Die Frau die ich liebte

794 39 2
                                    

Es war bereits tief in der Nacht, als es an meiner goldenen Türe klopfte und Mutter durch diese herein trat. Nur kurz sah ich zu ihr, bemerkte auch das sie besorgt aussah doch trotzdem fiel mein Blick wieder auf die letzten Dokumente vor mir. Seit Wochen war mir scheinbar alles egal geworden „Was brauchst du zu solch später Stunde von mir Mutter?“ fragte ich sie fast gelangweilt, denn genauso lange versuchte sie mit solchen Besuchen irgendeine Regung in mir aus zu lösen, dabei hatte sie immer ruhig auf mich eingeredet während ich nur zuhörte. Doch heute stützte sie sich schwer auf den Tisch, an dem ich saß „Hör auf damit Loki!“ rief sie, und brachte mich damit dazu hoch zu sehen „Arikàda liegt im sterben.“ Sagte sie so erstickt das es die Wahrheit sein musste. Geschockt ließ ich den Stift fallen, und blickte einen kurzen Moment wieder nach unten. Endlich regte sich wieder etwas in meinem inneren, und die Trauer ließ mein Herz schmerzen. Ich riss meinen Kopf hoch und stand von meinem Stuhl auf, während mir die ersten Tränen die Sicht versperrten. Mit schnellen Schritten trat ich durch mein Gemach, bevor ich mich mit Hilfe meiner Magie in die Heilkammer teleportierte. Dort war das erste was ich sah Blut. Es war einfach überall und tropfte von allen Seiten der Seelenschmiede. Darauf lag ein Blutdurchtränktes Bündel, dass sich nicht regte. Der Schock und die tiefe Verzweiflung ließen mich erstarren, ich wagte nicht einmal mich um zu sehen, aus Angst ich könnte irgendwo Arikàda in diesem grauen erblicken. Irgendwann, ich konnte nicht sagen wie lange es dauerte, trat eine Heilerin an mich heran. Ihre Kleidung wie ihr Gesicht waren Blut verschmiert, sie öffnete zwar ihren Mund und schien etwas zu sagen, doch ich hörte es nicht. Das einzige was ich wahr nahm war dass sie auf eine geöffnete Tür zeigte, in deren Richtung ich mich nun bewegte. Dahinter war ein kleiner Raum, mit einem einzigen Bett in dem Arikàda lag. Auch hier war die Bettdecke mit Blut befleckt, selbst in Arikàdas Gesicht fand ich Blut. Ihre Haut war so blass und ihre Augen lagen tief in ihren Höhlen. Sie schien tot, und so verlor ich das letzte bisschen Kraft das mich stehen ließ, und sank auf die Knie. Ich konnte meine Augen einfach nicht von ihr abwenden, genauso wie mein Herz, und so kam es das beide einfach weinten. In den ganzen Wochen hatte ich mein Herz begraben, und nun schmerzte es vor Liebe zu der Frau die vor mir lag und die ich erneut verloren hatte „Loki…“ Drang das erste Mal wieder eine Stimme zu mir durch, ich konnte sie hören und kurz dachte ich Thor hätte nur in meinem Kopf zu mir gesprochen. Doch plötzlich legte sich erst eine starke Hand auf meine Schulter und dann fiel der Rest von Thor neben mir auf die Knie und umarmte mich. Weiter weinend erwiderte ich seine Umarmung und brachte ein leises „Es tut mir Leid.“ Heraus das nur er hören konnte. Als er seine Umarmung löste, erklang die Stimme unserer Mutter hinter uns „Das Kind war eine Todgeburt.“ Sprach sie leise und voller Trauer aus. Ich stützte mich am Rahmen des Bettes, in dem Arikàda lag wieder auf „Ihr Leib wurde trotz aller Vorsichtsmaßnahmen, förmlich zerrissen.“ Erklärte nun eine weitere Stimme, die wohl zu einer Heilerin gehörte „Es grenzt an einem Wunder das sie bis jetzt das alles überlebte.“ Ein leiser Hoffnungsschimmer durchfuhr mich „Doch sie hat schwere Verletzungen davon getragen, und dabei sehr viel Blut verloren. Wir haben alles getan was wir konnten, es bleibt also abzuwarten.“ Ohne jedes Wort der Wahrnehmung, drehte ich mich wieder zu Arikàda zurück. Ich trat an ihre Seite und ließ mich auf dem Stuhl nieder, der neben ihrer Bettstatt stand. Lange Zeit hörte ich nur entferntes Getuschel, doch irgendwann trat ein Apfel in mein Blickfeld. Verwundert sah ich in die Richtung von dieser er gekommen war und erblickte wieder Thor „Nimm.“ Forderte er mich auf, doch ich rührte mich nicht weiter, denn Hunger hatte ich nicht „Ich kann mir vorstellen wie du dich fühlen musst, doch glaub mir neben Arikàda zu verhungern macht keinen Sinn und bringt ihr auch nichts.“ Zögernd nahm ich ihm nun doch den Apfel ab, auch wenn ich bezweifelte das er wusste was in mir vorging. Lustlos drehte ich den Apfel in meiner Hand, doch bevor Thor noch einmal einen Monolog halten konnte, zwang ich mich dazu ein Stück vom Apfel abzubeißen „Was ist mit euch geschehen, in der Zeit wo ich fort war?“ fragte er mit ruhiger Stimme, als er sich in den Stuhl auf der anderen Seite des Bettes fallen ließ „Es ist meine Schuld.“ Gestand ich ihm, während ich versuchte die wieder aufkommenden Tränen zurückzuhalten „Nachdem ich gekrönt wurde, verschlangen mich meine Pflichten. Dass mich das Volk nicht akzeptierte, machte die Situation nur schlimmer. Als ich eines Abends nach Asgard zurückkehrte, schrie ich Arikàda an das ich sie nicht an meiner Seite gebrauchen konnte.“ Meine Stimme brach und eine einzelne Träne entkam mir. Ich räusperte mich, um meine Gefühle schnell wieder zu fangen „Arikàda löste unsere Verlobung und verließ mich.“ Schwer waren die Worte, die meine Lippen verließen, doch ich erzählte weiter „Ich versank im Kummer, ertränkte ihn im Met. Versuchte mich frei zu fühlen, in dem Gedanken gefangen das richtige zu tun, vergaß ich sie.“ Die Tränen überkamen mich erneut, ohne etwas dagegen tun zu können „Ich wandte mich anderen Frauen zu, anstatt die eine die ich wirklich liebte zu besuchen. Ich begrub mein Herz, und damit auch alles von mir.“ Thor sah mich an, als ob er den selben Schmerz in sich trug. Wieder kam er zu mir herüber und umarmte mich „Ich war ein Narr.“ Schluchzte ich in seine Brust wie ein weinendes Weib, und Thor drückte mich darauf nur fester an sich „Das waren wir beide.“ Sprach er und ich hätte schwören können, das ich auch eine Träne sah. Die nächsten Tage vergingen wie Jahrtausende, in denen Thor und ich nichts taten als über sie zu wachen und zu hoffen. Ab und zu kam auch Mutter herein, um nach uns zu sehen. Doch dank Thor brauchte sie uns kein Essen zu bringen. Einmal war auch kurz Sif vorbei gekommen, doch sie blieb nicht lange ehe sie den Anblick nicht mehr ertrug und sichtlich getroffen wieder ging. Drei Mal am Tag kamen die Heiler herein um Arikàda zu untersuchen, dabei kam meist nichts gutes heraus. Die Art ihrer Verletzungen waren selbst für die Seelenschmiede eine Herausforderung gewesen, was so viel bedeutete dass sie nichts mehr tun konnten, außer ihren Verband zu wechseln, und darauf zu achten das sich nichts entzündete. Das einzig positive war, dass sie kein Blut mehr verlor. Ansonsten bereiteten uns die Heiler darauf vor, nicht mehr allzu viel Hoffnung zu hegen sondern langsam Abschied zu nehmen. Doch das käme einem wiederholten Fehler gleich, stattdessen verschwand ich für einige Stunden in der Bibliothek. Zurück kam ich mit einem Buch, vor dem mich meine Mutter während meiner Unterweisung in Magie ausdrücklich gewarnt hatte. Eigentlich wollte ich ihre Warnung beherzigen, doch ich war verzweifelt. Als ich nun wieder mit dem Buch zu Thor und Arikàda zurückkehrte, riss Thor seine fast zugefallenen Augen wieder auf „Nein Loki!“ rief er und stand alarmiert auf „Das ist Wahnsinn.“ Schnell legte ich das Buch auf dem Bett ab, bevor ich mich Thor entgegen stellte, der mit schnellem Schritt auf mich zu kam „Es ist unsere letzte Hoffnung!“ hielt ich gegen ihn, doch er bäumte sich vor mir auf und packte mich an den Armen „Aber nicht zu diesem Preis.“ Sagte er während er mich leicht schüttelte, als ob er versuchte mich wach zu rütteln „Es wäre mir alles Wert, sie den Rest meiner Tage bei mir zu wissen.“ Dennoch ließ Thor nicht von mir ab „Und wenn es schief geht, verliere ich euch beide.“ Wütend schnaubte ich „Es ist mir gleich, ob nun in zwei Jahren oder hier für die Frau die ich Liebe!“ verwirrt sah mich Thor an, und erst jetzt bemerkte ich welche Grenze ich da gerade überschritten hatte. Kurzes schweigen Trat ein, ehe eine leise Stimme ertönte „Bitte streitet euch nicht um mich, ich Liebe euch doch beide.“ Erschrocken blickten wir beide zu Arikàda herunter, die mit halb geöffneten Augen in ihrem Bett lag „Odin sei Dank, du bist endlich wach.“ Freute sich Thor und sprang wieder an ihre Seite, während ich noch starr am Fuße des Bettes stand. War ich mir doch nicht sicher, ob sie mich sehen wollte, nach allem was passiert war. Ich presste meine Lippen zusammen, während Thor sie mit einem Arm nach oben stützte, um ihr mit der anderen Hand einen Becher mit Wasser an ihre ausgetrockneten Lippen zu halten. Noch etwas schwach trank sie ein paar Schlucke daraus bevor Thor den Becher wieder beiseite stellte „Was ist mit unserem Kind?“ fragte sie an mich gerichtet, und ein wenig berührte es mich dass sie ‚unser‘ Kind sagte. Ohne etwas zu sagen schüttelte ich den Kopf, worauf Arikàda nur eine einzelne kleine Träne über die Wange lief „Wir sind froh das du ihm nicht auch nach Wallhalla gefolgt bist.“ Sprach Thor mit einem erleichterten Lächeln aus und lehnte sich in seinem Stuhl zurück „Es freut mich dich zu sehen.“ Verwundert blickte ich zu ihr, als sie dies vor Freude Lächelnd in meine Richtung sagte. Dachte ich doch eher an eine Abweisung von ihr. Noch etwas zögerlich trat ich an ihre Seite und nahm wieder auf dem Stuhl Platz „Ich lasse euch dann kurz allein. Ich hole solang etwas zu essen für dich.“ Mit diesen Worten verließ Thor den Raum. Kaum waren selbst seine Schritte verhallt, trat Stille in die kleine Kammer. Ich wollte ihr so viel sagen, doch meine Zunge wagte es nicht zu sprechen, das Schuldgefühl ließ mich verstummen. Die Angst kroch langsam in mir hoch, traute ich mich nicht einmal sie zu berühren. Es war als würde ich ihr zum ersten Mal meine Gefühle gestehen, doch tatsächlich hatte ich unsere Liebe verraten „Was hast du?“ fragte mich Arikàda plötzlich sanft, und erst jetzt bemerkte ich das mir Tränen über das Gesicht liefen, die einfach nicht zu stoppen waren. Ich atmete tief ein und aus, sammelte all meine Gedanken zusammen „Es ist alles meine Schuld.“ Sprach ich mit bebender Stimme und senkte den Kopf „Wäre ich nicht so ein Narr gewesen, dann würden wir vielleicht jetzt unser Kind in den Armen halten, als Mann und Frau.“ Meine Hände zitterten, zu viel Angst machte mir mein Unwissen was sie nach alldem von mir hielt. Doch im nächsten Augenblick spürte ich ihre warme Hand an meiner und ergriff diese, die Sehnsucht nach ihrer Berührung war einfach zu groß „Es ist nicht deine Schuld Loki.“ Ihr Lächeln war so warm, obwohl meine Herkunft sie beinahe zerrissen hätte. In ihrem Inneren lag kein Funken von Wut, oder Hass „Es tut mir so unendlich Leid, wie ich die letzten Monate zu dir war…“ meine Stimme brach ab, dafür gab es eigentlich keine Entschuldigung, doch Arikàda lächelte mich einfach nur weiter an „Es ist schon gut. Ich habe auch Fehler gemacht.“ ohne jedes zögern vergab sie mir einfach. Erleichterung kam über mich und Freude durchströmte mich als ich ihre Hand küsste und mit einem kurzen Hauch von Magie ihren Ring wieder an ihren Finger zauberte. Freude strahlend bemerkte sie ihn sofort und ich konnte gar nicht mehr sagen wie glücklich ich wieder nach Monaten in diesem Moment war „Wenn du noch meine Königin werden willst…“ sagte ich vorsorglich, doch Arikàda nickte schon als ich erst zwei Worte gesagt hatte. Überglücklich beugte ich mich zu Arikàda vor um sie endlich wieder zu küssen. Vorsichtig legte ich meine Lippen auf ihre und von jetzt auf gleich, war alles von mir abgefallen. Ich wollte nie wieder Angst haben die Frau die ich liebte zu verlieren. Ich würde sie zu meiner Königin machen, und sie würde von meinem Volk genauso für ihre Güte geliebt werden, wie ich sie dafür liebte. Nichts sollte uns mehr trennen „Ich verspreche dir, nie wieder werde ich solch einen Fehler begehen.“ Versprach ich und küsste sie erneut. Wie sehr ich doch ihre zarten Lippen vermisst hatte. Als ich mich nun erneut aus unserem Kuss löste, kam Thor gerade herein. Lächelnd trat er mit einer Schale Trauben in der Hand, an die andere Seite des Bettes und stellte diese auf dem kleinen Kasten am Kopfende ab. Kaum hatte er sich darauf wieder in seinen Stuhl gesetzt, pflückte er sich auch schon eine Traube aus der Schale und schob sie sich in den Mund „Ich bewundere sehr an euch, wie schnell ihr zwei wieder ein Herz und eine Seele seid nach einem Streit.“ Bemerkte Thor weiterhin mit einem Lächeln und schob sich danach die zweite in den Schlund. Fürsorglich pflückte Thor die nächste ab, beugte sich von seinem Stuhl vor und legte die Traube auf Arikàdas Lippen, die sie dafür ein wenig geöffnet hatte „Und eure grenzenlose Liebe für einander, bewundere ich ebenso.“ Ergänzte Thor noch, bevor er Arikàda die nächste Traube anbot „Ich bin mir sicher, du wirst auch noch das große Glück finden Bruder.“ Versicherte ich ihm mit einem Lächeln, worauf er nur nickte. Von da an schaffte Arikàda nur noch zwei weitere Trauben, ehe sie wieder vor Erschöpfung einschlief. Schmunzelnd schob sich Thor nun selbst die Traube in den Mund, als er sah das Arikàdas Augen wieder geschlossen waren. Müde lehnte er sich nun wieder auf seinem Stuhl zurück und gähnte ausgelassen „Odin sei Dank, dass sich alles zum guten gewendet hat.“ Sagte Thor noch als er sich ausgelassen auf seinem Stuhl streckte. Schweigend stand ich von meinem Stuhl auf und ging zu Thor herüber, der seine Augen geschlossen hatte. Nur leicht berührte ich seine Stirn mit meinen Fingern und ließ meine Magie in seine Gedanken eindringen. Gerade im rechten Moment, bevor er es mitgekriegt hätte und seine Augen wieder öffnen konnte. Schnell löschte ich den Moment aus, in dem ich ihm die Zukunft preisgab und schickte ihn darauf ins Land der Träume. Zufrieden, das es gerade nochmal gut gegangen ist ließ ich mich auf die Bettkante nieder „Jetzt ist alles wieder gut.“ Flüsterte ich mehr zu mir selbst, als ich Thor noch einen Moment musterte ehe mein Blick auf Arikàda fiel. Irgendwann würde die Zeit kommen, in der ich es ihnen erzählen würde, so wie ich es Arikàda versprochen hatte, doch sie war zu meiner Erleichterung noch weit entfernt.

the God of Mishief and the Blood Hair SnowprincessWhere stories live. Discover now