Erinnerungen

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Luxe

Seufzend blickte ich auf die Landstraße, der Rhyse seit einigen Minuten folgte. Ich kannte die Straße und wusste, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis wir ankamen. Ein paar Tage zuvor hatte wir mit meiner Nachbarin, die sich netterweise um das Haus meiner Eltern und den Garten kümmerte, ausgemacht, dass wir heute vorbeikommen würden um den Schlüssel für ein paar Nächte zu holen.

Sobald das geklärt war, hatte ich begonnen mir Gedanken darüber zu machen, wer wo schlafen würde. Das Ergebnis war nicht wirklich spektakulär: Rhyse würde im Gästezimmer schlafen, ich in meinem alten. Wenn sich nichts verändert hatte müssten die Möbel noch stehen. Am besten würden Rhyse und ich heute auch noch etwas einkaufen gehen, ich konnte schließlich nicht erwarten, dass Frau Weißholz sich auch noch um den Inhalt des Kühlschranks kümmerte.

„Sie haben Ihr Ziel erreicht."

Die monotone Stimme des Navis riss mich aus meinen praktischen Überlegungen in die Gegenwart. Sobald ich dann das Haus mit dem wirklich gepflegten Vorgarten erblickte fühlte ich mich wieder in die Vergangenheit zurückversetzt.

„Mama, Mama."

Aufgeregt rannte ich den hellen Bürgersteig entlang auf das Haus zu. Dabei schwenkte ich fröhlich ein Papier in meiner Hand. Meine Mutter stand vor dem kleinen Gartentor und lächelte in meine Richtung.

„Ich habe es geschafft, Mami."

Sie konnte mich gerade noch auffangen, als ich mich auf sie warf und strahlend ihren Hals umschlang.

„Ich habe keine drei mehr am Zeugnis, Mami. Sogar in Mathe nicht. Bist du jetzt stolz auf mich?"

Lächelnd drehte meine Mama sich mit mir im Kreis. Dann lief sie, mich immer noch auf ihrem Arm, auf die nur angelehnte Haustür zu.

„Natürlich mein Schatz, dass hast du toll gemacht. Dafür gibt es eine Überraschung. Ich bin sicher, dass Papa sich auch freuen wird. Bestimmt kauft er dir dann den neuen Basketball."

Einige Sekunden verweilte ich noch, dann schnallte ich mich ab und stieg aus. Rhyse war bereits davor ausgestiegen und musterte mich besorgt. Ich lächelte ihn darauf nur vorsichtig an fuhr mir durch die Haare. Dann drehte ich mich zu dem kleinen, gelben Haus direkt daneben und lief bestimmt darauf zu.

Rhyse wartete beim Wagen, wie wir es ausgemacht hatten. Ich schob das dunkle Tor zur Seite und folgte dann einem kurzen Kiesweg zu der Haustür. Dann klingelte ich, bevor ich noch einen Rückzieher machen konnte. Nur wenige Sekunden später wurde die Tür geöffnet und meine ehemalige Nachbarin kam in mein Blickfeld.

Auf den ersten Blick wirkte die schon etwas in die Jahre gekommene Rentnerin streng mit ihrem Dutt und dem dunklen Rock, doch sobald sie mich erblickte trat ein kleines, trauriges Lächeln auf ihre Lippen.

„Ach Luxe, mein guter Junge, Ich hatte noch gar nicht mit dir gerechnet. Warte nur kurz, dann hole ich die Schlüssel."

Ohne mich auch nur zu Wort kommen zu lassen eilte die ältere Dame auch schon davon, nur um kurze Zeit danach wieder aufzutauchen, in der Hand einen unscheinbaren Schlüsselring. Den reichte sie und deutete auf die einzelnen Schlüssel.

„Der Runde hier ist für das Gartentor, der rechteckige für die Garage und der mit den vielen Löchern für die Haustür. Die einzelnen Zimmerschlüssel stecken in den entsprechenden Türen."

Dann reichte sie mir den Edelstahlring, den ich mit einem leichten Lächeln entgegen nahm.

„Vielen Dank, Frau Weißholz. Ich weiß ihre Bemühungen um das Haus wirklich sehr zu schätzen. Falls ich irgendetwas im Gegenzug für Sie tun kann können sie einfach rüberkommen."

𝔻𝕖𝕤𝕡𝕖𝕣𝕒𝕥𝕖 𝕃𝕠𝕧𝕖Where stories live. Discover now