4. Kapitel

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Es dauerte ungefähr noch drei Stunden, die wir bis zu unserer  Wohnung in Daegu brauchten. Ich konnte die Fahrt über nicht schlafen und entspannen konnte ich erst recht nicht. Während meine Mutter und mein Bruder sowieso im Laufe der Zeit einschliefen, merkte ich erst wie aufgeregt ich eigentlich war. Auf mein neues Leben, auf alles, was mich erwarten würde. Die Gedanken strömten nur so auf mich ein und ließen mir keine Ruhe, während draußen das Nachtleben entfernter Städte an uns vorbei rauschte. Deswegen war es auch kein Wunder, dass ich nach den drei Stunden im Auto totmüde war. Ich stieg nur noch aus dem Wagen und schleppte mich die zahlreichen Treppenstufen hinauf zu unserer Wohnung. Es war nicht das, was ich erwartet hatte. Die Wohnung war groß und hatte einen guten  Ausblick auf die Stadt.  Das  konnte mich in diesem Moment allerdings nicht weniger kümmern. Alles was ich brauchte war mein Bett. Meine Mutter führte mein verschlafenes Ich in eins der Zimmer und ich ließ mich einfach erschöpft auf die Matratze fallen. Schon in derselben Sekunde versank ich in dem weichen Plumeau und driftete in den Schlaf.

Die Sonne stand bereits hoch am Himmel, als ich die Augen das nächste Mal öffnete. Immer noch etwas benommen strich ich mir über die Augen. Es war ein  Wunder, dass ich überhaupt so lange geschlafen hatte. Die Vorhänge waren nicht zugezogen und das Licht schien tief in mein Zimmer.

Mein Zimmer. Ich setzte mich auf. Das war das erste Mal, dass ich mir mein neues Zimmer so richtig ansah. Dafür hatte ich am Tag zuvor keine Zeit gehabt, deswegen sah ich mich jetzt umso neugieriger um. Es war kleiner als mein Zimmer in Deutschland, aber immer noch um einiges größer als so manches Zimmer meiner Freunde. Ich stockte in meinen Gedanken und griff fast schon panisch nach meinem Handy. Ich hatte meinen Freunden nicht einmal Bescheid gesagt, dass ich angekommen war. Sicherlich machten sie sich schon Sorgen. Meine Befürchtungen bestätigten sich, als eine Unzahl an neuen Nachrichten auf meinem Display aufleuchteten.

Sogar mein Vater hatte sich dazu durchgerungen mir eine SMS zu schicken. Was für ein Wunder. Die meisten Nachrichten stammten trotz allem von meinen Freunden, die fragten, ob es mir gut ginge oder ob ich bereits irgendwo im Gelben Meer herumtrieb und auf meine Rettung wartete, weil mein Flugzeug abgestürzt war. Ich musste grinsen. Meine Überlebensbotschaft schrieb ich sofort in unseren Gruppenchat

Alles gut, ihr Verrückten. Es gab nur ein paar Verzögerungen, das ist alles. Sonst ist alles gut.

Ich zögerte eine Weile, als ich Verzögerung schrieb. Ich konnte meiner Mutter noch nicht verzeihen, dass sie einfach über meinen Kopf hinweg entschieden hatte, dass wir nicht nach Seoul, sondern nach Daegu ziehen würden. Ich war zwar auch mit Seoul nicht zufrieden gewesen, weil ich es in Deutschland meiner Meinung nach immer noch am besten hatte, aber Seoul war mir um einiges lieber als Daegu. Von Daegu hatte ich immer  nur am Rande etwas mitbekommen. Mein Fokus lag, wenn es um Südkorea ging, eigentlich immer auf Seoul. Auch meine Mutter hatte immer von Seoul geredet und geschwärmt. Das sie jetzt einfach so nach Daegu ziehen würde kam mir unwirklich und surreal vor. Irgendwie glaubte ich ihr nicht, dass sie von ihrer Firma hier hin versetzt wurde.

Mein Handydisplay blinkte auf. Die Antwort ließ wirklich nicht lange auf sich warten.

Mein Gott, was war denn los? Wir haben uns Sorgen gemacht, du dumme Nuss!!! Du hast dich fast zwei Tage lang nicht mehr gemeldet!

Ich sah förmlich vor mir, wie Kathy die Unterlippe nach vorne schob und anfing zu schmollen.

Weißt du eigentlich wie spät es ist? Deine Nachricht hat mich vollkommen aus dem Schlaf gerissen. Ich hab mein Handy extra auf laut gestellt.

Kathys Nachricht ließ mich die Stirn runzeln und mein Blick  schnellte zur Uhr. Ich sog scharf die Luft ein.  Auf meiner Uhr stand gerade 12 Uhr. Das hieß in Deutschland hatten wir gerade fünf Uhr morgens. Himmel, der Zeitunterschied war wirklich gravierend. Und Kathy war eigentlich immer eine der Personen, die ihr Handy dauerhaft auf lautlos eingestellt hatte.

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt