16. Kapitel - Lyall

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Ich gähne müde und kuschele mich ein bisschen näher an den warmen Pelz neben mir.

Ich habe mich in den letzten drei Tagen daran gewöhnt neben Silas einzuschlafen und aufzuwachen. Vielleicht werde ich es sogar vermissen, wenn Silas wieder normal ist.

Ich öffne die Augen und betrachte die schlafende Gestalt, an die ich mich anschmiege.

Wem mache ich eigentlich etwas vor? Ich werde es auf jeden Fall vermissen.

Solange nur Silas und ich in seinem Zimmer existieren ist alles einfach und ich muss mir keine Gedanken darüber machen, was passieren wird, wenn wir den Raum verlassen.

Es lebt sich einfacher als Wolf, am liebsten würde ich in dieser Gestalt bleiben.

Ich erhebe mich und verlasse den Raum. Silas bleibt zusammengerollt liegen.

Im Flur schüttele ich meinen Pelz durch und schlüpfe ins Bad, wo ich mich verwandle. Wieder vollständig bekleidet gehe ich die Treppe nach unten und betrete die Küche.

Ich wohne zwischenzeitlich bei Silas Eltern, damit ich sie mit der Pflege von Silas unterstützen kann. Eric hat sie darüber informiert, warum Silas mich erkennt, aber sie haben mich glücklicherweise nicht weiter darauf angesprochen.

Statt Alex freundlichem Gesicht oder Maries sanften Augen, erwartet mich heute allerdings mein Vater in der Küche. Ich sehne mich für einen Moment zurück zu Silas. Dann lächle ich vorsichtig.

„Hi, wie läuft es auf der anderen Seite?", ich nehme mir eine Scheibe Brot und suche nach der Marmelade.

„Nicht gut, um ehrlich zu sein. Wir müssen die Vereinigung des Rudels voranbringen!", mein Vater mustert mich, während ich mein Brot mit Erdbeermarmelade bestreiche: „Wie lange planst du diesem Schwächling noch hinterherzulaufen?"

Ich zucke innerlich bei seinen Worten zusammen. Mein Wolf will ihn am liebsten anknurren, dafür dass er meinen Gefährten beleidigt hat. Aber ich atme nur tief durch: „Wenn es ihm wieder gut geht und er sich an seine menschliche Form erinnert."

Mein Vater schnaubt missbilligend: „Wenn das bis jetzt noch nicht passiert ist, wird es sich auch nicht dadurch ändern, dass du um ihn herumtanzt!"

Er steht auf und legt mir seine Hand auf die Schulter. Ich verschlucke mich fast an meinem Brot vor Schreck.

„Ich verstehe, dass du ihm helfen willst. Ich war dem Mate-Bund auch einmal hilflos ausgeliefert! Aber du kannst eine hoffnungslose Beziehung nicht über dein eigenes Rudel stellen! Der Junge bedeutet dir ja nicht einmal etwas, oder?"

Ich starre meinem Vater in die Augen: „Nein. Du hast absolut recht. Aber ich sollte zumindest bei ihm bleiben, bis sein Bein verheilt ist. Er wird schließlich auch irgendwann zu meinem Rudel gehören, nicht?" Ich grinse gezwungen.

Mein Vater lacht: „Da liegst du gar nicht so falsch. Ich hatte wohl deinen Sinn für die Rudelpolitik unterschätzt! Du wirst wirklich irgendwann ein fantastischer Alpha sein!"

Dass meine Position nicht gesichert ist, ignoriert er. Ich beiße die Zähne zusammen. Zumindest mit Silas hat er Recht.

Ich werde den Bund irgendwann lösen, egal wie sehr ich ihn gerade genieße. Er bedeutet eine Schwäche. Silas bedeutet eine Schwäche. Und ich kann mir keine Schwäche leisten. Egal wie sehr ich es will.

Ich schlucke mühsam meinen letzten Bissen Brot herunter und verabschiede mich von meinem Vater. Ich mache einen Spaziergang im Lager.

Seit wann will ich eigentlich einen Bund zu Silas? Ich nehme an, mein Innerstes konnte sich dem Bund nie wirklich entziehen, aber seit wann gestehe ich mir das ein?

By your sideWhere stories live. Discover now