Kapitel 25

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Am nächsten Morgen wache ich auf und habe das Gefühl unglaublich gut geschlafen zu haben. Tylers Arm ist noch immer um mich geschlungen und sein ruhiger Atem streift meinen Nacken. Oh-Oh. Ehm. Warum liege ich neben Tyler? Gestern Nacht klang es nach einer guten Idee, ich liebe kuscheln, ich meine wer nicht? Aber jetzt wirkt es nur seltsam. 

Wirklich seltsam. Vor einem Monat haben wir uns noch gehasst. Vorsichtig stehe ich auf und greife mein Kleid, meinen Bh und meine Schuhe. Sieht echt falsch aus das ganze hier. Als ich mich raus schleiche fühle ich mich fast schlecht, so als würde ich mich von einem Onenightstand wegschleichen. Dabei tue ich das nicht. 

So leise wie möglich laufe ich in mein Zimmer und lasse meine Sachen neben meinem Bett fallen. Mit einer Handbewegung schalte ich den Wasserkocher an und stelle eine dunkelgrüne Tasse auf die Arbeitsfläche.  Als ich das heiße Wasser in die Tasse gieße und der Früchtetee sich ausbreitet, geht meine Tür auf und Tyler kommt in mein Zimmer.

"Guten Morgen." sagt er energisch und setzt sich einfach aus mein Sofa. "Guten Morgen." sage ich und setze mich mit meiner Tasse dazu. "Und was machst du heute? An einem schönen Mittwoch." sagt Tyler belustigt und ich spucke meinen Tee aus. "Oh mein Gott, wie spät ist es?" panisch springe ich auf und höre Tyler hinter mir lachen. "11 Uhr, die zweite Stunde hat gerade erst angefangen entspann dich." grisend geht er zu meiner Kommode und wühlt darin herum, während ich ins Bad renne. 

"Schwarz oder blau?" ruft er mir zu. "Blau." nuschle ich mit meiner Zahnbürste im Mund. "Gelb oder schwarz?" ruft er wieder. "Gelb." sage ich, als ich mein Gesicht kurz mit kaltem Wasser wasche. 

Als ich aus dem Bad komme, hält er mir eine hellblaue Jeans mit Löchern entgegen und meine gelben Vans. "Das Tshirt kannst du für heute noch behalten, jetzt hopp" sagt er und packt meinen Rucksack. Ich streife die Hose über, ziehe Socken aus der Kommode, streife die Schuhe über und mache mir einen unordentlichen Zopf. Desorientiert suche ich nach meiner Brille. Früher mal haben ein paar Mitschülerinnen mich wegen meiner Lesebrille gemobbt, weil sie ein wenig groß ist, aber Hauptsache jetzt tragen sie genau das gleiche Modell, mit Fensterglas weil es stylisch ist. Ich glaub auch nä.

Ich setze sie auf und drehe mich zu Tyler. Ein BH kann mir heute gestohlen bleiben. "Steht dir." grisend reicht er mir meinen Rucksack. "Los gehts." seufze ich und laufe die Treppe runter, Tyler hinter mir. "Schaffen wir es noch zu Geschichte?" frage ich Tyler. "Wen juckts, Geschichte ist öde." antwortet er, als er sich auf den Beifahrersitz schwingt. 

"Nein, wir behandeln endlich den zweiten Weltkrieg, das ist ein interessantes Thema." schneide ich ein und fahre los. "Nerd." "Loser." "Pah".

Eine Geschichtsstunde später, laufe ich in die Cafeteria und setze mich an meinen üblichen Platz. Mein Sandwich, vom Kiosk schmeckt heute noch mehr nach Pappe als sonst, aber ich habe Hunger, also was solls. 

"Hey Samantha." eine scharfe Stimme durchbricht die wabernde Ruhe um meinen Platz und mein Kopf schnellt hoch. Mein Blick fällt auf Diana die mit einem zerknitternden Gesicht vor mir steht. Ihr Mund ist so dermaßen zu einer selbstgefälligen und trotzdem angepissten Schnute verzogen, man sollte ihr einen Oskar dafür verleihen. 

"Hey Diana." sage ich zurück und schaue sie nur abwartend an. "Schickes Tshirt. Hatte Tyler das nicht letzte Woche an?" sie zieht ihre Augenbrauen hoch. Gespielt überrascht sehe ich an mir herunter und wieder zu ihr. "Oh, hm. Da hab ich wohl in den falschen Wäschekorb gegriffen" sage ich gelangweilt und beiße von meinem Sandwich ab.

Ihre Miene verzieht sich zu einer Mischung aus Entsetzen und Verwirrung. "Wieso denn Wäschekorb?!" fragt sie. "Na in den mit Tylers Wäsche statt mit meiner." spiele ich weiter mit ihr. "Aber warum sollte der, denn bei dir sein? Ihr kennt euch doch kaum! Es sei denn du bist ein Flittchen und hast dich gestern an ihn rangemacht!" beschuldigt sie mich. 

"Diana, Schatz. Tyler wohnt bei mir. Deshalb." erkläre ich schlussendlich und sehe genüsslich dabei zu wie ihr Gesicht rot anschwillt. "Er wohnt..?! Was?! Tyler!" sie dreht sich schwungvoll um und ihre blonden geglätteten Haare fliegen nach hinten. Was hat die Welt eigentlich gegen die Haarfarbe blond, dass sie den Zicken immer diese Haarfarbe gibt. Man die coolen Mädchen mit blonden Haaren tuen mir leid, die werden bestimmt immer für solche Idiotinnen wie Diana gehalten. 

Lachend beiße ich wieder von meinem Sandwich ab und lese bis zum Ende der Pause weiter in meinem Buch. Kurz bevor es klingelt wird ein Stuhl gegenüber von mir zurückgezogen und Tyler setzt sich. "Du hast Diana also erzählt, dass ich bei dir wohne?" fragt er mit einer undefinierbaren Stimme. "Wie hätte ich sonst erklären können wie ich an dein Shirt gekommen bin, Darling." ich lächle und packe mein Buch in den Rucksack. 

"Hättest ja sagen können, dass wir gevögelt haben oder so." raunt er, angepisst. Verwirrt sehe ich ihn an. "Du willst also das die Leute denken, wir hätten miteinander geschlafen? Schadet das nicht deinem Ruf?" sage ich mit scharfer Stimme. "Nein, das ganze Footballteam wettet miteinander wer dich als erste rumkriegt. Ich glaube es gibt einen Sonderpreis für die scharfe Außenseiterin." grinst er. "Das hätte meinem Ruf nicht geschadet, so kennt man mich."

Mein Gesichtsausdruck wechselt von Verwirrung zu Ekel. "Jetzt hör mir mal gut zu. Ich könnte dir in weniger als drei Sekunden das Rückrat brechen. Ich persönlich will nicht als Hure gelten. Kann ja sein, dass dir das gefällt. Aber ich kann das Gezeter von diesen Püppchen nicht gebrauchen." keife ich. "Die wären nur neidisch, weil du mit mir im Bett warst du sie nicht." sein selbstgefälliges Grinsen taucht wieder aus. 

"Ah ja genau. Weil ja auch jeder mit dir ins Bett will." ich stehe auf. "Du könntest mir also einfach so mein Rückrat brechen?" fragt er. "Willst du es riskieren?" meine Stimme ist scharf und bedrohlich, wie ich es gern habe. "Nein, nein. Kleiner Tiger." 

"Verpiss dich Tyler." presse ich hervor und laufe den Gang runter. 


Leave me aloneWhere stories live. Discover now