Kapitel 22: Kletterpartien

1.5K 114 15
                                    

Jade:

Nach dem Essen erwischte ich meine Augen dabei, wie sie wieder nach der Blondine Ausschau hielten, die nicht mehr auf der Hollywoodschaukel saß, auf der ich sie zuletzt gesehen hatte. Ich musste noch ein paar Teller ins Haus bringen, woraufhin Macys Mutter mich lobte, wie fleißig ich doch wahr und ob ich nicht etwas davon auf Macy übertragen könnte. Ein lautes Lachen war meine Antwort, aber nicht nur deswegen, die Wahrheit war, dass ich sogar noch fauler als sie war und nur höflich hatte sein wollen.

„Na, Träumerchen?" Die Blondine drehte ihren Kopf von dem Abendhimmel mit dem Sonnenuntergang zu mir. Ich stand genau vor dem Baum, auf dem sie saß. Genauer gesagt befand sich Macy auf einem ziemlich dicken Ast und hatte ihren Rücken gegen den Stamm gelehnt. Ihre Füße baumelten locker hinunter und ihr blondes Haar war ein bisschen verstrubbelt, aber ich fand, dass sie trotzdem immer noch hübsch aussah. Vielleicht machten grade diese Makel, die ab und zu verstrubbelten Haare und die Sommersprossen neben ihrer Nase, sie noch schöner als sie es schon war.

„Kommst du?" Fragte ich, woraufhin Macy den Kopf schüttelte. „Es ist hier oben gerade so schön. Kommst du?" Sie deutete auf den Ast neben ihr, worauf ich schnell den Kopf schüttelte. „Wieso denn nicht?" Ich blickte verlegen zu Boden und murmelte: „Ich hab Höhenangst."

„Sagt diejenige, die demletzt mit dem Skateboard eine höhere Höhe erreicht hat als dieser Baum besitzt." Neckte Macy, woraufhin ich erwiderte: „Ich skateboarde schon seit Ewigkeiten und weiß, dass ich nicht fallen werde. Aber..." Ich fuhr mir mit einer Hand über den Nacken und blickte verlegen woanders hin, während ich mit leisen Worten zugab: "...ich bin eine Niete im Klettern." Zu meiner Überraschung antwortete Macy nicht, sie kletterte nur ein Stück nach unten, um mir eine Hand hin zu strecken. Irritiert blickte ich die Hand an. „Was soll das?" „Na was wohl, ich helfe der sogenannten „Niete" nach oben!" Erwiderte Macy, worauf wir beide kicherten. Zögerlich ergriff ich ihre Hand und wurde auch schon sofort nach vorne gezogen, bevor wir beide ruckartig nach hinten rutschten. Macy genau mit dem Rücken an dem Stamm, ich mit meiner Vorderseite an ihre gepresst. Wieder befanden wir uns in einer Situation, in der wir beide stumm waren und unsere Augen trotzdem Romane sprachen. Mannomann, woher hatte ich diesen Sülz wieder her? Mein innerlicher Poet und Autor hatten anscheinend wieder das Verlangen, sich zu melden.

Na ja, Kitsch hin oder her, ich lag auf jeden Fall halber auf ihr und traute mich nicht, nach hinten zu gehen, denn ich hatte keine Ahnung, ob hinter mir überhaupt ein Ast war. Allgemein hatte ich nicht wirklich vorgehabt, mich auf diesem hohen Baum zu bewegen, aber ja...wie kam man aus so einer Position wieder heraus? „Jade..." Macys sanfte Stimme erklang, die genauso weich klang wie ihre Stimme, wenn sie sang. „Du musst einfach auf das hören, was ich dir jetzt sage und es befolgen, okay?" „Aber...es ist so hoch! Was ist, wenn ich ins Leere tappe?" Fragte ich ängstlich.

„Ich werde sicherstellen, dass du nicht fällst, das verspreche ich dir. Und schau nicht nach unten, sondern..." Sie nahm mein Gesicht in die Hände und bewegte es so, dass ich ihr tief in die blaugrauen Augen schaute, die meine aufmunternd anblitzten. „...schau mich an und zwar die ganze Zeit. Du musst einfach tun, was ich sage. Du kannst mir vertrauen, okay?" Ich schluckte, atmete tief ein und nickte. Die Panik in mir verschwand ein bisschen, als sie aufmunternd und federleicht mit ihrer Stirn meine anstubste, fast schon wie ein kleiner Welpe, der mich zum Gehen bringen wollte. Jedoch fand ich sie momentan süßer als jeder Labrador. Macy wäre, wenn sie überhaupt ein Hund wäre, ein Husky, anhand ihrer hellblauen, leuchtenden Augen. Moment mal, was für einen Schwachsinn dachte ich mir da wieder zusammen?

Na ja, verurteilt mich nicht, ich hatte gerade Puddingbeine und einen verkorksten Verstand und das aus zwei Gründen: Erstens: Ich bewegte mich auf einem ungefähr zehn Meter hohen Baum auf einem dicken Ast, der aber auch jede Sekunde brechen könnte, rückwärts. Zweitens: Das Mädchen, in das ich mich verknallt hatte, schaute mir gerade richtig tief in die Augen, warf mir alle fünf Sekunden ein süßes, aufmunterndes Lächeln zu und sie hatte ihre warmen Hände mit meinen umschlossen! Also wie würdet ihr, wenn ihr an meiner Stelle wärt, NICHT innerlich durchdrehen? Wie war so etwas denn bitteschön möglich?

My Frenemy (GirlxGirl)Where stories live. Discover now