3. Kapitel

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Ich starre auf meinen Toast und unterdrücke ein Gähnen.

Es ist schon relativ spät und theoretisch könnte man mein Frühstück auch als Mittagessen bezeichnen, aber nachdem ich Silas gestern noch geholfen habe, auf die Welpen aufzupassen, bin ich trotzdem noch müde.

Ich streiche mir Marmelade auf das Toast und beiße eine Ecke ab, während ich mitleidig an Silas denke, der nicht wie ich ausschlafen konnte, sondern zur Schule musste.

Der einzige Grund, warum ich nicht im Unterricht sitze und dagegen ankämpfen muss einzuschlafen, ist, dass die Alphafamilie des anderen Rudels heute zu Besuch kommt und ich als nachfolgender Alpha anwesend sein sollte.

Mein Vater stürmt in die Küche. Sein gehetzter Blick fällt auf mich: „Bist du immer noch nicht fertig?"

Ich stopfe mir schnell den Rest Toast in den Mund und nuschle eilig ein „Doch!" hinterher.

Gerade diesen Moment sucht sich meine Mutter aus, um ebenfalls die Küche zu betreten. Sie mustert erst meinem Vater, dann meine vollgestopften Backen.

Sie runzelt die Stirn: „Adrian, Schatz, du hast doch nicht vor, dem Alpha in diesem Hemd entgegenzutreten? Und Eric, schling dein Essen nicht herunter! Ich hoffe, du hast noch vor deine Haare zu kämmen, das kann man wohl kaum als anständige Frisur bezeichnen! Hast du eigentlich schon Wasser aufgesetzt, falls unsere Gäste auf einen Tee hereinkommen wollen?"

Ohne auf eine Antwort zu warten, rauscht meine Mutter aus der Tür, ohne dass ein einziges Haar aus ihrem Dutt gleitet.

Mein Vater setzt eine leidende Miene auf: „Es gibt kein Entkommen..."

Er zwinkert mir noch kurz zu, verwuschelt meine Haare noch ein bisschen mehr und läuft dann mit einem „Hanako, jetzt fahr doch mal einen Gang runter, mein Engel!" meiner Mutter hinterher.

Ich grinse, das Treffen wird sicherlich unterhaltsam.


Zwanzig Minuten später hat uns Alexander, der Beta meines Vaters, per Link darüber informiert, dass die Alphafamilie gleich ankommt und wir stehen vor dem Haupthaus der Siedlung und erwarten unsere Gäste.

Meine Mutter fährt mir gerade noch ein letztes Mal über die Haare, im verzweifelten Versuch meine Mähne zu bändigen, als mein Vater sich instinktiv aufrichtet und gerader hinstellt.

Meine Mutter lächelt mir kurz beruhigend zu, bevor sie an die Seite meines Vaters tritt und ihre Position als Luna des Rudels einnimmt. Ich flankiere meinen Vater von der anderen Seite und wippe unruhig auf und ab.

Der Teil des Rudels, der gerade vor Ort ist hat sich auf dem Platz vor dem Haus versammelt und wartet gespannt auf die Ankunft der Alphafamilie.

Begleitet von Alex laufen drei Personen auf uns zu.

Der Mann, der vorneweg läuft, hat die einnehmende Präsenz eines Alphas, ebenso wie der Junge neben ihm.

Die grauen, kurzen Haare des Mannes unterstreichen sein strenges Auftreten und unwillkürlich versteife ich mich etwas.

Mein Blick schweift zu dem Jungen, der nur ein oder zwei Jahre älter als ich wirkt. Der stolze Blick in seinen grünen Augen verwirrt mich für einen Moment, als er mich dann aber freundlich anlächelt, entspannen sich meine Muskeln wieder etwas.

Er wirkt nett und aufgeschlossen. Nicht zu dominant. Ich atme erleichtert aus, vielleicht wird das mit dem gemeinsamen Rudel sogar klappen!

Halb versteckt hinter den beiden anderen Gestalten, bemerke ich erst jetzt das Mädchen, das sie beiden Alphas begleitet.

Wahrscheinlich die Schwester des Jungen, denke ich und mustere sie genauer.

Ich ziehe scharf die Luft ein.

Die Haare ihres Bruders glimmen bronzefarben, ihre Locken hingegen leuchten in einem atemraubenden Feuerrot und reichen ihr den halben Rücken hinunter.

Mein Magen kribbelt freudig, mein Herz flattert und ich zittere vor Aufregung.

Irgendetwas passiert hier, ich spüre es. Etwas bedeutendes. Etwas Weltenveränderndes.

Mein Wolf schleicht sich in meine Gedanken, mindestens genauso aufgeregt und unruhig wie ich.

Meine Haut ist heiß. Ihre ist mit tausend Sommersprossen bedeckt.

Aber alles, was ich sehe, sind die Augen des Mädchens, als sie die Menge betrachtet, die sie begrüßt.

Braun mit grünen Sprenkeln, umrahmt von dichten Wimpern.

Ihr Blick streift über meine Mutter, meinen Vater und ...

Und mich.

Mein Atem stockt. Das ist sie. Ich habe auf sie gewartet. Immer nur sie.

Mein Wolf ist kaum zu bändigen. Das ist sie.

Die Sekunden, in denen sie mich anblickt -mich, nur mich- strecken sich zu einer Ewigkeit.

Ich bin gefangen in diesem Augenblick.

Bis ihr Blick weiter schweift und sie Alex neben mir mustert.

Hä?

Hat sie nicht dasselbe gespürt wie ich?

Wie kann sie sich dem so einfach entziehen, diesem Gefühl, diesem Moment?

Ich fühle mich seltsam betrogen. Etwas fehlt. Etwas entscheidendes wurde mir einfach so wieder weggenommen. Mein Wolf läuft quasi Amok in meinem Kopf.

Ich verstehe es nicht.

Sie ist meine Mate!

Aber warum spürt sie das nicht?


Sorry, für den fliegenden Übergang zwischen den Kapiteln, ich wollte endlich mal so richtig mit der Story beginnen ^^

Das mit dem Cliffhanger tut mir leid ... Also zumindest ein bisschen 😉

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