04 - Auf fremden Gebiet

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Das Erste was ich spürte waren unsagbare Schmerzen. Erschöpfung und unsagbare Schmerzen. Mein Verstand war nicht ganz so schnell und deshalb brauchte ich ein paar Minuten, um mich zu erinnern, was passiert war.

Mein Atem ging ruhig und Schritt für Schritt schaffte ich es mich an die Oberfläche meines Bewusstseins zu kämpfen und in die Realität zurückzukehren. Als ich es fast geschafft hatte begannen meine Ohren zu rauschen und erst als dieses nach und nach abebbte war ich in der Lage die Geräusche um mich herum wahrzunehmen.

"Liebling, bleib hier. Sie ist gefährlich, wag es ja nicht näher an sie heranzutreten." Es klang viel zu weit entfernt und durch das leichte Hintergrundrauschen war es schwer auch nur irgendetwas zu verstehen. Ich fühlte mich daran erinnert, wie ich nachts in meinem Bett lag und durch die dünne Betonwand unseres Zimmers dem Fernseher unseres halbtauben Großvaters lauschte.

"Ach stell dich doch nicht so an. Ich möchte mir ihre Schulter nur einmal ansehen." Die Stimme dieser Frau ähnelte einem Glockenspiel, das in einem leichten Sommerwind ruhige Klänge erzeugte. Diese vertrieben das Rauschen und ich konnte sie immer deutlicher verstehen.
Doch wo war ich nur gelandet? Ich erinnerte mich noch gut, wie ich von Zuhause geflüchtet war und auch die Erinnerung an den Kampf um mein Leben war mittlerweile fast vollständig wieder aufgetaucht. Nur an das Ende erinnerte ich mich nur noch schwach. Ich vermutete, dass ich irgendwann einfach bewusstlos geworden war. Doch was war dann passiert? Hatten die Wölfe mich mitgenommen? War ich jetzt ihre Gefangene und sie würden mich verhören, wie ich es bei den Luchsen bereits gesehen hatte? Ich flehte, dass dies nicht der Fall war. Vielleicht hatten die Wölfe mich auch in dem Glauben zurückgelassen ich sei tot und ich hatte mich zurückverwandelt, bevor Wanderer mich gefunden und mitgenommen hatten. Vorsichtig versuchte ich meine Ohren zu bewegen und meinen Schwanz zu spüren. Meine Ohren konnte ich in unterschiedliche Richtungen drehen und auch meinem Schwanz war es möglich ein paar nervöse Zuckungen zu entlocken. Jap ich war definitiv noch der schwarze Jaguar.

"Ruth. Geh da verdammt nochmal weg. Sie wach auf." Die Stimme des Typen war zwar gefasst und besaß einen gewissen Nachdruck, dennoch konnte man ein leichtes Flehen raushören. Als plötzlich auch noch der brennende Geruch von Desinfektionsmittel zu mir durch drang, zog es mich plötzlich vollkommen an die Oberfläche und somit endlich in die Realität zurück. Panisch schlug ich meine Augen auf, sprang fauchend auf meine vier Beine und gewährte meinem Angreifer einen Blick auf meine scharfen Eckzähne.

So zumindest der Plan. Meinem Kreislauf schien diese plötzliche Bewegung nicht zu gefallen und auch die Tatsache, dass der Boden furchtbar rutschig war half noch nicht gerade dabei stehenzubleiben. Zudem tanzten unzählige schwarze Punkte vor meinen Augen und versperrten mir die Sicht.
Mein ganzer Körper protestierte gegen die Bewegung und die Schmerzen mit denen ich es auf einmal zu tun hatte zwangen mich beinahe in die Knie. Allein mein Überlebenswille hielt mich noch weiter auf den Beinen.

Langsam verschwanden die Punkte und nach ein paar Mal blinzeln konnte ich auch endlich mein Umfeld erkennen.

Das Zimmer in dem ich mich befand wirkte steril. Es wurde viel mit Edelstahl und niedlichen Tierpostern gearbeitet, so dass ich sofort an all die Tierarztpraxen, die aus Filmen kannte, denken musste. Meist passierte auf diesen Tischen in der Mitte des Raumes nichts Gutes. Eine Gänsehaut überkam mich, als ich daran dachte, wie der Hund Marley eingeschläfert werden musste. Ich wollte nur stark hoffen, dass die Personen in diesem gruseligen Raum nicht vor hatten mit mir das Gleiche zu tun. Immerhin schien auch ich mich mitten im Raum auf diesem Metalltisch zu befinden. Und der war verdammt viel rutschiger, als es in diesen blöden Filmen immer den Anschein hatte.

Direkt vor mir stand eine hübsche Frau, die ihre blonden Haare in einem lockeren Pferdeschwanz zurückgebunden hatte und mich zaghaft anlächelte. Ihrem Aussehen nach zu urteilen schien sie so um die Anfang dreißig zu sein, doch da wir Wandler ab einem Alter von ungefähr 20 Jahren beinahe, wie in Zeitlupe alterten, musste das nichts heißen. Opa Leo beispielsweise sah zwar auch aus wie ein Opa, war aber mittlerweile immerhin auch schon 142 Jahre alt. Die Frau könnte also auch gut schon so an die 50 sein. Denn nach dem starken Wolfsgeruch zu urteilen, war sie in jedem Fall ein Wandeler. Ihre hellblauen Augen glänzten trotz des möglicherweise höheren Alters, wie die einer Fünfjährigen an Weihnachten. Ihr Oberkörper wurde zudem eine große Schürze bedeckt, die aussah als wäre sie ein last-minute Muttertagsgeschenk gewesen. Überall waren kleine, verschmierte Handabdrücke in den unterschiedlichsten Farben vorzufinden.

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