58. Kapitel

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"Sag mal..." Yoongi kratzte sich verlegen am Hinterkopf und grinste mich dann schief an.

"Seit wann bist du überhaupt hier?" Ich lachte. Es war typisch für Yoongi, dass ihm dieses kleine Detail erst jetzt auffiel. Stunden später, während wir bereits in einem der schwarzen Vans saßen und uns mit jeder Minute mehr vom Stadion entfernten.

Ich nickte in die Richtung von Suji, die unser Gespräch nicht mitverfolgte, sondern ihren Kopf an Jimins Schulter gelehnt hatte. Langsam aber sicher driftete sie ins Traumland.

"Es war Sujis Idee. Sie hat mir heute morgen geschrieben und gefragt, ob ich etwas vorhabe. Tja, und jetzt bin ich hier." Ich grinste breit. Dass ich es jemals schaffen würde zu einem ihrer Konzerte zu gehen, hatte ich selbst nicht geglaubt. Ich hatte es mir immer mal wieder vorgenommen, aber letztendlich war nie etwas aus meinen Plänen geworden, sei es durch die Uni oder die Arbeit oder weil ich einfach nicht in der Stadt war.

Yoongi nickte verstehend.

"War es dein erstes BTS Konzert?", fragte er und ich nickte überschwänglich.

"Ja war es. Ehrlich gesagt war es mein erstes Konzert überhaupt."

Yoongi zog eine Augenbraue in die Höhe.

"Du warst vorher noch nie auf einem Konzert?"

Es war schon echt eine Sünde, dass ich noch nie zuvor ein Konzert besucht hatte. Manche Leute in meinem Alter besuchten im Jahr vielleicht zwei oder drei Konzerte und ich besuchte mein erstes Konzert gerade einmal mit 25. Und selbst dieser Besuch war mehr aus Zufall zustande gekommen. Das war die traurige Wahrheit.

"Du musst öfters rausgehen.", sagte Yoongi und brachte mich so zum Lachen. Ich winkte ab.

"Glaub mir. Das hat Sana schon oft genug versucht. Und sie ist noch hartnäckiger als du."

Hosoek, der neben mir saß, lachte ebenfalls.

"Das sagte genau der richtige. Du verlässt dein Studio doch selbst nur dann, wenn es wirklich notwendig ist.", sagte er triumphierend, doch Yoongi ließ sich dadurch nicht beeindrucken.

"Aber ich bin wenigstens ab und zu auch mal auf Konzerten.", entgegnete er.

"Unsere Konzerte zählen nicht.", warf Hoseok ein und Yoongis Schultern sanken enttäuscht nach unten. Ich lachte. Wieder einmal typisch. Wir waren mittlerweile auf der Schnellstraße und standen im Stau. Es war fast Mitternacht und trotzdem war noch so viel los. An den Trubel und die nie schlafende Stadt hatte ich mich nach sechs Jahren immer noch nicht ganz gewöhnt. Weit entfernt sah ich die Stadt in einem Schleier aus einzelnen Lichtpunkten. Selbst der wolkenbehangene Himmel wurde von den Lichtern angestrahlt. Ich hatte nie gewusst, wie stark eine Stadt die Umgebung beeinflussen konnte. Es war selten, dass man in Seoul die Sterne sah. Auch jetzt konnte man durch die Wolken kaum etwas erkennen. Ich lehnte mich wieder auf meinen Sitzplatz zurück. Jimin und Suji schliefen bereits tief und fest aneinandergelehnt und auch Taehyung, der mir gegenüber saß konnte die Augen kaum noch offen halten. Einzig und allein Hoseok, der auch nach einem Konzert und trotz der Anstrengung nur so vor Energie strotzte, scrollte durch Social Media und grinste ab und zu vor sich hin. Namjoon, Jin und Jungkook teilten sich den zweiten Wagen. Sie fuhren kaum fünf Meter hinter uns.

Mein Augen schweiften zu Yoongi. Sein Blick war nach draußen gerichtet. Auch er beobachtete die Lichter der Stadt. Seine Augen funkelten gerade so, als hätte er noch nie etwas schöneres gesehen. Ich musste ihm im Stillen zustimmen. Die Stadt bei Nacht zu sehen war ein unglaubliches Gefühl. Es war ruhig, aber gleichzeitig auch so lebhaft. Es war einfach überwältigend und aus dieser Perspektive hatte ich die Stadt noch nie gesehen. Nachts war ich meistens in meinem Zimmer oder wenn Sana es tatsächlich geschafft hatte mich zu überreden, in Itaewon, dem internationalen Distrikt von Seoul. Dort waren zwar viele Touristen unterwegs, aber das machte es in meinen Augen nur besser. Ich hatte schon viele deutsche Touristen dort getroffen und konnte ihnen ein paar Geheimtipps geben. Allgemein traf man in Itaewon viele unterschiedliche Menschen, die im Verlauf der Nacht zu einer einzigen pulsierenden Masse zusammenwuchsen. In diesen Momenten merkte ich immer, dass es mir an solchen Augenblicken im Leben deutlich mangelte. Solche Momente in denen man merkte, dass man wirklich lebte. Ich sollte wirklich anfangen öfter rauszugehen.

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Where stories live. Discover now