Kapitel 34 - Katy Cool auf Großwildjagd

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Katy betrachtete die in Folie eingeschweißte Falle von allen Seiten.
Die Gebrauchsanweisung informierte darüber, dass die Pappschachtel mit einem Duftstoff versehen war, der Spinnen zuverlässig anlockte. Krabbelten die Tiere erst einmal hinein, blieben sie an den präparierten Wänden kleben.

Das sollte auf jeden Fall vor einem Angriff schützen, aber ich werde zusätzlich entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.

Kurz fragte sie sich, ob sie ihren Freund und Kollegen Paul von ihrem Vorhaben in Kenntnis setzen sollte. Nun, das konnte sie ja spontan entscheiden, im Moment tendierte sie doch eher dazu, den Ausgang ihrer Großwildjagd abzuwarten.

Vorsichtig hob sie Francis Ford von seinem bevorzugten Sessel und ignorierte dabei den langgezogenen Klagelaut, mit dem sich das Tier über diese Behandlung beschwerte.

„Komm mein Junge, du ziehst mal kurz in die Küche um, denn die liegt am weitesten vom Bad entfernt. Da bist du sicher, falls mir das Ding doch mal entwischen sollte."

Katy setzte den Kater auf einen der gepolsterten Küchenstühle, füllte einige Körner des Multiple Cats Trockenfutters in ein Keramikschälchen mit der Aufschrift „Good Boy" und schloss dann sorgsam die Tür hinter sich.

Bevor sie zur Tat schritt, entnahm sie dem Medizinerschränkchen im Badezimmer eine kleine Flasche Ethylacetat, eine lange, schmale Pinzette und einige Wattepads. Aus der obersten Schublade einer wuchtigen Mangoholzkommode fischte sie ein Paar mit Noppen besetzte Arbeitshandschuhe, die sie in Reichweite platzierte. Zuletzt besorgte sie sich ein Schraubgefäß aus Plastik, von der Sorte, die man auch zum Transportieren von Urinproben nutzen kann. Bei dem, was sie geplant hatte, konnte man wirklich nichts dem Zufall überlassen.

Aus einer Schachtel, die auf dem gefliesten Badezimmersims direkt neben einer Packung Kleenex stand, nahm sie sich einen Mundnasenschutz, entfernte die Plastikfolie und legte die Maske an.

Ihre Hände zitterten und auf ihrer Oberlippe bildete sich ein dünner Schweißfilm, als sie sich langsam auf dem Rand der Badewanne niederließ. Unter ihrer Atemmaske begann ihre Haut unangenehm zu jucken. Sie ignorierte es.

Mit spitzen Fingern riss sie die Verpackung an der perforierten Stelle auf und zog eine kleine Pappschachtel hervor. Da sich der Eingang der Falle allerdings auf der Seite befand, schnitt Katy mit einer Nagelschere einen kleinen Kreis in den Kartonboden. Die eigentliche Öffnung ließ sie verschlossen.

„Jetzt wird es brenzlig", flüsterte sie, beugte sich über den Rand der Badewanne und entfernte mit spitzen Fingern den durchsichtigen Abflussstop. Mit der anderen Hand stülpte sie das präparierte Kästchen über den Ausguss.

Ihr Herz raste und sie zwang sich, langsam zu atmen. Wenn sie hier anfing zu hyperventilieren, konnte das böse enden. Konzentrationsfehler durfte sie sich nicht leisten.

In Gedanken zählte sie während des Einatmens bis zehn, um dann die Luft wieder langsam und kontrolliert durch die gespitzten Lippen entweichen zu lassen. Schon besser. Jetzt galt es abzuwarten.

Doch nichts geschah. Katy starrte so konzentriert auf die Pappschachtel, dass sie vor ihren Augen verschwamm. Sie kniff die Lider fest zusammen. Es half nicht viel. Die kleine Uhr, die über der Zimmertür hing, tickte gleichmäßig, während der schmale schwarze Zeiger unaufhörlich weiter wanderte. Minute um Minute.

Nichts passierte.

Also schön, dann muss ich mir irgendwas anderes überlegen.

In diesem Moment bewegte sich die Schachtel.

Katy fuhr wortwörtlich der Schreck in die Glieder. Ihre Fingerkuppen schmerzten, so als hätte sie einen Stromschlag erlitten.

Leises Trappeln drang aus dem Inneren der Falle.

Tapp, tapp, tapp

Für einen Moment war die sonst so coole Katy völlig bewegungsunfähig.

Es dauerte noch weitere Sekunden, dann sammelte sie sich und machte ihrem Namen wieder Ehre. Der analytische Teil ihres Gehirns übernahm und ließ sie schnell und besonnen agieren. Sie schlüpfte in die bereitgelegten Handschuhe, presste ihre Finger auf die Oberfläche der Schachtel und schob sie, mit Zuhilfenahme ihres Daumens weg von der Abflussöffnung auf die glatte Emaille der Badewanne. Dann hielt sie die Luft an, gab einen Tropfen des Ethylacetats auf das Wattepad, und schob es mit der Pinzette vorsichtig an den Rand des kleinen Pappkartons. Nach einigen Sekunden hob sie die Schachtel um etwa vier Millimeter an und drückte die Watte vollständig unter die Falle.

Sie wartete weitere Sekunden ab.

Erst dann nahm sie das geöffnete Plastikgefäß und bestückte es mit einer neuen Ladung des Lösungsmittels.

Vorsichtig und langsam hob sie die Falle an.

Das Ethylacetat zeigte seine erwartete Wirkung. Aus der Öffnung hingen schlaff zwei Spinnenbeine. Katy nutzte die Pinzette, um das regungslose Tier aus der Schachtel zu ziehen.

Sie ließ es schnell in die Plastikflasche fallen und wagte erst dann einen genauen Blick. Die Spinne war unspektakulärer als erwartet. Sie ähnelte, was Größe und Farbe betraf, der Braunen Einsiedlerspinne. Die Beine dieses Tieres waren lang und recht fleischig, aber nicht behaart und rundlich,  wie beispielsweise die der ungefährlichen Tarantel. Katy konnte kräftige Beißwerkzeuge erkennen - auch nicht außergewöhnlich, denn über solche Kieferklauen verfügten ebenfalls viele in Nordamerika ansässige Arachniden.

Wie auch immer! Nun galt es herauszufinden, welche Zusammensetzung das Gift dieses Exemplares hatte. Und wie es möglich war, dass sich durch den Biss hervorgerufene Symptome weiterverbreiten konnten.

Entschlossen schraubte Katy den Deckel auf den Behälter und verstaute ihn in einem kleinen Hartschalenkoffer, der die Größe einer Kosmetikschatulle aufwies. Ungeduldig riss sie sich die Maske vom Gesicht und rieb mit den Fingerkuppen über die geröteten Stellen ihrer Haut. Ein Blick in den Spiegel ließ sie erschrocken zurückweichen.  Ein pubertärer Jüngling mit heftiger Akne konnte auch nicht schlimmer aussehen!

Sie befreite ihren Kater aus der Küche, überhörte dabei allerdings seine in bester Katzenmanier hervorgebrachte Schimpftirade.

„Ich bin bald wieder zurück", erklärte sie dem offenbar zutiefst beleidigten Tier, während sie in ein paar schnürsenkellose Sneaker schlüpfte. Dann schnappte sie sich den Schlüsselbund und machte sich eilig auf den Weg ins Labor.

***

SgtDumpling
Universediver
Trude441

Ihr Lieben, Ihr hattet Recht, es gibt doch eine andere Möglichkeit, Spinnen zu betäuben, entweder mit Kohlendioxid oder mit Ethylacetat (für das ich mich entschieden habe). Das zumindest sagte mir ChatGPT.

Danke für Eure Gedanken und Anregungen - dieses Kapitel widme ich Euch!

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