12. Kapitel

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Ich bin müde. Trotzdem kann ich keine Sekunde stillstehen. Fast schon hektisch laufe ich auf und ab und wieder auf.

Immer im Kreis. Genau wie meine Gedanken.

Ich bin in Eric verliebt. Mein Mate weiß es. Mein Mate ist nicht in mich verliebt. Eric ist nicht in mich verliebt. Ich bin allein. Und ich bin in Eric verliebt.

Am Anfang hat es sich echt schön angefühlt in jemanden verliebt zu sein. Das warme Kribbeln in meinem Bauch und dieses atemlose Glück.

Als könnte ich für immer rennen. Als könne ich fliegen. Als könnte ich ... alles.

Ich habe jahrelang von einem Leben geträumt, in dem er an seinen 17. Geburtstag auf einmal weiß, dass wir füreinander bestimmt sind.

Stattdessen ist er 17 geworden und es ist alles so geblieben wie es war. Wir waren also keine Mates. Ich habe nächtelang geheult deswegen.

Und irgendwann habe ich versucht, die Gefühle zu verdrängen und zu vergessen. Ich habe mich bemüht ihm immerhin der beste Freund zu sein, der ich sein kann. Einfach weil ich immer noch alles für ihn tun würde.

Und jetzt weiß Lyall davon. Wird er es jemanden erzählen? Aber dann müsste er auch zugeben, dass wir Mates sind, oder? Also wahrscheinlich sagt er nichts.

Er hat ja auch nichts mit mir zu tun. Er mag mich schließlich nicht.

Ich fühle mich seltsam schuldig. Ich habe mir letztendlich auch nur einen Mate gewünscht, damit ich meine Gefühle für Eric vergessen kann. Damit ich mich verlieben kann, ohne etwas dafür tun zu müssen. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob ich wirklich verliebt bin.

Die Vorstellung mich in einen so engstirnigen Idioten zu verlieben, bringt mich fast zum Kotzen. Aber trotzdem wird es ganz warm in meinem Bauch, wenn ich an ihn denke. Und irgendwie macht mich das genau so glücklich, wie wütend.

Aber es bringt doch nichts sich darüber den Kopf zu zerbrechen.

Lyall wird sich nie in mich verlieben. Genau so wenig wie Eric.

Ich bin allein. Und ich bin immer noch in Eric verliebt.

Wütend fahre ich mir durch die Haare. Ich muss dringend diese Gedanken loswerden.

Am besten ich gehe raus, eine Runde laufen. Es ist schließlich noch hell. Und es ist schön kalt draußen, das wird meinem heißen Gesicht gut tun.

Ich schlüpfe aus meinen Klamotten und verlasse als Wolf das Haus.

Urgh, vielleicht keine so gute Idee. Ich suche unterbewusst sofort nach Lyalls Geruch und will ihm schon fast automatisch aus dem Lager heraus folgen, bis ich meinen Wolf unter Kontrolle kriege und auf den Wald zusteuere.

Ich fange an mit rennen und auf einmal sind nur noch die Bäume und der kalte Geruch nach Schnee wichtig. Nur noch der peitschende Wind und das Gefühl angespannter Muskeln.

Und der plötzliche, brennende Schmerz, der mein Vorderbein hinaufschießt.

Brutal werde ich in meiner Bewegung zurückgerissen und ich spüre meine Haut am Bein reißen.

Ich jaule auf, zu erschrocken, um den Schmerz wirklich zu registrieren. Nur langsam arbeitet sich das rote Pulsieren in mein Bewusstsein und ich heule laut auf.

Vorsichtig linse ich zu meiner Vorderpfote.

Eine Bärenfalle hat ihre Zinken tief in mein Fleisch gebohrt.

Woher kommt die? Sind etwa Jäger im Wald? Aber hier ist Naturschutzgebiet!

Ich versuch behutsam meine Pfote aus der Falle zu bekommen, was natürlich nicht funktioniert. Dafür bräuchte ich schon Hände.

Ich schließe die Augen und versuche mich zu Verwandeln. Aber der Schmerz pocht zu stark durch meinen Körper, als das ich mich konzentrieren könnte.

Ich schnaube frustriert und probiere noch einmal mein Bein frei zu bekommen. Dieses Mal bin ich allerdings zu hastig und das Metall verbeißt sich noch stärker in meinem Fleisch. Ich kann nur hoffen, dass der Knochen nicht beschädigt wird.

Heiße Wellen purer Schmerz fluten meinen Körper, immer und immer wieder. Langsam spüre ich Panik in mir aufsteigen. Die Schmerzen sind kaum auszuhalten.

Meine Instinkte nehmen Überhand und ich spüre am Rande meines Bewusstseins, wie mein menschlicher Geist verblasst. Ich lecke hastig über das Blut, das aus der Wunde austritt.

Für einen Moment existiert nur noch der metallene Geschmack von Eisen.

Und dann, ganz vorsichtig, beginnen meine Zähne an meinem Bein zu nagen.

Ich muss hier weg. Die Schmerzen sind unerträglich und ich muss Schutz suchen.

Wenn jemand eine Falle aufgestellt hat, kommt er sie auch irgendwann kontrollieren. Während meine Schnauze zittert, um alle Gerüche wahrzunehmen, zucken meine aufgestellten Ohren in alle Richtungen. Aber alles was ich rieche ist der schwere Geruch von Blut und ich kann nur meinen hektischen Herzschlag hören, der selbst das Geräusch meiner Zähne übertönt.

Gefahr!

Ich muss hier weg, Ich muss Schutz suchen. Ich muss weg, koste es was es wolle.

Meine Zähne bohren sich tiefer in das Fleisch. Wenn ein Mensch kommt, werde ich sterben.

Menschen sind gefährlich. Ich muss tiefer in den Wald, Schutz suchen.

Ich muss hier weg.

Mein Kopf schnellt nach oben.

Da kommt jemand.

Ich wittere vorsichtig, um die Gefahr einschätzen zu können. Vielleicht ist es nur ein Hase?

Stattdessen fängt meine Nase den scharfen Gestank von Schießpulver auf.

Ich werde sterben.


Ich hab ja gesagt, in dem Kapitel wird es noch schwerer für Silas ;-;

Aber keine Sorgen, irgendwann geht es auch für ihn bergauf!

Bis dahin kommt erstmal wieder ein bisschen was aus Erics Sicht, ihr habt ihn sicherlich vermisst 😉


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