Nachts im Stall

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Der Wind blies durch Hicks braunes Haar, als er gemeinsam mit seinem Nachtschatten Ohnezahn einen Looping flog. Der Mond schien in einem milchigen Weiß auf die beiden herab und man konnte einige Sterne am schwarzen Nachthimmel aufblitzen sehen.
Nachdem sie wieder eine Weile geradeaus geflogen waren, tätschelte Hicks Ohnezahn am Hals und flüsterte ihm zu: "Na komm, Kumpel, wir müssen wieder zurück zur Drachenbasis. Du weißt, dass wir morgen viel vorhaben."

Als die beiden im beinahe vollkommen dunklen Stall der Drachenbasis landeten, brachte Hicks seinen Drachen in dessen Stallabteil und lehnte die Tür an. "Gute Nacht,Kumpel. Schlaf dich aus, morgen wird ein sehr langer Tag", gähnte Hicks und streckte sich ausgiebig.
Der schwarze Drache, der es sich bereits auf dem Boden gemütlich gemacht hatte, gurrte zur Antwort und schloss dann seine Augen.

Hicks machte sich auf den Weg in seine Hütte, um auch endlich ins Bett gehen zu können. Er war gerade an dem schlafenden Riesenhaften Alptraum Hakenzahn und an der schnarchenden Gronckeldame Fleischklops vorbeigeschlichen um den Stall zu verlassen, als er plötzlich ein Schluchzen vernahm.
Er blieb stehen und lauschte. Da war es erneut. Es kam aus Sturmpfeils Box!
Langsam schlich er näher an das Schluchzen heran, bis er Astrid entdeckte, die zusammengekauert in einer Ecke von Sturmpfeils Stallabteil saß. Sie hatte ihre Beine angezogen und ihre Arme darum geschlungen. Ihr Gesicht hatte sie in ihren Knien vergraben.
Sie schluchzte erneut und ihr ganzer Körper wurde davon durchgeschüttelt.
Als Hicks das sah, rannte er das letzte Stück, das ihn noch von Astrid trennte, und ließ sich neben der weinenden, jungen Frau nieder.
Als sie bemerkte, dass jemand neben ihr war, hob sie langsam ihren Kopf und er sah ihre bereits rot geweinten Augen. Ihr Tränen nasses Gesicht glänzte im Mondlicht, das durch die kleinen Schlitze zwischen den Holzlatten in den Stall schien.

Er wollte sie nicht so traurig und verweint sehen, doch was sollte oder konnte er tun?

Der braunhaarige Drachenreiter streckte seine Arme aus und zog Astrid näher zu sich in eine feste Umarmung. Sie klammerte sich an das Lederoberteil seiner Kleidung und vergrub ihr verweintes Gesicht in seiner Schulter.
Ein erneuter Schluchzer war zu hören und ihr Körper zuckte wieder kurz.

"Schhh...Astrid, ich bin ja da..", Hicks streichelte ihr sanft über den Rücken. Er wusste nicht, weshalb sie weinte. Doch dies sollte kein Grund sein, nicht für sie da zu sein.

"Ich werde sie nie wieder sehen...", sie fing an stärker zu weinen und ein weiterer Zucker ließ ihren Körper erbeben. Ihre Atmung war zu einem stoßweisen und unregelmäßigen Luftholen geworden.

"Astrid... ich hab dir doch versprochen, dass wir gleich morgen in der Früh losfliegen und Dagur, Ryker und ihre Schiffe suchen. Astrid, wir werden Sturmpfeil retten, das verspreche ich dir. Alles wird gut", versuchte Hicks sie zu beruhigen.

Und es schien tatsächlich zu funktionieren. Er strich weiterhin mit der Hand über ihren Rücken. Sie begann nun etwas langsamer zu atmen und ihre Schluchzer wurden seltener.

Mit einer immer noch brüchigen Stimme fragte sie: "Und was ist, wenn wir sie nicht finden?"
"Wir werden sie finden, versprochen."

Nun schwiegen die beiden wieder und man konnte nur die schlafenden Drachen und gelegentlich ein paar Schluchzer von Astrid hören. Hicks hatte wieder angefangen Astrids Rücken zu streicheln. Mit seiner anderen Hand fuhr er sanft durch ihre weichen, goldblonden Haare.

Er konnte spüren wie sie ruhiger und ihre Atmung langsam und regelmäßig wurde. Sie hatte nun bereits aufgehört zu weinen und ihre Arme um Hicks geschlungen. Sie war nicht oft schwach. Sie hasste es, schwach zu sein. Doch sie wusste, dass Hicks sie nicht verurteilen würde. Er war immerhin ihr allerbester Freund. Er kannte Seiten von ihr, die sonst kaum jemand kannte.

Nach einiger Zeit war nur noch Astrids regelmäßiges, tiefes Atmen zu hören. Sie war eingeschlafen.
Da Hicks sie nicht aufwecken wollte, lehnte er nur seinen Kopf gegen die Holzwand des Nadderstalls hinter ihm und schloss seine Augen. Er lauschte dem Atmen von Astrid, bis er schließlich selbst, mit Astrid in seinen Armen, in einen tiefen Schlaf versank.

Neues von der Drachenbasis Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz