nö!

"Eigentlich habe ich keinen Gesprächsbedarf. Und schon gar nicht mit dir, Mason", seinen Namen betone ich dabei extra herablassend, um mein Desinteresse noch ein wenig mehr Wichtigkeit zu verleihen.

"Bitte, Lara! Ich möchte mich entschuldigen." Seine Augen durchbohren meine dabei hoffnungslos, doch ich versuche jeden seiner Blicke an mir abprallen zu lassen.

"Wofür entschuldigen?"

"Na für Freitag natürlich", hilft er mir auf die Sprünge, obwohl ich eigentlich ganz genau weiß, worauf er anspielt. Ich habe lediglich keinen Bedarf, ihm zu verzeihen.

Und genau das versuche ich mit meinen darauffolgendem Schweigen zu unterstreichen, doch vergebens. Offenbar sucht Mason seine Chance darin, denn er redet unbeirrt weiter: "Weißt du, Lara. Ich weiß auch nicht, was mich da geritten hat, aber irgendwie war ich echt voll dicht. Das möchte ich auch gar nicht abstreiten, denn das war ein großer Fehler. Jedenfalls habe ich einen Scheiß von mir gegeben. Ich hatte mich nicht unter Kontrolle und du musst mir glauben: Es tut mir so leid. Ich würde alles dafür tun, dass wir wieder...Freunde werden. So wie früher. Ich war einfach nur betrunken." Ein hoffnungsvolles Lächeln umspielt seine Lippen und bei näherem Betrachten erkenne ich Reue in seinen Augen widerspiegeln. Nur doof, dass ich kein Verständnis widerspiegele...

"Du weißt aber schon, dass Betrunkene bekanntlich die Wahrheit sagen?", spreche ich ruhig, bevor ich einen weiteren göttlichen Bissen meines Sandwiches nehme.

"Nein, du musst mir glauben. Ich würde so etwas nie sagen", wispert er.

"Aber du würdest es denken. Denn du hättest es nicht gesagt, wenn es nicht in deinem Kopf gewesen wäre. Was bedeutet, dass du eigentlich immer der Meinung warst, stimmt's?" Seine Augen weiten sich und man erkennt, wie er sich unbehaglich anspannt. Ich dagegen bin seltsamerweise die Ruhe in Person. Vielleicht liegt es ja an Logan... "Du brauchst dich nicht dafür entschuldigen, wenn es dir nicht leid tut. Außerdem interessiert mich deine Meinung gegenüber mir auch gar nicht."

Aufgebracht gestikuliert er herum. "Natürlich interessiert dich das, Lara! Sonst hätte ich dich doch nicht so aufgelöst heulen sehen." Kurz grinst er triumphierend, wird dann aber innerhalb einer Sekunde wieder versöhnlicher: "Aber das ist nicht schlimm. Im Ernst. Ich finde es sogar ziemlich süß, dass dich das so beschäftigt hat. Es zeigt, dass ich dir nicht egal bin. Und ich hoffe, du verzeihst mir deshalb."

Auch, wenn er meint, er könnte sich so diplomatisch aus der Affäre ziehen, hat er sich ordentlich geschnitten. Ich meine: Was fällt diesem Kerl ein?! Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass er Gefallen an meinem Schmerz findet, hat dieser Kerl mir tatsächlich beim Weinen zugesehen, ohne ein Wort zu sagen? Hat er nicht mal versucht, mich zu trösten? Die Wut kocht förmlich in mir auf, als ich wieder in seine optimistischen Augen sehe, und bricht dann wie ein Vulkan aus. Meinen Zeigefinger bohre ich zornig in seine harte Brust und gifte knirschend: "Was fällt dir ein, Mason!? Du bist noch viel schlimmer als ich von dir gedacht habe."

Wütend schaut er auf meinen Finger hinunter. "Du kannst das doch nicht abstreiten. Du hast dir wegen mir die Augen aus dem Kopf geheult!"

"Was?", kreische ich schrill in Anbetracht seiner vor Arroganz strotzender Aussage, "Du hast doch keine Ahnung!" Mason verkrampft sich und sieht mich verständnislos an, als träge er keine Schuld.

"Nein, natürlich, die hattest du nämlich nie!", lache ich gespielt amüsiert auf, bei dem Gedanken an die wohl schwerste Zeit meines Lebens. An eine Zeit, in der ich seine tröstenden Worte gebraucht hatte. "Weißt du, ja ich habe mir die Augen aus dem Kopf geweint. Und das war ein Rückschlag, aber bilde dir ja nicht ein, du wärst mein einziges Problem!" Masons Arroganz scheint bezwungen, denn er wirkt überrascht. Ich fahre nun etwas ruhige fort: "Aber danke! Danke, dass du mir gezeigt hast, in welches Monster du dich verwandelt hast. Jetzt weiß ich, dass du ein Arsch bist, mit dem ich gut auf eine Freundschaft verzichten kann!"

Hastig werfe ich mir meinen Rucksack über die Schulter, ehe ich einen ehrenwerten Abgang plane. Mit zusammengezogenen Brauen und roten Wangen sehe zu, dass ich so schnellstmöglich von diesem Idioten verschwinden kann. Ich habe schon zwei klägliche Schritte hinter mir, als ich mich beim Klang seiner schamlosen Stimme wie angewurzelt stehen bleibe und sich mein Körper schmerzhaft verkrampft.

"Weißt du was? Deine Eltern wären enttäuscht, dich so zu sehen. Die haben mich doch angefleht, dass ich dich später mal heirate. Und schau, wie du mich behandelst. Aber gut, du kümmerst dich ja eh nicht um sie. Du lässt sie lieber in ihren trostlosen Gräbern vergammeln!"

Augenblicklich werden meine Knie weich und mein Herz schwer. Die Tränen wollen meine bereits feuchten Augen verlassen, aber ich versuche mich zu sammeln und seinen harten Worten keine Beachtung zu schenken. Lauf einfach weiter und zeige ihm, dass er dir nichts wert ist! Ich nehme einen tiefen Atemzug und versuche so unbeeindruckt wie möglich davon zu stolzieren und dem Druck meiner Tränendrüse zu trotzen.

Wie kann er nur so schamlos sein?

Baby don't hurt meWhere stories live. Discover now