41. So einfach

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Ich kann nicht fassen, dass Logan tatsächlich hier ist. Dabei hatte ich ihm gesagt, dass wir uns nicht mehr sehen sollten. Ich hatte ihm an den Kopf geworfen, ich würde ihn nicht mehr lieben! Warum muss er alles noch so viel schwerer machen?

„Wir müssen wirklich reden, Lara."

Ich atme tief ein. Er sieht wieder mal zum Anbeißen gut aus. Wie kann ich ihm da nur widerstehen? Mutig kratze das letzte Stück Selbstbeherrschung zusammen: "Es wurde alles gesagt, das gesagt werden musste. Bitte, lass mich in Ruhe."

Logan zieht seine dichten, dunklen Augenbrauen zusammen. „Nein, es wurde nicht alles gesagt. So verdammt viel wurde nicht gesagt! Du hast einfach die Tür vor meiner Nase zugemacht!" Schuldgefühle überkommen mich für einen Bruchteil einer Sekunde, ehe ich mich wieder an den Schmerz erinnere, den er mir zugefügt hat.

„Und du hast mich belogen und benutzt, Mister Heartbreak!", kreische ich wütend. Meine Augen verenge ich bedrohlich zu einem tödlichen Blick.

Er zuckt zusammen. Dann versucht er sich zu fangen und mit ruhiger Stimme einen Schritt näher auf mich zuzukommen. „Bitte. Lara..." Tief sieht er mir in die Seele. „Ich habe dich weder belogen noch benutzt. Und ich bin gewiss auch nicht mehr Mister Heartbreak. Glaube mir, wenn ich sage..."

Mit wütender Stimme unterbreche ich ihn unsanft: „Ich kann dir nichts mehr glauben!"

Überrascht hält er inne. Wir beide schauen uns ein paar Sekunden ungläubig in die Augen, ehe ich mich irgendwann ermahne, dieses Spiel zu unterbrechen. So schnell ich kann, erhebe ich mich. Ich klopfe den Sand von meinem Kleid und baue mich dann selbstbewusst vor ihm auf. „Wer weiß, was passiert wäre, hätte ich mich nicht gewährt. Ich will dich nicht mehr wiedersehen, Logan." Mit diesen Worten drehe ich mich, im kläglichen Versuch meine Tränen zurückzuhalten, einfach um. 

Ich schaffe es gerade zwei Schritte zu laufen, da bringt mich der raue Klang seiner Stimme zum Stillstand. „Du wolltest es doch auch!" Mein Hals wird auf einmal staubtrocken. Ich traue mich nicht, mich umzudrehen, denn ich schaffe es immerhin gerade so ihm zuzuhören. Dann greift er sanft nach meinem Handgelenk. Ein Blitz kochend heißer Kälte durchfährt meinen Körper. „Tu nicht so, als hättest du es nicht auch gewollt. Da war ein Verlangen in dir. Ein Verlangen nach mir! Du kannst die Schuld nicht einfach auf den Wein oder auf mich schieben. Ich habe dich zu nichts gezwungen!" Vergeblich versuche ich den immer größer werdenden Klos in meinem Hals zu schlucken. „Du wolltest mich genauso lieben, wie ich dich." Mit zittriger Hand entreiße ich mich schlagartig aus seinem lockeren Griff. Auch, wenn mir jegliche Kraft dazu fehlt, wage ich einen Blick in seine traurigen Welpenaugen. „Du und ich wissen beide, dass es so war."

Verdammt! Tief in meinem Inneren ist mir schmerzlich bewusst, wie Recht er doch hat. Natürlich wollte ich ihn! Ich wollte ihn so sehr, wie ich noch nie etwas anderes gewollt habe. Doch ein Teil von mir ist noch nicht bereit, das einfach so zu akzeptieren. Aus diesem Grund wende ich meinen Blick schmerzhaft ab, atme tief durch und fühle mich dann von meinem Verstand gezwungen einfach loszulaufen. Ich will einfach nur weg von ihm und von der beschämenden Wahrheit. 

Dringend benötige ich jetzt den Schutz meines Hauses, also renne ich entgegen dem Wind durch den goldenen Sand, ohne ein einziges Mal zurückzuschauen. Als ich die Hintertür öffne und mit einem lauten „RUMMS" hinter mir zuknalle, erlaube ich mir erst wieder zu atmen. Zum Glück ist Theresa noch nicht Zuhause, sonst hätte ich mich gleich einem Verhör stellen müssen. Mit zitternden Beinen laufe ich ins nach Putzmittel riechende Wohnzimmer. Ein kurzer Blick in den Spiegel lässt mich mein Gesicht schmerzlich zusammenziehen. Gott, ich sehe genauso scheiße aus, wie ich mich fühle!

Mit glasigen Augen lasse ich mich auf die polarweise Couch plumpsen. Unwillkürlich gleitet mein Blick durch das gesamte Wohnzimmer. Warum musste ich ihm gerade heute wieder begegnen? Ich sehe am großen Fernseher zur Fotowand meiner Tante vorbei. Warum musste er mir diese letzten Worte noch an den Kopf werfen? Mein Herz zieht sich zusammen und meine Haut beginnt unter lauter Stromschlägen Feuer zu fangen. Unbewusst bleiben meine Augen kurz an der Flasche Bourbon meiner Tante haften. Gott, warum kann ich nicht aufhören, an ihn zu denken? Mein Blick gleitet weiter zum Panoramafenster. Ich wünschte, ich könnte diesen Schmerz einfach aus mir herausschneiden. Hauptsache ich muss nicht mehr an Logan denken! Meine Hände zittern, als ich meine Hand an meine Brust lege, genau da, wo es am meisten weh tut. Ich wünschte, ich könnte diesen Schmerz einfach betäuben. Ja, einfach unschädlich machen. Auch, wenn es nur für ein paar Stunden wäre... Wie aufs Stichwort kann ich nicht verhindern erneut zur Bourbonflasche zu blicken.

Das letzte Mal, als ich getrunken habe, hat das ganze Drama erst begonnen. Andererseits hat der Alkohol einen einzigartig guten Job darin gemacht, mich von meinen Problemen abzulenken. Es hat mich jeglichen Schmerz, jegliche Sorgen und Ängste vergessen lassen. Stattdessen habe ich mich einfach...frei gefühlt. Oh ja. Genau das bräuchte ich jetzt! Meine Füße tragen mich mit Leichtigkeit zum Regal, auf dem das teure Spiritusgeschenk des Chefs meiner Tante seit Monaten verweilt. 

Nein! Nein. Was tust du da, Lara? So bin ich nicht und ich werde jetzt auch nicht damit anfangen! Erschöpft seufzte ich und wende mich ab. Mein Herz klopft aufgeregt.

Aber es wäre so einfach...

Baby don't hurt meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt