Kapitel 18

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"Wann sind wir da?"

Hihi, bei solchen Fragen, wie Ky sie gerade und auch vor vier Minuten gestellt hat, merkt man, dass wir Geschwister sind, denn die gleiche Frage habe ich auch vor zwei und vor sechs Minuten gestellt.

Mummy atmet hörbar aus und ist von dieser Fragerei ziemlich genervt. Daddy hingegen lächelt und rettet Mummy mit der einzigen Möglichkeit unsere Fragerei zu stoppen.

Er drückt auf Start und kurz darauf hört man im Auto unser Lieblingslied Schnappi das kleine Krokodil erklingen und Ky und mich laut mitsingen.

"Schni - Schna Schnappi, schnappi, schnappi, schnap Schni - Schna Schnappi, schnappi, schnappi, Schnap Ich bin Schnappi, das kleine Krokodil, hab scharfe Zähne-"

"PASS AUF!" werden Ky und ich von Mummys panischem Geschrei unterbrochen und dann machts BUMM.

Mummy, Daddy, Ky und ich, wir alle schreien während das Auto mit uns Purzelbäume schlägt und dann ist es still.

Mein Kopf tut weh, weil er hart gegen die Autotür gestoßen ist. Mir fällt es schwer die Augen offen zu halten, aber ich schaffe es meinen Kopf zu Mummy, Daddy und Ky zu drehen.

Wieso bewegen sie sich nicht und warum haben sie rotes Klebezeug in ihren Gesichtern?

"Ky" spreche ich leise, weil es nicht lauter geht, doch er reagiert nicht. Langsam sehe ich schwarze Flecken vor mir, aber Ky antwortet nicht.

"KY!" versuche ich es wieder. Warum bewegt er sich nicht? Er macht mir Angst"

Noch ein letztes Mal versuche ich es bevor alles dunkel wird. "KY?!" doch wieder keine Antwort.

"Nein!" panisch werde ich wach und sitze senkrecht und schweiß gebadet in meinem Bett.

Das kann nicht sein, es war nur ein Alptraum. Es war nur ein Alptraum, so wie jedes Jahr. Alles ist gut.

Mit diesen Worten versuche ich mich selbst zu beruhigen und habe es auch fast geschafft, als meine Mutter an meiner Zimmertür erscheint.

"Alles okay Spatz? Ich habe dich schreien gehört." Fragt sie mich besorgt.

"Ja, alles gut. Es war nur ein Alptraum." antworte ich ihr.

Man kann sehen, dass sie mir nicht glaubt, aber sie weiß, dass sie es heute lieber auf sich belässt. Nachdem sie mir noch gesagt hat, dass unten schon essen bereitsteht, geht sie auch wieder und lässt mich alleine in meinem Zimmer zurück.

Nachdem ich mich geduscht, angezogen und meine Augenringe überschminkt habe und generell wieder vom Morgenmonster zum Menschen geworden bin, bin ich runter in die Küche zu meinen Eltern gegangen. Ein Brot mit Nutella und einen Kakao zum Frühstück später, laufe ich gerade zur Schule.

Normalerweise laufe ich ja nicht, aber heute schon. Beim laufen kann ich gut nachdenken, deshalb mache ich es zwischendurch immer mal wieder.

Ich laufe auch sonst zwar nie zur Schule, sondern meistens nur so durch die Gegend, aber heute ist eine Ausnahme, denn heute ist nicht irgendein Tag, sondern DER Tag. Der Tag. Der Tag des Autounfalls, der Tag an dem ich meine Familie für immer verloren habe.

An der Schule angekommen, nehme ich nichts aus meinem Umfeld wahr, weder die Sprüche der Jungs noch sonst was.

Jake weiß, dass ich heute lieber alleine bin, deswegen sieht er heute auch bei Dylan, Jayden und den anderen und lächelt mir nur einmal zaghaft zu, was ich erwidere, allerdings ist es unecht und das weiß er auch.

Der Schultag zog heute quälend langsam an mir vorbei, ich bekam nichts mit und hing nur meinen eigenen Gedanken nach. Das einzige, das ich heute halbwegs mitbekommen habe, waren die prüfenden, skeptischen verwirrten und teils anteilnahmenden Blicken von dem Tisch der Jungs, doch ich ignoriere sie gekonnt und verziehe mich wieder in meine Gedankenwelt.

Als die Schule dann endlich vorbei ist, habe ich mich direkt auf den Weg zu meiner Klippe gemacht. An diese Klippe komme ich jedes Jahr und lehne mich an den Baum der drei Meter von der Kante entfernt ist.

An diesem Ort bin ich immer alleine, weswegen ich mich auch hierhin zurückziehe.

Das einzige, was ich noch von meiner Familie habe, ist die Kette, die ich an diesem Tag getragen habe und seitdem ist sie mein kostbarster Besitz, sogar noch kostbarer als meine Yamaha.

Auch heute Morgen habe ich die Kette noch schnell aus meinem Schmuckkästchen genommen, damit ich sie heute bei mir habe, wenn ich, wie jedes Jahr mit meiner Familie rede. Deswegen sitze ich jetzt auch an dem Baum angelehnt, mit Blick aufs Meer und rede mit meiner Familie.

"Hey Mum, hey Dad und hey Brüderchen. Ich weiß zwar nicht ob ihr mich hören könnt, aber ich habe das Gefühl ihr hört mich, so wie immer. Könnt ihr glauben, dass wir heute schon seit zwölf Jahren getrennt sind? Ich auch nicht. Ich vermisse euch und auch wenn ich nichts mehr über unsere gemeinsame Zeit weiß, weiß ich, dass wir unglaublich glücklich zusammen waren." An dieser Stelle bricht meine sowieso schon immer leiser werdende Stimme komplett ab, aber obwohl mir bereits unzählige Tränen die Wange runterlaufen, höre ich nicht auf zu sprechen. "Ich wünschte wir wären noch zusammen und nicht voneinander getrennt oder das ich mich zumindest an die Zeit mit euch erinnern könnte, aber dem ist nicht so. Ich bin hier zwar auch glücklich und ich habe auch hier meinen großen Beschützer der bestimmt mal mein großer Bruder gewesen ist, aber ihr wisst ja... Ich vermisse euch einfach so sehr und ich verfluche mich selbst dafür, dass ihr nicht bei mir oder ich bei euch bin. Wir sollten zusammen sein und nicht getrennt. Ich möchte zumindest mehr von haben als die Kette, die mir alles bedeutet, jedoch nichts gegen euch ist. Ich brauche euch doch. Ich vermisse euch so sehr und ich habe nie aufgehört euch lieb zu haben..." ab dieser Stelle konnte ich nicht weitersprechen und versinke in meinen Tränen.

Ich bekomme nichts mehr um mich herum mit, weshalb ich mich auch ziemlich erschrecke, als sich plötzlich jemand neben mich setzt und anfängt mit mir zu sprechen.

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Wer könnte das wohl sein?

Was haltet ihr bisher von meiner Geschichte?

Ich würde mich wirklich sehr über Kommentare freuen.

All is coming backWhere stories live. Discover now