30. Kapitel

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Ich starre auf den Gewehrlauf vor mir. Ich schlucke und bete still, dass der Mann nicht schießen wird. Aus welchem Grund auch immer.

Warum ist er hier? Sind das immer noch die Jäger, die Silas erwischt haben? Warum sind die nicht abgehauen? Warum hat mein Vater nichts davon erzählt? Weil sie ins andere Territorium gewandert sind?

Meine Gedanken rasen und ich überlege fieberhaft, was ich tun kann. Fragen kann ich stellen, wenn ich in fünf Minuten noch nicht tot bin!

Das Wichtigste ist Valerie zu beschützen. Aber wenn er mich abknallt, wird er sicher danach Val umbringen, also sich einfach ergeben ist schon mal keine Möglichkeit.

Vielleicht könnte ich mich verwandeln, aber ich würde mich wahrscheinlich hoffnungslos in meiner Kleidung verheddern. Und ich darf mich nicht vor einem Menschen verwandeln.

Reden hat auch nicht funktioniert.

Aber der Typ ist betrunken. Vielleicht kann ich ihn auch in dieser Gestalt überwältigen?

Der Jäger schnauft auf und zielt auf den Punkt zwischen meinen Augen.

Jetzt oder nie!

Ich greife nach dem Gewehrlauf und drücke ihn zur Seite, während ich gleichzeitig einen Schritt nach vorne mache und dem Mann meine Faust ins Gesicht ramme.

Hinter mir keucht Valerie überrascht und vor mir taumelt der Mann fluchend zurück.

„Was soll das, du Mistvieh? Denkst du etwa du hast ein Recht auf irgendwas? Du bist ein verdammtes Tier!", heischt er und hebt sein Gewehr erneut. Ihm rinnt Blut aus der Nase und seine Hand huscht kurz nach oben und betastet seinen Nasenrücken, bevor er hastig das Blut abwischt.

Valerie stürzt nach vorne und nutzt den kleinen Moment der Unaufmerksamkeit.

Blitzschnell ist sie hinter dem Jäger und tritt ihm die Beine weg. Dann springt sie auf seinen Rücken und greift blindlinks nach dem Gewehr.

Sie und der Mann ringen darum und ich sehe für einen Augenblick nur zu, bis mich Vals Schrei aus meiner Starre reißt.

„Scheiße, lass das los! Was haben wir dir denn getan?", sie hängt immer noch über der Schulter des Typen und er holt aus, um sie zu schlagen und sich von ihr zu befreien.

Ich stürme zu den beiden und werfe mich schützend zwischen Vals Oberkörper, der über die Schulter des Jägers hängt und der Faust, die auf mich zu schnellt. Ich reiße meine Arme nach oben und versuche, den Schlag möglichst abzuwehren.

Ich bin zu langsam und die Faust gräbt sich in meine Magengrube. Mir bleibt kurz die Luft weg, aber der Schlag war leichter als ich erwartet hatte. Er scheint es nicht gewohnt zu sein, mit links zu schlagen.

„Lass sie in Ruhe!", knurre ich und ich spüre, wie die Instinkte meines Wolfes in mein Bewusstsein sickern. Mein Mate ist in Gefahr und ich werde eher sterben, als dass ich zulassen werde, dass ihr etwas passiert.

Ich höre Schritte, die sich aus dem Wald nähern und ein Funken helle Panik schwirrt mir durch den Kopf. Verstärkung für den Jäger?

„Runter da!", rufe ich Valerie zu und packe die Hand des Jägers, während ich warte, dass Val meinen Worten Folge leistet.

Sie lässt das Gewehr nicht los, aber rutscht von der Schulter des Mannes nach vorne.

Unsere Blicke treffen sich kurz, dann wird sie von einem Ziehen am Gewehrlauf abgelenkt und ich trete dem Jäger in die Kniekehle.

Er sackt nach vorne und ich ramme ihm mein Knie ins Gesicht. Ich höre ein schmatzendes Knacken und weiß, dass seine Nase diesmal gebrochen ist. Es hört sich genauso an, wie wenn man einem Kaninchen das Genick bricht.

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