Sixty

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Nolan

Angeline suchte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel, dabei glitten ihre Augen über ihre Schulter, sodass sie mir einen flüchtigen, aber mysteriösen Blick zuwarf. Automatisch zuckte mein linker Mundwinkel nach oben, obwohl ich nicht wusste, wieso. Vielleicht war es die Tatsache, dass wir uns tatsächlich langsam annäherten.

Ich hatte natürlich keine Ahnung, wie es innerlich in ihr aussah, denn ich wusste es ja noch nicht einmal selbst. Aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass sich etwas zwischen uns geändert hatte. Die letzte Woche habe ich alles gegeben, um Teil ihres Lebens zu sein. Natürlich wollte ich keineswegs aufdringlich sein, deswegen blieb ich immer noch auf einem gewissen Abstand. Doch in den letzten Tagen hatte diese Distanz zwischen uns abgenommen. Angeline und ich gingen jetzt viel offener miteinander um, als noch vor einigen Wochen. Wir begannen, uns vorsichtig an den jeweils anderen heranzutasten, was mich in meinen Taten positiv bestärkte. Nicht nur ich schien Kontakt zu ihr zu suchen, sondern auch andersherum. Wieso sonst sollte sie mich zu sich in die Wohnung einladen?

Sie drückte die Tür auf und lief ein paar Schritte nach innen. Ich folgte ihr vorsichtig und langsam, denn das war das erste Mal, das ich bei ihr zuhause war. Zwar hatte ich jetzt schon einige Wochen darauf hingearbeitet, sie hier anzutreffen, doch das bedeutete nicht automatisch, dass sie mich auch zu sich einlud. Jetzt hatte sie es allerdings getan und ich empfand deswegen tatsächlich so etwas wie Aufregung, was total absurd war. Ich besuchte nur ihre Wohnung, doch das war ihr Zuhause. Hier steckten all ihre persönlichsten Sachen und Erinnerungen drin, dass es beinahe fast einem heiligen Ort glich. Vielleicht war es also doch angebracht, ein bisschen nervös zu sein.

„Tut mir leid für die Unordnung", murmelte sie und schmiss die Schlüssel auf eine Kommode ab. „Ich habe nicht unbedingt mit Gästen gerechnet."

Meine Augen zuckten in ihre Richtung. Sie hatte also ganz spontan entschieden, mich nach oben mitzunehmen. Es musste in den letzten Stunden wohl etwas passiert sein, damit ich ihr Vertrauen zumindest teilweise wiedererlangen konnte. Was das wohl zu bedeuten hatte?

Angeline strich sich die feuchten Haare nach hinten und schenkte mir kurzzeitig ihre Aufmerksamkeit. Ich konnte nicht anders, als sie anzustarren, weil ihr Anblick das war, von dem ich nie genug bekommen würde.

Etwas verlegen von meinem Blick kaute sie auf ihrer Unterlippe, was meine Augen förmlich anzog. Ich hatte mir zwar selbst geschworen, alles in Ordnung zwischen uns zu bringen, indem ich sie nicht bedrängte. Aber ihre Lippen waren meine Schwachstelle. Sobald ich auf ihren Mund schaute, überkam mich das Gefühl, ihn auf meinen zu pressen. Und zwar so schnell wie nur irgendwie möglich. Aber ich hielt mich zurück.

„Ich hole ein paar trockene Handtücher", schlug sie vor und ich nickte ihr einmal zu. Sie löste ihren Blick erst nach ein paar Sekunden von mir, dann verschwand sie in einem der Gänge, die nach hinten führten.

Das gab mir zumindest Zeit, um mich etwas umzusehen. Nur weil ich ihre Privatsphäre respektierte, hieß das nicht, dass ich nicht neugierig war. Hier wohnte sie schon mehrere Jahre, was bedeutete, dass jeder Winkel dieser Wohnung von ihr auf irgendeine Weise geprägt worden war.

Als erstes wanderte mein Blick nach rechts, wo sich ein langer Esstisch vor einer riesigen Fensterfront befand. Ich lief einen Schritt darauf zu, um mir genauer Angelines gewohnten Speiseplatz anzusehen. Von dieser Stelle konnte man im Hintergrund tatsächlich das Wohngebäude entdecken, in dem sich mein Penthaus befand. Ob ihr das bewusst war? Vermutlich nicht, immerhin haben wir uns vor dieser ganzen Scheinbeziehungssache gemieden.

Mein Kopf wanderte leicht nach links, wo ich die Küche entdeckte. Sie war nicht so groß wie meine, doch es reichte aus, um das Herz eines jeden Kochs höherschlagen zu lassen. Wie oft sie wohl tatsächlich hier gekocht hatte? Als wir noch zusammengewohnt haben, übernahm das meistens Joanna, meine Bedienstete. Wir beide hatten einfach kein Händchen und definitiv keine Zeit, um wirklich ein Gericht zu kochen. Das einzige Mal war nach unserer ersten gemeinsamen Nacht, wobei wir nicht wirklich gekocht hatten. Dafür waren wir viel zu beschäftigt mit ganz anderen Dingen.

The Warren-Games | (Broken Billionaires, #2)Where stories live. Discover now