Zärtlichkeit

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Luxe

Nach diesen Worten wurde es zum ersten Mal in der letzten Stunde wieder leise. Aber dieses mal war es eine angenehme Stille, eine, die aus Spannung und Hoffnung auf ein Ereignis entstand, eine, die angenehm leicht zu händeln war.

Auch als wir wieder bei den McLaneys, ich weigerte mich immer noch es mein Zuhause zu nennen, ankamen, hielt die Stille an. Erst, als wir das Haus betreten hatten und Rhyse hinter uns abgeschlossen hatte, unterbrach der Ältere schließlich die Stille.

„Kannst du vielleicht kurz hier warten? Ich muss noch etwas vorbereiten."

Wortlos nickte ich und ließ mich auf eine der Stufen auf der Treppe fallen. Dann zog ich mein Handy aus meiner Tasche und stellte das Wlan wieder ein. Als nächstes checkte ich meine Nachrichten und die sozialen Netzwerke.

Dann, gerade als ich mit mir selbst stritt ob ich Musik hören wollte, ich war dafür, meine Erziehung dagegen, betrat Rhyse, der eben ins Wohnzimmer verschwunden war, wieder den schmalen Flur. Ächzend erhob ich mich von der Holzstufe und blickte fragend zu Rhyse, der mich geheimnisvoll anlächelte.

„Mach die Augen zu, Kleiner."

Seufzend tat ich was er von mir verlangte. Keine zehn Sekunden später spürte ich etwas weiches an meinen Augen und Rhyse warmen Atem an meinem Ohr.

„Damit du auch wirklich nicht schaust", raunte er mir dabei ins Ohr.

Bei seinen Worten rann mir ein angenehmer Schauer den Rücken hinunter und ich begann, warum auch immer, zu lächeln. Dann nahm Rhyse mich an der Hand und zog leicht daran, um mir zu symbolisieren, dass ich ihm folgen sollte. Ohne Wiederrede folgte ich ihm.

Und wenn ich auch davor noch die Ruhe selbst gewesen war, stand ich doch jetzt vor einem kleinen Nervenzusammenbruch. Mein Herz raste viel zu schnell in meiner Brust und meine Handflächen schwitzten so stark, dass ich befürchtete, dass meine Hand gleich aus der des anderen rausrutschen würde.

Doch weder das passierte, noch stieß ich mit etwas zusammen. Stattdessen führte Rhyse mich unbeschadet über eine kleine Erhebung und dann über etwas weicheren Untergrund. Es roch frisch, fast wie an der frischen Luft. Waren wir außerhalb des Hauses?

Ich war immer noch mit dieser Frage beschäftigt, als Rhyse mich zum stehen brachte. Er trat hinter mich und löste vorsichtig den Knoten des Schals, der meine Augen verbunden hielt. Sobald der Stoff weg war öffnete ich meine Augen, die ich geschlossen hatte, und erstarrte.

Vor mir erstreckte sich ein Meer aus Kerzen, nur ein kleiner Durchgang blieb, um zu einer dunklen Decke am Boden zu kommen. Auf dieser befand sich ein Stapel Kissen und eine Kiste. Es wirkte alles so... romantisch, so kitschig und gleichzeitig so unglaublich süß.

Irgendwie konnte ich dieses Bild vor mir nicht ganz mit dem Rhyse verbinden, der mich heute Mittag noch angeschrien hatte. Zu dem Rhyse, mit dem ich eben essen gewesen war zwar schon, aber es war doch merkwürdig.

So in Gedanken versunken bemerkte ich kaum, wie der Ältere meine Seite verließ und es sich stattdessen auf der Decke bequem machte. Erst als er sich räusperte konnte ich mich aus meiner selbst auferlegten Trance reißen. Langsam, etwas unsicher, bewegte ich mich an den Kerzen vorbei und setzte mich vorsichtig neben Rhyse.

Der andere lächelte bloß, dann wollte er, ganz der Gentleman, wissen: „Möchtest du etwas essen oder trinken? Ich hätte etwas Rotwein oder, wenn es dir lieber ist, Wasser."

Ich zögerte kurz. Einen Schluck Rotwein könnte ich nach so langer Zeit eigentlich nochmal vertragen, doch es war keine gute Idee, bei einem Date den ersten Schluck Alkohol seit einem halben Jahr zu trinken.

𝔻𝕖𝕤𝕡𝕖𝕣𝕒𝕥𝕖 𝕃𝕠𝕧𝕖Where stories live. Discover now