03 - Fightclub

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Von der Wucht des Aufpralls paralysiert brauchte ich ein paar Millisekunden, um mich zu sammeln, bevor ich meinen Blick scharf stellte und auf die bedrohlich gefletschten Zähne meines Gegenübers blickte. Der riesige Wolf schien sich von seinem Sturz anscheinend schneller erholt zu haben als ich, denn er befand sich zu meinem Leidwesen schon wieder viel zu sicher auf den Beinen und das auch noch direkt über mir. Langsam, aber bedrohlich beugte er sich zu meiner Schnauze herab. Sein hellbraunes Fell war gesträubt und hoch aufgerichtet und die Zähne so weit gefletscht, dass ich mir kurzzeitig Sorgen machte seinen Sabber bei einer seiner nächsten Bewegungen in die Augen zu bekommen. Der Wolf verströmte so viel Testosteron, dass dieser penetrante Duft den Drang in mir weckte meine Nase zu reiben.

Erst als ein tiefes Knurren aus seiner Kehle empor stieg, kam urplötzlich wieder Leben in meinen Körper und die Erinnerungen an mein jahrelanges Kampftraining schienen auf einmal zurückzukommen. Als wäre dieses Geräusch ein Startschuss gewesen, schossen meine Pfoten begleitet von einem lauten Fauchen meinerseits nach oben auf seine Kehle zu. Noch während dieser Bewegung fuhren sich meine Krallen aus. Durch eine Abwehrbewegung von ihm schafften sie es zwar nicht zu ihrem ursprünglichen Zielort, sondern landeten etwas darunter in seiner Brust. Ein Grollen stieg aus der Kehle des Wolfes empor, während ich es schaffte meine noch von der letzten Nacht schmerzenden Muskeln durch den mich durchflutenden Schub an Adrenalin zu aktivieren und ihn so von seinen Pfoten zu stoßen.

Wir drehten uns einmal um 180° Grad und noch während des Flugs zog ich die Krallen meiner linken Pfote ein und legte sie ihm auf die Kehle. Gerade noch rechtzeitig, bevor sein Kopf samt scharfen Zähnen nach vorne schnellen und mich verletzten konnte. Er wand sich knurrend auf dem feuchten Gras der Lichtung unter ihm und lange würde ich ihn bei dieser Zappellei auch nicht mehr halten können. Mein Panther war zwar deutlich größer, als jeder Luchs, jedoch konnte auch ich nicht mit der Größe dieses Wolfs mithalten. Aber ich hatte Krallen und diese bohrte ich nun langsam in die Haut seiner Kehle, in der Hoffnung, dass mein Gegenüber diese Drohung verstand und seine Bewegung einstellen würde.

Meine Wünsche wurden anscheinend erhört, denn abrupt hörten die Bewegungen unter mir auf und der Wolf lag plötzlich ganz ruhig. Nur das tiefe Grollen, das einem Gewitter gleich aus seiner Brust drang und die freie Sicht auf seine Reißzähne erinnerten mich weiterhin daran, dass mein Kampfpartner sich noch immer nicht ergeben hatte. Ich stieß ein frustriertes Fauchen aus und zeigte dem Wolf dabei warnend meine scharfen Zähne. Mein Kiefer war in der Lage den Panzer einer Schildkröte zu zertrümmern. Er sollte mich also nicht unterschätzen.

Ohne Vorwarnung brach plötzlich das Grollen ab und der Wolf unter mir ließ jegliche Kampfhaltung fallen. Überrascht über diese Reaktion blickte ich von seiner Schnauze auf in die Augen meines Gegenübers, um seine Beweggrund für diese Handlung zu verstehen. Als mein Blick den Seinen traf runzelte ich verwundert die Stirn. Entgegen meiner Erwartungen hatte der Wolf nicht wie ich leuchtend-gelbe, sondern eisblaue Augen. Zudem blickte er mir ausdruckslos, geradezu erstarrt, entgegen. Was hatte das zu bedeuten? Wollte er, dass ich durch sein Handeln verwirrt wurde und somit meine Deckung vernachlässigte? Schnell verlagerte ich wieder vermehrt Gewicht in meine Vorderpfoten. Ich wollte gerade über meine nächste Handlung nachdenken, als mich wieder etwas in der Seite traf.

Ein zweiter Wolf, mit Schwarz-grauem Fell war zu unserem Kampf dazugestoßen und hatte sich ohne zu zögern auf mich gestürzt. Noch bevor ich hart auf dem Boden aufschlug hatte er schon seine scharfen Reißzähne in meiner linken Schulter versenkt. Ein blitzartiger Schmerz durch fuhr meinen Körper. Fauchend und kreischend schlug ich mit meinen ausgefahrenen Krallen um mich und schaffte es ein paar gezielte Treffer auf seinen Bauch zu setzten. Der Wolf jaulte auf und ließ endlich von meiner Schulter ab. Der Schmerz ließ dadurch jedoch nicht nach, sondern schien so langsam meinen ganzen Körper zu übernehmen. Meine Bewegungen wurden fahriger und mein Verstand langsamer, während eine Schmerzensträne meine Schnauze hinab rollte. Dennoch schaffte ich es meinen Angreifer mit ein paar weiteren Krallenhieben soweit abzuwehren, so dass ich die Chance hatte unter seinem massigen Körper zu entwischen. Der Schmerz verschleierte meine Sicht, während ich mit großen Sprüngen die Lichtung entlang jagte. Weit würde ich mit dieser Verletzung jedoch nicht kommen und schneller als der Wolf erst recht nicht. Er hatte sich nach meinem Entwischen anscheinend schnell gefangen und mir hinterher gesetzt. Das Donnern seiner Pranken auf dem weichen Boden dröhnte wie eine Todesmelodie in meine Ohren. Gerade als ich meine Flucht aufgeben und lieber wieder zurück in den Angriff wechseln wollte, tauchte mein drei Sterne Schlafplatz wieder vor mir auf. Die Eiche erstreckte sich wie ein rettender Anker vor mir. Mit zusammengebissenen Zähnen mobilisierte ich noch einmal all meine Kräfte, bevor ich versuchte mit nur zwei großen Sätzen nach oben zu gelangen. Doch das Glück war heute anscheinend nicht auf meiner Seite, denn noch bevor ich meine Hinterläufe zu mir nach oben auf den Ast ziehen konnte, fuhr ein brennender Schmerz durch meinen rechten Pfote und riss mich geradezu brutal zurück auf den Boden. Während des Falls schlug ich mit meinem Kopf noch einmal gegen den Stamm der Eiche, bevor hart auf der Wiese aufschlug und auf meiner verletzten Schulter zum Liegen kam. Die Schmerzen hatten mittlerweile meinen ganzen Körper eingenommen, ich spürte wie mein Blut mir an manchen Stellen war über den Körper floss und das Fell verklebte. Schleier trübten mein Sichtfeld. Nur noch verschwommen konnte ich erkennen, wie schwarze Wolf sich mit gefletschten Zähnen zu mir runterbeugte. Mit letzter Kraft schaffte ich es mit meiner rechte Pranke zu heben und ihm mit meiner Pranke die Schnauze zu zerkratzen.

Doch das schien ihn nach einem kurzen Zurückzucken nur noch wütender zu machen. Knurrend beugte er sich weiter zu mir vor. Nur zu gerne wüsste ich jetzt was er sagt. Aber leider konnten Wandler sich unter den Arten in ihrer tierischen Gestalt nicht verständigen. Wobei ich war ja schließlich kein normaler Wandler. Immerhin konnte ich mich auch mit den Luchsen verständigen. Aber in dem Fall hatte ich mich schließlich auch in einen verwandelt. Aber konnte ich vielleicht meinen Verstand so weit erweitern, dass es für ein Verstehen der Wölfe reichte? Das müsste schließlich genauso funktionieren, wie mit den Ohren oder dem Verwandeln einzelner Körperteile auch. Das Problem war nur ich hatte mich noch nie in einen Wolf verwandelt. Konnte ich das überhaupt? Noch während mein Angreifer zu seinem finalen Biss an meiner Kehle ansetzte ertönte ein "Stopp!" durch den Wald. Wow, hatte ich es wirklich geschafft bevor ich es überhaupt versucht hatte? Der Wolf vor mir wich zurück und als ich mühsam meinen Kopf hob blickte ich in die eisblauen Augen eines jungen Mannes, der, bloß mit enganliegenden Boxershorts bekleidet, vor mir hockte und mich ansah. Die hellbraunen Haare fielen ihm locker auf die Stirn und auf seiner Brust waren unzählige Kratzer zu sehen. Diese waren jedoch schon fast wieder vollkommen verheilt. Ich atmete einmal tief ein und als sein Geruch meine feinen Riechzellen kitzelte wurde es mir endgültig bestätigt. Er war der helle Wolf gewesen, der mich als erstes angegriffen hatte. Arschloch! Über meinen Kampf mit diesem Aggro-Wolf hatte ich ihn schon beinahe vergessen. Was sollte seine ganze Masche? Hielt er mich für blöd, dass ich ihm sein Getue abkaufte? Ich war doch nicht blöd. Wenn wollte ich in einem fairen Kampf sterben und nicht durch einen dreisten Hinterhalt.

Gerade als der Schönling weiterreden wollte schaffte ich es noch einmal mich mit der letzten Kraft meiner Muskel aufzurichten. Nur mit größter Mühe gelang es mir wieder auf die Beine zu kommen und ihm Schritt für Schritt, eher torkelnd als laufend, näher zu kommen. Die ganze Welt um mich herum schien dabei zu schwanken und schwarze Punkte nahmen den größten Teil meines Sichtfeldes ein. In meine Ohren rauschte es und ich sah, wie der Kerl langsam mit erhobenen Händen rückwärts lief, so als wolle er mich beruhigen. Ich würde ihm gleich einmal zeigen wer sich hier beruhigte. Ich meinte trotz eingeschränkter Sicht zu erkennen, dass seine Lippen sich bewegten, doch ich verstand kein Wort. Das Rauschen meines eigenen Blutes in den Ohren übertönte einfach alles. Alle anderen Sinne wirkten, wie benebelt. Doch ich konnte nicht einfach so aufgeben. Ich musste etwas tun bevor auch die letzte Kraft meinen Körper verließ und mich vollkommen handlungsunfähig machte. Mit schmerzvoll zusammen gebissenen Zähnen versuchte ich verzweifelt alles an Stärke in mir zu mobilisieren, was noch übrig geblieben war. Mit nicht mehr ganz so gezielten Sprung schaffte ich es so mich auf meinen Gegner zu stürzen, naja man könnte es auch eher fallen nennen, und im Zuge dessen meine Krallen in sein Fleisch zu graben. Doch weiter als das kam ich nicht. Denn eine plötzliche Taubheit übernahm nun meinen gesamten Körper und riss mich mit sich. Das Rauschen war mittlerweile das Einzige was ich noch hören konnte und die schwarzen Punkte hatten nun meine komplette Sicht eingenommen. Mir wurde schwarz vor Augen. Es fiel mir schwer noch einen klaren Gedanken zu fassen. Verzweifelt kämpfte ich dagegen an nicht auch noch meinen Verstand in den großen Strudel eines Nichts abdriften zu lassen. Doch irgendwann schien mir auch das plötzlich egal. Und mit meinem nächsten rasselnden Atemzug gab ich mich der Schwerelosigkeit vollkommen hin. Erschöpft und am Ende meiner Kräfte trudelte ich in das unendlich schwarze Nichts welches mich nur allzu freudig bei sich aufnahm.

Black PantherWhere stories live. Discover now