Kapitel 28

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Ich stand dort, schaute aus dem Fenster. Der Regen prasselte ununterbrochen auf den Balkon des Hotels. Die Kälte der Scheibe durchdrang meine Fingerspitzen, lief durch meinen Körper und verbreitete sich. Zitternd atmete ich ein. Ich wusste icht, wann ich das letze Mal geschlafen hatte, mein Körper fühlte sich schwach an und doch unter Strom.

Meinen Schulabschluss hatte ich hinter mir, die Gedenkfeier war bereits zwei Monate her. Ich war nicht dort. Ich konnte nicht mit ansehen, wie sie alle trauerten. Seit Elenas Tod hatte ich mich komplett zurückgezogen, niemand konnte mich mehr erreichen. Mein Haus hatte ich nach dem Unfall vermietet, von dem Rest meines Geldes war ich nach der Schule nach London gereist. Dies war die Stadt, in der noch alles gut war. In der Elena noch lebte, in der sie noch lachte.

Ich fing an zu studieren auf dem University College und versuchte mein Leben weiter zu leben. Doch jede Nacht rissen mich die Schüsse aus meinem Schlaf, jede Nacht sah ich sie vor meinen Augen sterben. Und jede Nacht wisperte ihre liebliche Stimme in mein Ohr.

Ich riss mich zusammen und trat vom Balkon weg, nahm meinen Regenschirm und machte mich auf nach draußen in den Regen. Der Regen. Er fühlte sich gut an, ich hatte ihn lieben gelernt. Jedes Mal stellte ich mir vor, wie er all meine Sorgen mit sich nahm und Elena aus meinen Gedanken wusch. Ich lächelte verträumt und lief über einen Zebrastreifen, ein Auto hupte, doch ich ließ mich nicht stören. Es war egal, seitdem sie nicht mehr war. Egal, ob ich lebte oder sterbe. Sie war der letzte Halt den ich hatte, den man mir genommen hatte.

Mein Klingeln des Handys riss mich aus meinen Gedanken. Es war Cleo. Sie hatte mich immer wieder versucht anzurufen nachdem ich wortlos die Stadt verlassen hatte. Und immer wieder hatte ich sie ignoriert. Genau wie jetzt.

Meine Finger ließen das Handy zurück in meinen Mantel gleiten. Ich war an der Haltestelle angekommen und wartete wie jeden Tag auf meinen Bus. Mein Handy gab ein erneutes Piepsen von sich und ich schaute genervt auf den Bildschirm.

Jules bitte sag mir, dass du noch lebst. Ich vermisse dich, Alex vermisst dich. Du bist ohne ein Wort zu sagen abgehauen, du antwortest auf keine meiner Nachrichten. Nicht nur du hast Verlust erlitten, an dem Tag haben wir auch dich verloren. Bitte melde dich Jules! Ich liebe dich.

Tränen stiegen in meinen Augen auf, schnell wischte ich sie weg und setze mich in den angetroffenen Bus. Ich überlegte was ich antworten sollte, doch wie jeden Tag endete mein Gedankengang damit, dass es so besser ist. Eine alte Frau setze sich neben mich und lächelte mich freundlich an. Ich lächelte zurück, doch mein Blick glitt schnell nach draußen.

"Herrlicher Tag, nicht?", fing sie ein Gespräch an und ich nickte nur wortlos. "Alles gut Schätzchen?", fragte sie besorgt und nun zwang ich mich zu einem Lächeln. "Alles gut." Sie musterte mich einen Moment. "Eines Tages wird deine Liebe erwidert werden.", sagte sie plötzlich und tätschelte mein Knie. Verdutzt sah ich sie an. "Woher..?", meine Stimme brach ab, sie fühlte sich seltsam rau an. "Ich kenne diese Blicke nur zu gut aus meiner Jugend.", erklärte sie mir und begann in ihrer Handtasche zu kramen. Dann reichte sie mir ein Taschentuch und ich stellte verdutzt fest, dass ich weinen musste. Rasch wischte ich sie weg und begann meine Gefühle zu kontrollieren. Wie ich es immer tat.

"Meine erste Liebe ist gestorben.", sagte die alte Frau plötzlich und guckte vor sich her, als könnte sie ihn dort stehen sehen. Der Bus kam zum Halten und die Frau stieg aus, mit einem kurzem Lächeln und einem "Alles wird wieder gut, du wirst schon sehen.", verließ sie mich. Eine Sekunde lang saß ich starr da. "Warten sie!", rief ich und lief ihr hinterher, aus dem Bus hinaus. "Warten sie!", rief ich noch einmal und kam neben ihr zum Stehen. Verblüfft schaute sie mich an. "Was kann ich für dich tun mein Kind?", fragte sie und lächelte gütig. "Er ist gestorben?", fragte ich sie und sie wusste sofort von was ich rede. "Komm mit mir.", sagte sie und lief die kleine Straße entlang auf einen Buchladen zu, welchen sie aufschloss. "Das hier ist mein kleines Lädchen.", sie lächelte stolz und verschwand für eine Minute hinter der Kasse in einen Raum. Dann kam sie, ohne ihre Jacke und ihrer Tasche zurück in den Raum und deutete mit einer Handbewegung an, dass ich ihr folgen sollte.

Sie lächelte mich mitfühlend an und legte eine Hand auf meine Wange. "Du kannst mich ruhig duzen, ich bin Elsar.", erklärte sie mir und ich lächelte. "Ich bin Jülie." "Ein schöner Name. Nun, erzählst du mir, warum du so traurig bist?", fragte sie und ich schaute betreten auf den Tisch. "Ich habe meine Freundin bei einem Amoklauf verloren. Sie ist vor meinen Augen verblutet und ich konnte nichts machen.", sagte ich mit zittriger Stimme und ich fing an zu weinen. Sie nahm mich in den Arm und beruhigte mich, eine völlig Fremde und doch so vertraute Person. "Tut mir leid, es ist nur das erste Mal, dass ich darüber rede.", erklärte ich ihr und sie schaute mich verständnisvoll an. "Seit dem wohne ich in London in einem Hotel und studiere."

"Wenn du willst, ich bräuchte eine Aushilfe in meiner Bücherei. Mit meinen alten Knochen fällt mir das Bücher sotieren unheimlich schwer.", schlug sie plötzlich vor und lächelte mich hoffnungsvoll. Ich brauchte keine Minute überlegen, sofort stimmte ich zu.

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Drei Monate arbeitete ich jetzt schon in der Bücherei, Elsar ist wie eine Mutter für mich, sie erlaubte mir sogar in die kleine Wohnung über dem Laden zu wohnen. Und obwohl sich einiges wieder zum Guten wandte, vermisste ich Elena. Jeden Tag spürte ich ihre Abwesenheit, doch Elsar vergewisserte mir, dass es vorrüberginge.

Gerade im Moment trug ich den Karton mit den Büchern zu eines der hohen Regale in der hinteren Ecke. Ich erklomm die Leiter und positionierte gerade die Bücher, als ein Klingeln durch den Raum hallte. Ich stieg von der Leiter, nahm den leeren Karton mit nach vorne an die Kasse, doch der Kunde der hineingekommen ist, war nicht zusehen. Ich entsorgte also hinten im Lager den Karton und nahm mir den nächsten, der hineinsortiert werden sollte. Gerade als ich in den Gang gehen wollte, in dem sich die Stadtpläne befanden stieß ich mit jemanden zusammen und ließ den Karton fallen, worauf sich die Bücher auf dem Boden verteilten. Ohne auf den Kunden zu achten bückte ich mich und ich sammelte die Bücher schnell wieder ein. Gerade als ich das letzte Buch nehmen wollte, reichte mir die Kundin das Buch und ich schaute sie dankbar an.

Ein Schock durchfuhr mich. Mir blieb die Sprache weg und wortlos richtete ich mich auf, die Bücher waren vergessen. Dort stand sie vor mir, lebendig, atmend und schaute mir genauso geschockt in die Augen. Nur ein einziges Wispern kam über meine Lippen

"Elena."

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Das war es mit meinem Buch Leute, ich hoffe es hat euch gefallen. Tut mir leid, dass ihr auf das Kapitel so lange warten musstet, ich konnte mir einfach kein passendes Ende überlegen. Seid ihr mit dem Ende zufrieden? War es vorhersehbar?

Lasst mir ein Feedback da, wie ihr das Buch so fandet, oder was euch gestört hat.

Vielen Dank fürs Lesen! ♥

Born to be yours txs gxgWhere stories live. Discover now