Kapitel 15 - Casanova - Nomen Est Omen?

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Ich atmete durch die Nase ein und langsam durch den Mund wieder aus, wobei ich verstohlen die sogenannte Lippenbremse anwandte, eine Technik, mit der man der Hyperventilation vorbeugte. Und das konnte ich jetzt sehr gut gebrauchen, wenn auch die Übung gegen die unschönen Flecken freilich nichts auszurichten vermochte.

Die Jungs kamen zögerlich näher. Von meinem sprichwörtlichen hohen Ross herunter konnte ich beobachteten, wie sie verlegen miteinander tuschelten. Chase grinste, aber er sah nicht in meine Richtung.

„Hey", rief Mia in diesem Moment freundlich, „wartet, wir kommen zu Euch raus."

Sie ließ sich von Olgas Rücken gleiten und führte sie zum Ausgang des Platzes. Ich folgte ihr ein wenig unentschlossen. Noch hatte ich keine rechte Vorstellung, was mich erwartete.

Ich machte mir nicht die Mühe abzusitzen, passierte den Schlagbaum, den Jeremiah für uns öffnete, und parierte Casanova dann unmittelbar vor Chase, der erschrocken zurückwich.

Amüsiert bemerkte ich, wie skeptisch er den großen Fuchswallach betrachtete, so als würde er vor einem Nashornbullen stehen und nicht vor Casanova, der zwar für eine zusätzliche Handvoll Futter über Leichen ging, ansonsten aber absolut friedfertig war.

„Was machen wir jetzt, wollen wir mit den Pferden zum Strand runter?", schlug ich vor.

Endlich sah Chase mich an. Seine blauen Augen leuchteten im hellen Tageslicht noch stärker als sonst.

„Willst du mit dem da schwimmen?", fragte er grinsend und deutete auf das Pferd.

„Nein, er hat Angst vor den Wellen", erwiderte ich, „aber er liebt den Sand."

„Ich bleibe hier und sehe Mia beim Reiten zu", sagte Jeremiah plötzlich unerwartet, worauf diese ihm einen überraschten Blick zuwarf, offenbar aber keine Einwände hatte.

Ich biss mir verlegen auf die Unterlippe. Peinlich! Jetzt wirkte es so, als sei ich darauf aus, allein mit Chase einen romantischen Strandspaziergang zu machen.

Er streckte behutsam die Hand nach Casanova aus und sagte:
„Komm, dann zeig mir mal den Weg zum Meer."

Unschlüssig nahm ich die Zügel auf, bevor ich mich Mia zuwandte.

„Also, wenn ihr beide nicht mitbekommen wollt, würde ich lieber unseren Waldweg vorziehen und in der Nähe bleiben."

Sanft legte ich die Unterschenkel an, bis sich der Fuchs in Bewegung setzte.

Mein Herz machte einen kleinen Hüpfer, als ich realisierte, dass Chase mir tatsächlich folgte. Ich zügelte das Pferd um auf ihn zu warten.

„Und wo führst Du mich jetzt hin?", fragte er.

„Hier, in die Richtung, hat man einen schönen Ausblick aufs Meer. Zum Strand ist es schon ein ganzes Stück, da wären wir ziemlich lang unterwegs", erwiderte ich.

Chase nickte.
„Okay, dann versuchen wir diesen Weg."

Was will er hier? Ist er wegen mir hergekommen,

fragte ich mich, während ich ihn beobachtete, wie er da grinsend neben Casanova herlief.

„Ähm, sag mal, also ......." stammelte ich.

„Ja?"

„Warum seid ihr denn eigentlich gekommen?"

Chase Miene veränderte sich. Er grinste nicht mehr. Stattdessen wirkte er fast ein wenig verlegen. Er blickte wieder zu mir hoch, der Ausdruck in seinen Augen war schwer zu deuten. Verbindlich, hätte ich fast gesagt. Ernst, aber mit einem amüsierten Schimmer darin.

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