Kapitel 4 - ein weiterer Vorfall

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Ewan Beasleys Reinigungsunternehmen schrieb in diesem Jahr zum ersten Mal schwarze Zahlen. Vor fünf Jahren, als er beschloss, sich selbstständig zu machen, da war seine Frau Penny seine einzige Mitarbeiterin gewesen. Er und Penny hatten geputzt, was das Zeug hielt, und sie waren dabei nie wählerisch gewesen. Himmel, wie viele Messi-Buden hatten sie schon auf Vordermann gebracht.

Mittlerweile konnte Ewan sich stolz Arbeitgeber von noch zwei weiteren Angestellten nennen. Das Geschäft lief so gut, dass er für seine Familie, für Penny und ihre kleine gemeinsame Tochter Rose, ein altes Haus gekauft hatte. Sehr renovierungsbedürftig, aber egal, es gehörte ihnen. Und täglich kamen mehr Aufträge, so dass er absolut zuversichtlich war, diesem Häuschen bald zu neuem Glanz zu verhelfen.

Der Pickup, mit dem Ewan jeden Tag zur Arbeit fuhr, war allerdings auch so klapprig, dass er grundsätzlich erstmal ein Stoßgebet zum Himmel sandte, bevor er sich auf den zerschlissenen Fahrersitz setzte. Und doch beging er jeden neuen Arbeitstag hervorragend gelaunt. Gerade lief es einfach für ihn.

Für heute stand ein Neubau auf seinem Plan, in den in Kürze ein Herren- und Damenfriseur einziehen würde. Die Eröffnung mit großem Pomp war für nächste Woche geplant. Ihm hatte man den Auftrag erteilt, das einstöckige Gebäude zuvor einer intensiven Reinigung zu unterziehen. Ein äußerst lukrativer Auftrag im Übrigen.

Er parkte seine Klapperkiste auf dem großen Parkplatz, der zu dem gesamten Gebäudekomplex gehörte, klemmte sich den aerodynamischen Schrubber unter den Arm, griff sich den dazugehörigen Eimer mit Auswringfunktion und lief mit beschwingtem Schritt die wenigen Meter zu dem kleinen Geschäftsraum, dessen Fenster noch mit Schutzfolie beklebt waren.

Das Innere des zukünftigen Friseursalons war bereits vollständig möbliert, mit allem, was für fachmännisches Haardesign benötigt wurde. Die Wände leuchteten frisch gestrichen in einem hellen Sonnengelb. Alle Steckdosen waren gesetzt.

Ewan stellte den multifunktionalen Putzeimer auf dem Fliesenboden ab, um sich ein Bild von den Räumlichkeiten zu machen. Meist startete er bei den sanitären Anlagen. Das würde in diesem Fall ein Kinderspiel werden, da die beiden Toilettenschüsseln sowie das Handwaschbecken noch vollkommen jungfräulich waren.

Das Badezimmer lag hinten rechts. Ewan tastete nach dem Lichtschalter und schob den Putzeimer in den fensterlosen Raum. Interessiert blickte er sich um. Hier hatte man mit weißen Fliesen gearbeitet, auf die jedoch, in unregelmäßigen Abständen, schwarze, dünne Muster gesetzt worden waren. Sie wirkten leicht erhaben. Drei D Technik, dachte Ewan.

Das dritte Muster von links bewegte sich. Ewan kniff die Augen zusammen. Bekam er gerade wieder diese Migräne-Aura, unter der er jetzt schon mehrmals gelitten hatte?

Konzentriert starrte er das sich bewegende Motiv an. Auch die anderen schwarzen Ornamente erzitterten jetzt. Sie krabbelten. Sie krabbelten auf ihn zu.

Spinnen, dachte er. Zum Teufel, das sind Spinnen.

Ewan bemerkte, dass sich seine Nackenhaare aufstellten. Das hier war beängstigend. Sein Puls beschleunigte sich merklich, der Atem ging flatterhaft.

Er machte drei Schritte rückwärts. Raus hier, dachte er.

Als hätten die Spinnen sein Vorhaben gewittert, krabbelten sie plötzlich gesammelt auf ihn zu. Sie waren schnell. Sie konnten springen.

Ewan schrie. Zwei der Tiere hatten ihn erreicht. Als das erste zubiss, traten ihm vor Ekel die Augen aus den Höhlen. Dann bemerkte er, dass seine Zunge pelzig wurde. Sein Mund fing an zu kribbeln. Ewan vergaß, zu schreien. Entsetzt bemerkte er, dass seine Hände zuckten. Die Arme, und schließlich auch die Beine. Sie schlotterten unkontrolliert. Sein Zwerchfell verkrampfte sich, er hatte Atemprobleme. Schmerzhaft saugte er die Luft ein. Aber sie erreichte seine Lungen nicht mehr. Ewans Herz krampfte. Seine Beine schlugen noch zwei Mal protestierend auf den Boden. Dann war er tot.

Hierzu habe ich gleich eine Frage - gut, dass ich sie so früh schon stellen kann, bevor ich weitermache und sich vielleicht ein Fehler durch alle folgenden Kapitel zieht.
Ihr seht ja, ich habe hier einen Wechsel der Perspektive, weg von der Ich-Erzähler-Form. Das würde ich gern immer machen, wenn es um die Spinneninvasion geht (Vorfälle, Maßnahmen zum Beispiel). Aber, ist das zulässig? Verwirrt es, oder zerpflückt es die Geschichte? Ich würde mich sehr über Eure Meinung freuen.

VirusWhere stories live. Discover now