Heute. Oder doch nicht?

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Heute. Heute würde er es endlich tun. Heute würde er Astrid seine Liebe gestehen. Heute würde er erfahren, ob sie das gleiche für ihn fühlte.

Hicks streckte sich, um die Müdigkeit aus seinem Körper zu bekommen und rollte sich dann kurzerhand aus dem Bett. Mit einem dumpfen Knall landete er am Boden. Stöhnend stand er auf, aber immerhin war er jetzt wach.

"Morgen, Ohnezahn." Der schwarze Drache hob bei dem Klang der Stimme seines besten Freundes seinen Kopf und gurgelt erfreut etwas, das vermutlich auch 'Morgen' heißen sollte.
Hicks streifte sich sein rotes T-shirt über und schnallte sich seine Rüstung auf.
"Komm, geh'n wir frühstücken", forderte er seinen Drachen auf, der sofort aufsprang. Enthusiastisch flogen die beiden Richtung Clubhaus.

Dort angekommen saßen schon alle am Tisch und schlangen gierig ihr morgendliches Mahl hinunter.
Es war nur noch Hicks' Platz, der Platz neben Astrid, frei. Ein Lächeln schlich sich auf das Gesicht des braunhaarigen Drachenreiters, als er die blonde, junge Frau sah. Es stand fest. Heute würde er es tun. Gleich nach dem Frühstück. Er wollte warten, bis Astrid und er alleine waren.

Er setzte sich zu den restlichen Reitern an den Tisch und genoss die erste Mahlzeit dieses Tages. Ab und zu warf er einen heimlichen Blick auf die Schönheit neben ihm, doch Astrid war zu sehr auf ihr Essen konzentriert, als dass sie dies bemerkte. Je mehr sich das gemeinsame Frühstück dem Ende zuneigte, desto nervöser wurde Hicks.
Die Zwillinge und Rotzbakke hatten sich bereits wieder in ihre Hütten, beziehungsweise die Wildschweingrube, verzogen. Auch Fischbein stand nun auf und rief nach seiner Fleischklops.

Sobald Fischbein gegangen war, erhob sich Astrid ebenfalls von ihrem Stuhl, um nach Sturmpfeil zu pfeifen. Doch bevor sie das tun konnte, hatte Hicks, der auch aufgestanden war, sie schon am Arm gepackt und sie zu ihm gedreht.

"Äh, Astrid. Hast du einen Moment Zeit? Ich, äh...", sein Magen verkrampfte sich, aber er würde es tun. Heute. Jetzt.
Er sah, wie Astrid mit verschränkten Armen vor ihm stand und ungeduldig mit dem Fuß auf den Boden klopfte. Jetzt musste er es aber schnell hinter sich bringen. Sie mochte es nicht, wenn man sie vom Äxtewerfen abhielt.
"Also, ähh, ich, ich wollte dir, äh, sagen, dass i-"
Weiter kam er nicht, da er von Astrids Freudenruf unterbrochen wurde. Er konnte es nicht glauben, dass sie verstanden hatte, was er ihr sagen wollte! Ein Gefühl der Erleichterung durchfuhr seinen Körper. Dieses Gefühl hielt aber nur so lange an, bis er erkannte, dass sie nicht wegen ihm, sondern wegen Heidrun in Freudengeschrei ausgebrochen war.

"Du wolltest mich sicher damit überraschen, dass Heidrun kommt", freute sich Astrid. Er nickte nur kurz und Astrid lief zu Heidrun, um sie zu begrüßen.
Eigentlich war das mit Heidrun nicht sein Plan gewesen. Hicks hatte bis soeben auch nichts von ihrem Besuch gewusst.
Frustriert fuhr er sich, unbemerkt von den beiden Freundinnen, durch die Haare, bevor er ein Lächeln aufsetzte und Heidrun willkommen hieß.
Mit Astrid würde er wohl später reden müssen.

"Heidrun, was sagst du, wenn wir auf Erkundungstour fliegen?", wollte Astrid wissen. Die schwarzhaarige Drachenreiterin stimmte zu und die beiden stiegen auf ihre Drachen.
Eigentlich war es heute Hicks' und Astrids Aufgabe, nach neuen Inseln Ausschau zu halten. Hicks konnte nicht anders, als sich ignoriert, abgewiesen und verdrängt zu fühlen. Es tat weh.
Da hörte er plötzlich Astrids Stimme: "Hicks, kommst du auch mit?"
Sie hatte ihn doch nicht vergessen! Klar würde er gerne mitkommen, aber er wollte die beiden doch auch nicht bei irgendeinem Mädchenkram stören.
"Bitte?"
"Na gut, ich komm' mit."

Die drei Drachen flogen bereits einige Zeit lang über den hellblauen Himmel. Hicks hielt etwas Abstand zu den beiden vor ihm. Er wollte sie nicht stören.
Plötzlich entdeckte Heidrun eine Insel.
"Seht mal! Die Insel dort!"
"Die haben wir zwar bereits durchsucht, aber ein zweites Mal, kann auch nicht schaden."
Nach Astrids Worten flog Heidrun zur Insel hinunter. Die blonde Kriegerin wollte ihr nach, doch Hicks hielt sie zurück.
Jetzt würde er es ihr sagen. Er nahm all seinen Mut zusammen und sprach: "Astrid, ich wollte dir sagen, dass i-"
Ein lauter Ruf unterbrach seinen Satz.
"Leute, kommt! Seht euch das an!"
Heidrun.
Astrid warf ihm einen entschuldigenden Blick zu und flog zu Heidrun.
Warum? Warum konnte er diesen Satz nie beenden?
Aber er würde es heute noch tun. Heute würde er Astrid sagen, dass er sie liebte. Heute.

...

Etwas später an diesem Tag, irgendwann am Nachmittag, traf Hicks zufällig bei den Ställen auf Astrid. Sie war alleine, da Heidrun Fischbein einen kurzen Besuch abstattete.
Hicks trat näher an sie heran und sie drehte sich zu ihm.
Jetzt würde er es tun. Er würde ihr seine Liebe zu ihr beichten. Heute war der Tag. Jetzt war der Zeitpunkt.
Hicks spürte, wie Nervosität sich in seinem Körper breit machte. Doch er würde es tun.
"Hi. Ähm, also, äh, ich wollte dir sagen, dass-dass i-"
Zum dritten Mal an diesem Tag wurde er unterbrochen. Ein lauter Knall hatte die komplette Drachenbasis zum Beben gebracht. Na, toll. Der Monatsvorrad an Riesenhaften Albtraumgel.
"Taffnuss!!", schrie Hicks, zornig über Taffs Tat und den nicht beendeten Satz.
Er lief wütend in Richtung der Explosion davon.
Die Götter hassten ihn. Nie konnte er diesen einen einfachen Satz vollenden. Wieso wollten die Götter bloß nicht, dass er Astrid seine Liebe gestand? Wieso?
Er schwor, wenn er heute noch eine Chance bekommen würde, würde er sie nutzen. Er würde es heute tun.

...

Es war bereits dunkel und Hicks war immer noch dabei, die Spuren der Explosion verschwinden zu lassen.
Er war beinahe fertig, als Astrid zu ihm spazierte.
"Hi", begrüßte sie ihn, "Fleißig am aufräumen, wie ich sehe?"
"Ha, ja, du kennst ja due Zwillinge", lachte Hicks.
"Was wolltest du mir heute eigentlich die ganze Zeit über sagen?"
Als Hicks die Frage hörte, spannte sich jeder Muskel seines Körpers an. Er verspürte einen Kloß im Hals und musste schlucken. Sein Herz schlug schneller, er konnte es deutlich fühlen. Es war so, als wolle es seinen Brustkorb sprengen. Doch, er würde es ihr sagen. Jetzt. Heute.
Hicks atmete tief ein und räusperte sich. Er stellte sich aufrecht hin und blickte in ihre wunderschönen, blauen Augen.
"Astrid. Ich wollte dir sagen dass i- ahh, ich kann das nicht. Vergiss es einfach, okay?"
Er machte am Absatz kehrt und wollte zu seiner Hütte laufen, doch Astrid hielt ihn fest.
"Hicks, ich weiß, dass du das kannst. Was auch immer es ist, wenn du es wirklich willst, dann schaffst du das."

"Also, gut." Hicks holte einmal tief Luft: "Astrid, ich wollte dir sagen, dassichdichsehrgernemag."
Hicks war froh es endlich über die Lippen gebracht zu haben. Er merkte, wie seine Nervosität etwas weniger wurde.
Astrid blickte ihn nur ratlos an.
"Was hast du gesagt? Ich hab kein Wort verstanden."
Na ganz toll. Jetzt musste er es noch einmal sagen.
Er versuchte ruhiger zu werden und sprach dann bedacht langsam: "Astrid, ich wollte dir sagen, dass ich dich sehr gerne mag."
Er hatte es geschafft! Er hatte es endlich gesagt! Beim sechsten Versuch hatte er es endlich geschafft!
Astrid lächelte ihn an. "Ich mag dich auch sehr gerne."
Und dann tat sie etwas Unerwartetes.
Sie nahm Hicks an der vorderen Schnalle seiner Rüstung, zog ihn zu sich hinunter und küsste ihn.
Er stand wie gelämt da, bevor er realisierte, was soeben geschah.
Sie küsste ihn! Er konnte es nicht glauben! Astrid Hofferson küsste ihn, Hicks den Hühnen den III. Haddock! Auf den Mund!
Nach einer kurzen Schockstarre fand er seinen Mut wieder und küsste zurück.

Er hatte es geschafft. Heute.

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Und jetzt noch ein weiser Spruch, den vermutlich jeder kennt:

Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen. ☝😂

Neues von der Drachenbasis Where stories live. Discover now