17. Kapitel

610 51 8
                                    

Wir waren auf dem Weg nach Hause. Die Sonne war schneller untergegangen, als wir es beide gedacht hatten und ich wollte nicht allzu spät nach Hause kommen. Auch wenn meine Mutter immer so tat, als wäre sie die Ruhe selbst, wusste ich,  dass sie sich tausend Gedanken machte, wenn ich nicht um spätestens acht Uhr zuhause war. So war sie, erst drängte sie mich dazu, noch etwas draußen zu unternehmen und dann machte sie sich Sorgen. Mütter eben.

"Wie ist es eigentlich so... mit dem Freund deiner Mutter?", fragte Yoongi plötzlich wie aus dem Nichts und ich blieb vor Verwunderung einige Sekunden lang auf der Stelle stehen, bis ich mich ihm wieder anschloss. Mein Gesicht erhitzte sich.

"Wie kommst du denn jetzt darauf?"

Er  zuckte mit den Schultern. Auf einmal war die Stimmung von ausgelassen zu ernst umgeschwungen und ich hatte keine Ahnung, wie Yoongi gerade auf dieses Thema zu sprechen kam.

"Ich weiß nicht. Es... hat mich interessiert.", erklärte er dann und ich nickte langsam. Ich biss mir auf die Lippe.

"Naja, er ist der neue Freund meiner Mutter... Ich kenne ihn nicht richtig. In manchen Augenblicken scheint er ganz nett zu sein und er wird  nie laut oder gemein zu uns. Jitae scheint zu ihm hochzusehen und ihn zu bewundern und meine Mutter will sowieso, dass bei uns zuhause alles Friede, Freude,  Eierkuchen ist, aber... manchmal vermisse ich  meinen Vater. Also... nicht  nur manchmal, eigentlich ziemlich oft sogar. Ich  spreche fast überhaupt nicht mehr mit ihm..." Ich schaute betreten auf meine Schuhe.

Yoongi schaute mich nicht an, aber ich  konnte sehen, dass er mir zuhörte. Normalerweise wäre ich in so einer Situation wahrscheinlich zurückhaltener gewesen. Ich würde niemals über solche persönlichen Sachen reden, aber bei Yoongi hatte ich das Gefühl, dass ich ihm voll und ganz vertrauen konnte. Also sprach ich weiter.

"Es ist jetzt schon fast zwei Wochen her, dass ich das letzte Mal mit ihm telefoniert habe. Er meldet sich kaum noch und wenn ich ihn dann spreche, ist es immer nur für fünf Minuten." Ich seufzte. "Ich weiß, ich sollte so nicht  denken, aber manchmal frage ich mich einfach, ob wir in seinem Leben je etwas bedeutet haben, oder ob es für ihn jetzt nur noch seine neue Freundin gibt."

Yoongi war nachdenklich geworden. "Warum glaubst du das?"

Ich atmete tief ein. "Ich meine es so. Ich bin seine Tochter. Und Jitae ist sein Sohn. Haben wir es nicht verdient, dass wir mit unserem Vater sprechen? Mehr als nur fünf Minuten in der Woche oder im Monat, wenn es mal gerade so dazwischen passt? Haben wir das nicht verdient?"

Yoongi blieb plötzlich mitten auf dem Weg stehen. Ich lief noch ein paar Schritte weiter, bevor ich mich zu ihm umdrehte und ihn angespannt vor  mir sah.

"Alles in Ordnung mit-"

"Du darfst niemals denken, dass du etwas nicht verdienst, Mihee.", sagte er und mir wurde dabei ganz warm ums Herz. Er trat unvermittelt einen Schritt näher an mich heran und ich wich automatisch einen Schritt zurück.

Was war wohl gerade los mit ihm? Er verhielt sich so komisch. Komischer als sonst.

"Manchmal muss man eben auf die harte Tour erfahren, dass jemand nicht in seinem Leben sein sollte. Ich glaube, dass das bei  deinem Vater so ist. Wenn einer es nicht verdient hat, seine Kinder zu sehen und mit ihnen zu sprechen, dann ist er es, wenn er sich so verhält.", sagte er fest und ich musste mich räuspern.

"Wieso sprichst du jetzt davon, Yoongi?",  fragte ich ihn ein zweites Mal und er blieb stumm.  Dafür sprachen seine Augen umso mehr über sein Inneres. Er sah traurig aus, bedrückt und ...verletzt?

Er nahm meinen Arm bei der Hand und zog mich wieder weiter. Dabei versuchte er meinem Blick weitgehend auszuweichen, aber ich musste sowieso nicht mehr in sein Gesicht schauen. Ich wusste auch so, dass etwas grundlegend nicht stimmte. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals.

Seesaw (BTS Fan-Fiction)Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon