XLVI - His name is Felix

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-Drei Monate später-


Chan Pov

Ich war dabei zu verzweifeln. Es waren jetzt drei verdammte Monate, in denen ich es nicht geschafft hatte, ihn zu finden. Mein Auftreten war schlimm, mein Augen jeden Tag mehr gerötet, ich schlief nur noch wenig, jeder Abend ohne ihn war schlimmer als der vorherige. Jedes Mal, wenn ich abends wieder da lag, bemerkte ich, dass ich es wieder nicht geschafft hatte. Ich wusste jetzt, wo dieser Kerl lebte, doch er war so oft zuhause, weshalb ich nicht nach meinem Jungen suchen konnte.

Und jeden Morgen machte ich mir wieder klar, dass ich es schaffen musste. Immer wieder stand ich vor diesem Haus, welches so prachtvoll vor mir lag, doch sein Besitzer hatte etwas, dass mir gehörte, jemanden, den ich zurückbrauchte. Aber heute Morgen, als ich aus meinem Bett stieg, wurde mir der schmerzlichste Fakt dieser Zeit bewusst. Ich hatte ihn nie nach seinem Namen gefragt, ich kannte ihn nicht einmal wirklich.

Es hatte mir am Anfang gereicht ihn mit Süßer zu betiteln und in den letzten Stunden mit ihm hatte ich ihn auch noch meinen Liebling genannt. Doch sein Name? Wie hieß dieser bezaubernde Junge, den ich als mein Eigentum kennengelernt hatte? Gab es jemanden, der mir das verraten könnte? Wahrscheinlich nicht.

Wieder gaben meine Knie nach und ich sackte auf dem harten Boden zusammen, so wie ich es schon etliche Male getan hatte. Tränen brannten in meinen Augen und brachten meine Wangen praktisch zum Brennen. Schon lange hatte ich mich an dieses unangenehme Gefühl gewöhnt, das sie hinterließen. Doch es gab etwas, an dass ich mich nie gewöhnen könnte. Dieser unerträgliche Schmerz in meiner Brust, der mich zu Boden drückte und jedes Mal, wenn ich an ihn dachte, ein kleines Stück meines Herzens in seine Fänge nahm und es mir wegnahm. Brutal riss er es aus meiner Brust und machte es zu seinem, verseuchte es mit Kummer und Sehnsucht, die ich fast immer verspürte. Es gab keine glücklichen Momente mehr, nichts, dass mich irgendwie aufheitern konnte. Wenn ich an ihn dachte, egal woran, ob an die gute Zeit oder daran, wie es ihm wohl ging, jedes Mal endete ich wieder so wie jetzt.

Ich saß da, schwach und verletzlich, den Kopf auf die Handflächen gestützt und weinend, wenn der Schmerz meine Seele und mein gesamtes Inneres zerfetzte.

„Chan?" Eine sanfte Stimme drang an mein Ohr und ich richtete mich sofort auf, versuchte, die Tränen zu unterdrücken. „Halt es nicht auf Master. Zeig mir deine Gefühle." Hauchte seine liebevolle Stimme in meinem Hinterkopf und ich glaubte, auf der Stelle wieder zusammenzubrechen.

„W-wooyoung." Ich hasste es, mich so zu zeigen, doch ich konnte es einfach nicht unterdrücken. „W-weißt du seinen Namen?" Eigentlich erwartete ich, dass er nein sagte und ich stellte mich darauf ein, nur noch mehr zerstört zu werden.

„Felix-" Meinte Wooyoung leise, seine Hand auf meine Schulter gelegt.

„W-wie?"

„Felix." Sagte er nun deutlicher. Ich stand mit wackeligen Beinen auf und zog ihn in eine feste Umarmung.

„Felix." Schluchzte ich laut, meinen Kopf an seiner Schulter vergrabend. Ich hielt es nicht länger aus. Ich brauchte ihn, ich wollte seinen zierlichen Körper wieder an mich drücken können und ihn so oft küssen, ihn so lang in meinen Armen halten, bis er selbst genug hatte. Felix. Es klang so unglaublich niedlich, dass sich für einige Sekunden ein Lächeln auf mein Gesicht stahl, bis es wieder verblasste.

„Ich muss los Wooyoung, ich muss ihn finden." Dumm war das, was ich tat. Ich war verdammt schwach, wenn ich bei diesem Typen aufkreuzen würde, hatte ich keine Chance gegen irgendjemanden dort. Und doch musste ich es versuchen. Auch wenn ich mir danach wieder selbst Vorwürfe machen würde, nichts und wirklich nichts könnte dies ändern. Außer wenn ich ihn zurückbekommen würde.

„Ich komme mit, Chan, ich werde dich so nicht allein gehen lassen." Dankend sah ich ihn an.

„Ich werde mir vielleicht noch das Gesicht waschen." Wooyoung nicke.

„Du schaffst das, Chan." Machte er mir Mut und geleitete mich ins Bad.

Im Hof sattelten die Diener ein Pferd für Wooyoung. Dann ritten wir los, einmal durch fast ganz Rom. Ich mied die Hauptstraßen und versuchte auch so keine vollen Plätze zu kreuzen.

Dann waren wir dort. Wächter an den Toren, Wächter überall. Wieder kein Tag, an dem ein Wunder geschehen würde. Wieder kein Tag, an dem ich ihn aus dieser Hölle befreien könnte.

„Was wollen sie hier?" Fragte einer der in Rüstung gekleideten Männer am Tor.

„Wir wollen einen Besuch bei Marcus Iunius Brutus." Meinte Wooyoung standfest und so selbstbewusst, wie ich ihn noch nie erlebt hatte.

„Und was glauben sie wer sie sind?"

„Ich bin der Sohn von Herr Bang." Knurrte ich dann, in mir baute sich eine unglaubliche Wut auf.

„Oh, entschuldigen sie bitte." Der Wächter verbeugte sich und ließ uns eintreten. Wir stiegen vor der Säulenhalle ab und betraten dann das Anwesen.

Felix Pov

Mit einem traurigen Lächeln auf den Lippen streichelte ich über meinen Schenkel. Einige Tränen tropften auf die verblassten Markierungen Chans, die nun mit etlichen Schnitten, welche zu Narben verheilten, übersäht waren. Mein neuer Besitzer hatte das Herz nochmals nachgezogen, doch mit seiner blutigen Klinge einen Riss in die Mitte gesetzt, der tiefer in mein Bein drang als die anderen Schnittwunden. Unter diesem Herz befanden sich seine Initialen, die ebenfalls weit in mein Fleisch geschnitten waren, vielleicht so tief, dass sie nie verschwinden würden.

Ich zuckte zusammen, als ich das Klirren des Schlüsselbundes hörte, das Geräusch, dass durch den langen, dunklen Gang hallte und sich in mein Gehirn einbrannte, wie ein Albtraum, der real geworden war. Wahrscheinlich kam er um mich zu 'füttern' wie er es nannte. Ich schniefte kurz und legte meine Hand auf meinen Bauch, der bereits eine sichtbare Wölbung hatte.

Noch immer dunkel lächelnd erinnerte ich mich daran, wie ich herausgefunden hatte, dass ich ein kleines, unschuldiges Wesen in mir trug. Der eine Tag, an dem die Zellentür offengeblieben war und ich hinausgekrabbelt war, einem leises Summen folgend, dass mich weit in die Tiefe dieses Kellers geführt hatte. Und dann hatte ich ihn kennengelernt, der, der mir erklären konnte, was mit meinem Körper vorging. Was die verstärkten Schmerzen zu sagen hatten und was mein verhärteter, gewölbter Bauch verbarg.

Er, der der erste war, der mich seit Monaten in den Arm genommen hatte und verstehen konnte, was mir passiert war. Er konnte dieses Leid verstehen und hatte mich ein wenig bestärkt, auch wenn ich wusste, dass ich es womöglich nie hier rausschaffen würde.

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YoursWo Geschichten leben. Entdecke jetzt