15. Kapitel

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Ich laufe ins Haus und schaue mich nur einmal kurz danach um, ob Lyall mir auch wirklich folgt.

Ich deute mit einem Kopfnicken zur Küche, Warte auf mich, ich komm gleich!

Dann springe ich die Treppe nach oben, bevor ich mich verwandle und in gemütliche Kleidung schlüpfe. Ohne Kleidung war es ziemlich kalt im Wald, auch wenn es nur kurz war.

Als ich die Küche betrete, sitzt Lyall auf einem der Stühle und starrt gedankenverloren aus dem Fenster. Er reagiert kein bisschen auf meine Ankunft, ich bin mir nicht einmal sicher, ob er mich überhaupt hört.

Erst als ich mir auch einen Stuhl an den Tisch ziehe und mich zu ihm setze, dreht er sich zu mir.

Er sieht müde aus. Fast so müde, wie ich mich fühle. Und traurig.

„Es tut mir leid!", bricht es schließlich aus ihm heraus.

Ich lege den Kopf schief: „Willst du mir nicht erstmal erklären, was genau zwischen euch passiert ist, dass Silas so ausrastet? Ich wusste nicht mal, dass ihr euch kennt!"

Lyalls Blick schweift wieder aus dem Fenster. Ich warte ungeduldig und trommele mit den Fingern auf der Tischplatte herum.

„Wir haben uns gestern das erste Mal getroffen. Sagen wir mal, es lief nicht sonderlich gut... Und deswegen wollte ich heute noch einmal mit ihm sprechen, aber Silas... Er ist so wütend geworden. Und so verzweifelt... Und dann sind ihm Dinge rausgeplatzt, von denen er nicht wollte, dass ich sie weiß."

Lyall mustert mich mit seinen blauen Augen, als würde er eine bestimmte Reaktion von mir erwarten. Ich schaue nur fragend zurück und er wendet den Blick ab. Ist er etwa sauer? Er sieht zumindest irgendwie so aus... Ist er wütend auf mich? Aber warum?

Verwirrt schüttele ich den Kopf, um etwas Klarheit in meine Gedanken zu bekommen: „Und was genau war das jetzt?"

Lyalls Miene verdüstert sich: „Ich erzähl doch nicht einfach so seine Geheimnisse herum!"

Ich zucke mit den Schultern: „Ich weiß sowieso alles von ihm, aber gut."

Der Rotschopf mir gegenüber schüttelt sachte den Kopf: „Es gibt sicherlich einiges über ihn, dass du nicht weißt!"

So langsam regt mich der Kerl auf. Warum tut der so, als würde er Silas, den er erst gestern getroffen hat, besser kennen als ich?

Ich öffne gerade den Mund, um ihm eine Antwort an den Kopf zu knallen, als meine Mutter in die Küche läuft. Sie schlingt besorgt ihre Arme um mich: „Es ist schlimmer als gedacht! Silas ist zwar aufgewacht, aber er erkennt nicht einmal seine Eltern wirklich. Alex und Marie kommen fast um vor Sorge. Wenn er nicht bald den Arzt an sein Bein lässt, könnte die Wunde sich womöglich entzünden und Silas könnte sein Bein komplett verlieren!"

Sie streicht mir über den Rücken, aber ich weiß nicht, ob sie sich selbst oder mich damit beruhigen will. Ich drücke den Arm sanft weg: „Ich geh zu ihm. Vielleicht kann ich ja irgendwie helfen!"

Schon bin ich aus der Tür und auf dem Weg zur Krankenhütte. Ich bemerke erst, dass Lyall mir folgt, als ich schon vor der Tür stehe.

Ich werfe ihm einen abschätzigen Blick zu. Hält er es etwa für eine gute Idee zu Silas zu gehen?

An der Tür fangen uns Marie und Alex ab.

„Ihr solltet euch verwandeln, wenn ihr zu Silas wollt. Er reagiert überhaupt nicht gut auf Menschen." Marie hat sich in seinen Armen vergraben und weint leise. Alex breite Schulter sind zusammengesunken und er sieht so klein aus. Ich schlucke schwer.

Lyall und ich streifen unsere Kleidung ab, bevor wir als Wölfe die Hütte betreten. Ich mustere Lyalls Gestalt aus den Augenwinkeln. Sein Pelz hat dieselbe bronzene Farbe wie seine Haare in Menschengestalt und seine Augen leuchten in einem hellen Blau.

Als wir das Krankenzimmer betreten, fällt mein Blick sofort auf Silas, der ruhelos im Raum herumhumpelt. Bei jedem zweiten Schritt gibt sein verletztes Bein nach und er stolpert leicht. Die Wunde sieht schlimm aus. Halb getrocknetes Blut und Schorf, der bei jeder Bewegung wieder aufreißt, umrahmen ein klaffendes Loch in seinem Bein.

Ich winsele leise, um ihn nicht zu erschrecken. Silas schaut auf und japst einen Laut purer Glückseligkeit. Verwirrt lege ich die Ohren an. Warum genau ist er jetzt so froh darüber, mich zu sehen?

Er stolpert schnellen Schrittes auf mich zu, aber gerade als ich ihm freundlich die Wange lecken will, zieht er an mir vorbei und drückt seinen zitternden Körper an Lyall.

Lyalls Blick huscht kurz zu mir, bevor er sich Silas zu wendet und ihm die Schnauze an die Flanke drückt. Ungeachtet seiner Verletzung schiebt sich Silas unter Lyalls Kopf und beschützt die Kehle des größeren Wolfs. Dann schielt er mit angelegten Ohren zu mir herüber und bleckt die Zähne.

Lyall guckt beschämt zu mir und bedankt sich für Silas Schutz mit einem leisen Bellen und einem Schwanzwedeln. Dann verlässt er Silas Seite und versucht ihm zu signalisieren, dass ich keine Gefahr für ihn darstelle.

Ich bin viel zu verwirrt von der Situation, um auf irgendetwas zu reagieren.

Silas hat Lyall beschützt. Er hat mich nicht erkannt, aber er hat trotz eigener Schmerzen versucht Lyall zu beschützen.

Ich blicke Lyall finster an und beginne zu knurren, Du bist sein Mate!

Die Gestalt vor mir sinkt sichtbar zusammen und Silas eilt sofort an seine Seite, um ihn zu unterstützen.

Du bist sein Mate! Darüber habt ihr euch gestritten, oder? Göttin, was hast du zu ihm gesagt, du Arsch? Du bist Schuld und er... Scheiße, er beschützt dich jetzt, ernsthaft?, wütend beginne ich auf und abzulaufen. Er hat das nicht verdient. Silas würde ihn bestimmt hassen, wenn er bei Bewusstsein wäre! Was hat der Idiot ihm nur gesagt, dass Silas derart durchdreht?

Tut mir leid, Lyall klingt so klein und gebrochen in meinem Kopf, dass es mich aus meiner Gedankenspirale herauszieht.

Ich schnaube frustriert, Ändern können wir daran eh nichts mehr! Aber du wirst gefälligst auf ihn aufpassen, so lange er...

Ich bringe es nicht über mich, Silas Situation auszusprechen.

Wenn es ihm wieder besser geht, redet ihr! Das ist eure Sache, aber wenn du ich wehtust, bringe ich dich um!

Lyall nickt und windet sich, Ich wollte nicht, dass das passiert!

Ich seufze und wende mich ab, Du kümmerst dich um ihn! Er reagiert auf dich und er erkennt dich als sein Mate, also wirst du bei ihm bleiben! Ich gehe den Arzt holen, er kann Silas bestimmt behandeln, wenn du bei ihm bleibst und ihn beruhigst.

Lyall senkt den Kopf, Könntest du keine große Sache draus machen? Das mit dem Bund... Das müssen ja nicht alle erfahren, oder? Ich meine, es wird sowieso nicht...

Es werden die Leute erfahren, die es erfahren müssen, damit mein bester Freund nicht stirbt, nur weil sein Mate ein Idiot ist!, knurre ich und verlasse den Raum.

Was hat sich die Göttin nur dabei gedacht, Silas, die netteste Seele, die ich kenne, mit so einem Schwachkopf zu maten?!?

Ich hoffe nur, er geht seiner Verantwortung nach und sorgt für Silas!


Ein bisschen später als sonst, ich weiß 0.o

Sorry, mir ging es nicht so gut gestern und kam nicht dazu, etwas Produktives zu machen...

Naja, es hat sich gut angefühlt, dass jemand endlich mal Lyall die Meinung geigt! Vielleicht wird er ja jetzt ein bisschen weniger idiotisch?

Wir können gespannt sein!


By your sideWhere stories live. Discover now