Kapitel 35 - The Ones We Hurt Are You And Me

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Angespannt saß ich auf unserer Wohnzimmercouch und wippte ungeduldig mit dem linken Fuß auf und ab. Es war Levys Vorschlag gewesen, heute Abend gemeinsam ins Harrys zu gehen, aber jetzt spannte er mich ganz eindeutig auf die Folter. Zwei mal war er in sein kleines Bürozimmer geeilt, einmal ins Bad, wo ich ihn mit dem Fön hantieren hörte und einmal in unsere Küche, um im Stehen einen vom Frühstück übergebliebenen Bagel zu essen.

Dann endlich nahm er sich die Autoschlüssel vom Board und sagte:

„Kommst du?"

Ich sprang ein wenig zu dynamisch auf, weshalb ich mir den nackten Zeh am Metall des Sofafußes stieß. Fluchend rieb ich über die heftig schmerzende Stelle und humpelte dann in den Flur, wo ich mir sehr vorsichtig die Riemchensandalen anzog.

Levy verzog keine Miene. Naja, Mitleid war noch nie eine seiner Tugenden gewesen.

Schweigend liefen wir nebeneinander her zu seinem kleinen MG, der direkt vor unserem Appartementkomplex parkte. Ich hatte nichts gegen den schnittigen Sportwagen, aber wenn ich auf den Ledersitzen Platz nahm, kam ich mir wirklich vor, als würde ich nur Millimeter über dem Asphalt schweben. So musste es es sich anfühlen, wenn man in einer selbstgebastelten Seifenkiste saß. Nur dass man mit einem solchen Gefährt maximal 25 mph erreichte.

Wobei wir die heute auch nicht gravierend überschritten, denn es waren nur wenige verkehrsberuhigte Seitenstraßen zu fahren, bis man das Harrys erreichte.

Die Sonne bescherte uns einen spektakulären Anblick, in dem sie die Landschaft ringsum in ein flammendes Orange tauchte. Wie Scherenschnitte zeichneten sich die schattigen Hügel Venturas davor ab.

Demonstrativ ließ Levy die Fensterscheibe heruntergleiten und drehte die Musik laut auf.

You're old enough some people say to read the signs and walk away

dröhnten die stimmgewaltigen Worte Supertramps aus den Boxen des Autos.

Ich betrachtete Levy ein wenig verblüfft von der Seite. Er grinste, als er meinen Blick bemerkte.

Mit der Fliegerbrille von RayBan, den kurzen, von der Sonne gesträhnten Haaren und den scharfkantigen Konturen seines Gesichtes sah er sehr attraktiv aus. Sein Profil erinnerte mich an eine steinerne Plastik. Maskuline Schönheit, aber ein wenig emotionslos.

Ich fragte mich, ob wir es schaffen würden, uns einander wieder anzunähern, ob der Zauber, mit dem er mich einmal eingefangen hatte, wieder an Kraft gewinnen könnte.

Wir fanden einen Parkplatz in der Straße, in der sich die kleine Bar befand und mussten nur eine sehr kurze Strecke laufen. Trotz des Gefühls der Vertrautheit, das während der Autofahrt aufgekommen war, unternahm keiner von uns beiden einen Versuch, diese Nähe auszubauen. Wir gingen nebeneinander her ohne uns zu berühren.

Als Levy die Glastür der Bar aufzog bemerkte ich den harten Zug, der sich um seine Mundwinkel legte.

Drinnen war es laut und verraucht, typisch für diese kleine Location und typisch für einen sommerlichen Abend wie diesen, an dem niemand schon abends um einundzwanzig Uhr mit hochgelegten Füßen auf dem Sofa sitzen und sich mit Chicago Hope begnügen wollte.

„Hey Ava, da bist du ja", rief Mia aus und schloss mich in die Arme, während sie Levy freundlich zunickte. Er erwiderte den Gruß, suchte die Bar jedoch augenblicklich nach seinen eigenen Bekannten ab. Auch das war eines der vielen Probleme, die zwischen uns kleine Mauern entstehen ließen: wir bewegten uns in unterschiedlichen Freundeskreisen, weil wir unterschiedliche Interessen hatten. 

Fast schon automatisch blieb ich bei Mia und der üblichen Truppe stehen. Dieses Mal war Erika sogar auch dabei und ich freute mich ehrlich, sie zu sehen. Ich bestellte mir einen Virgin Cosmopolitan bei dem Barkeeper, der mit seinen halblangen Haaren und den braunen Kulleraugen offensichtlich Johnny Depp zu kopieren suchte, als plötzlich Marcus an mich herantrat und mir vertraulich den Arm um die Schulter legte.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 06 ⏰

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