Kapitel 7: Welcome, Jade

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Jade:

Es wurde immer schwieriger, mir ein schadenfreudiges Grinsen zu verkneifen. Dieses Mädchen machte es mir aber auch zu einfach... Und ich hatte ernsthaft gedacht, dass sie ein harter Brocken werden würde! Schon anhand ihres genervten Tonfalls, wie sie mir gerade eine Kirche zeigen wollte, merkte ich, wie gereizt sie im Moment war. Interessierte mich aber null die Bohne, ich fälschte nur kurz ein Lächeln, bevor ich auch wieder auf mein Handy schaute. „Und? Wie ist deine Deutsche so?"

Luke konnte es nicht lange hier aushalten, ohne wieder mit mir Kontakt aufzunehmen, aber ganz ehrlich, genauso ging es mir. Ein Glück, dass er ebenfalls an dem Projekt teilnahm, sonst würde ich es nicht in Deutschland aushalten. Nicht aushalten? Keine hundert Pferde würden mich hierher bringen! Oder waren es in dem Sprichwort doch zehn? Ach egal, ich hasste diese deutschen Sprichwörter genauso wie das Wetter hier! Kaum war ich aus dem Zug gestiegen, hatten mich schon die fetten grauen Wolken am Himmel vorgewarnt, dass ich hier in Langweilerhausen schlechthin gelandet war. Was hätte ich lieber getan? Lieber noch ein bisschen weiter nach Italien gefahren und dann unser Ferienhaus gesucht! Lieber ein Gelato am Pool gegessen als mit dem Möchtegernpunk hier vor der Kirche im Regen zu stehen. „Sie ist genauso langweilig, wie ich befürchtet hab. Aber es macht immerhin Spaß, sie zu ärgern. Wo wohnt dein Ausstauschfutzi gleich nochmal?"

„Geraldostraße 15, östliche Ecke hier." Leider kam die Info nicht wie erwartet per Nachricht. Macy stand neben mir, ihre Augenbrauen genervt hochgezogen und den Blick interessiert auf meinen aufleuchtenden Handyscreen gewandt. Ich schaltete es aus und blickte genervt zu ihr auf. „Und woher weißt du das?" „Ich weiß eben alles. Müssen langweilige Deutsche doch wissen." Shit, wie lange las sie schon mit? Und vor allem, warum war es mir nicht früher aufgefallen, dass sie neben mir stand? Die Deutsche ging raffinierter vor, als ich es von ihr erwartet hatte. 

„Haha, sehr witzig. Wenn du es weißt, dann lass es mich doch höchstpersönlich selbst fragen: Wer wohnt dort?" „Eine Freundin von mir, Rebecca. Sie hat mir vor ein paar Wochen auch über ihren Austauschpartner Luke erzählt, der für einen Jungen vielleicht ein bisschen..." Ich lachte auf. „...ein bisschen zu sehr auf Gucci, Prada und den ganzen Mist versessen ist? Das ist halt Luke, wie er leibt und lebt! Und nein, er ist nicht der typisch Schwule, den du dir ausmalst!" Sie runzelte die Stirn, für einen Augenblick sah ich etwas Hoffnung in ihren Augen aufflackern, bis sie fragte: „Du meinst, er ist..." „Er ist schwul, zu hundert Prozent. Hast du etwas dagegen?" Wenn ja, würde sie es definitiv mit mir zu tun bekommen!

Denn ich hatte noch gar nicht mit meinem Tortur-Programm angefangen. Das, was ich bisher gemacht hatte, war, was ich immer tat: Den Menschen auf den Wecker gehen. Doch wenn mein vollständiger Zicken-Modus hochgefahren war...sagten wir es mal so, Mädchen wie Macy würden sich nicht mehr trauen, je wieder einen Fuß vor die Tür zu setzen. Oder in unserem Fall würde sie ihr eigenes Haus meiden müssen, da wir uns ja ihr Zimmer teilten. Klasse...ich hatte noch nie ein winzigeres Zimmer gesehen! Okay, es ging, aber es war nichts gegen mein Zimmer oder wie Luke und ich es nannten: Den Bitchpalast.

Aber halt mal...diese Art, wie sie den Namen dieses Mädchens ausgesprochen und ihre Augen dabei gefunkelt hatten, kam mir nur zu bekannt vor. Ja, natürlich! Jetzt wusste ich, warum sie so auf meinen Flirt eingegangen war. Mein Gegenüber war zu hundert Prozent lesbisch. Ich glaubte manchmal, dass ich fast schon so ein Radar für das Aufspüren von homosexuellen Menschen hatte, als wäre ich die erste Hetero mit Gaydar! Glaubt es mir oder nicht, es war jedes Mal wieder eine Überraschung, aber auch irgendwie offensichtlich.

Hmm, wenn das so war, würde das mehr als interessant werden... „Dann lass uns doch dorthin gehen!" Macy blickte mich verblüfft an. „Du willst dorthin?" „Luke ist mein bester Freund seit wir im Kindergarten die Erzieherin mit Wachsmalstiften angemalt und an einen Laternenpfahl gefesselt haben. Jetzt verständlich?" Schon bei meiner Erzählung wurde ihr Gesichtsausdruck von verwirrt zu etwas ängstlich, bis sie stotterte: „O-okay, dann folge mir." „Tss...was soll ich auch anderes tun, wenn ich da hin will? Ist ja nicht so, als hätte ich die Fähigkeit Google Maps in meinem Hirn zu installieren!" Zu meinem scharfen Kommentar sagte sie nichts, aber wenn Blicke töten könnten, hätte ich mir schon hundert Male mein eigenes Grab schaufeln müssen!

My Frenemy (GirlxGirl)Where stories live. Discover now