Angst

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Luxe

Provokant langsam folgte ich Rhyse' Aufforderung mich zu setzen. Dabei versuchte ich seinem kalten Blick möglichst ruhig zu begegnen, auch wenn ich innerlich vor Nervosität starb. Und vielleicht, aber auch nur ganz vielleicht, fürchtete ich mich etwas vor dem Älteren.

Kein Wunder, redete ich mir ein, ich hatte ihn ja noch nie so erlebt. Dieses kalte, höchst konzentrierte und einschüchternde war neu, insbesondere in Beziehung mit Rhyse. Auch sein bohrender Blick auf mir, während Stille uns wie ein viel zu dicker Mantel umhüllte, war alles andere als Entspannungsfördernd.

Mit aller Gewalt versuchte ich mich von den negativen Gedanken zu lösen und nicht aus versehen auf dem Sofa hin und her zu rutschen. Es war zwar alles andere als bequem, da Luke mir wirklich ein paar große Blutergüsse zugefügt hatte, aber irgendwie schaffte ich es dann und lehnte mich sogar etwas zurück.

Doch bevor ich mir selbst zu diesem beinahe schon lächerlichen Erfolg gratulieren konnte, holte Rhyse mich wieder in die Realität zurück.

„Möchtest du mir vielleicht erklären, weshalb du dich mit Luke geprügelt hast? Diese Geschichte, von wegen Beleidigungen gegen deine und seine Person kaufe ich dir nämlich nicht ab."

Und dahin war die Hoffnung, dass er sich vielleicht etwas beruhigt hatte. Es wirkte schon eher so, als wäre er mittlerweile noch wütender. Für mich als auch für ihn wäre es jetzt wohl von Vorteil, ihm irgendeine Lüge aufzubinden, doch fiel mir einfach keine ein.

Mir, dem Lügner Nummer eins, der in den letzten sechs Monaten wohl mehr als alle anderen Menschen dieses Kaffs zusammen gelogen hatte, fiel nichts ein. Nicht mal mehr eine Halbwahrheit. Eine verdammte Schande war das, verflucht nochmal.

Anscheinend hatte ich etwas zu lang nachgedacht, da Rhyse plötzlich nicht mehr so beherrscht wie zuvor losdonnerte: „Verdammt, Luxe. Ich meine, dass ich ein verdammtes Recht habe, den Streitgrund zu erfahren. Glaub mir, du wärst alles andere als glücklich, wenn ich meinen Eltern etwas gesagt hätte. Aber wenn das dein Wunsch ist, kann ich die beiden gerne noch kontaktieren..."

Wo waren Lina und Tom eigentlich?

"...Verdammt hör mir doch mal zu. Du benimmst dich wie das verzogenste Etwas, dass ich kenne. Es geht immer nur um dich."

Ich riss den Kopf, den ich in den Nacken und auf die Sofalehne gelegt hatte, in die Höhe. Kerzengerade stand ich auf und sah zu Rhyse, der nicht weniger wütend in seinem Sessel saß. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Langsam kochte Wut in mir hoch. Arsch.

„Es geht also alles nur um mich? Denkst du wirklich, dass ich mich Prügel, weil irgendein Idiot meint mich zu beleidigen. Selbst wenn, ich hatte genug Gründe, die dich alle einen feuchten Dreck angehen", zischte ich zurück.

Damit hatte Rhyse nicht gerechnet, doch erholte er sich schnell von seiner Überraschung. Wie ich stand er auf und trat einen Schritt auf mich zu.

„Was kannst du schon für Gründe haben? Hat er dir vielleicht das Mädchen ausgespannt oder was?", höhnte der Ältere jetzt.

Ich biss die Zähne zusammen. An Mädchen hatte ich nicht gedacht, fiel mir auf. Die letzten Wochen hatte ich nicht einer einzigen hinterher gesehen. Aus unerfindlichen Gründe machte dieser Gedanke mich noch wütender. Wütender auf mich selbst. Was lief nur mit mir falsch?

„Wie gesagt, es geht dich nicht an, was ich für Gründe hatte. Und durch Provokation wirst du erst recht nichts erreichen. Deine Eltern kannst du übrigens gerne anrufen. Dann wäre ich diesen Haushalt von gefühllosen Idioten wenigsten los, allen voran den Spasten direkt vor mir."

𝔻𝕖𝕤𝕡𝕖𝕣𝕒𝕥𝕖 𝕃𝕠𝕧𝕖Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt