Kapitel 25

1.8K 143 50
                                    

Die nächsten Tage ist die Stimmung komisch. Keine ahnung, was hier los ist, aber es nervt! Lydia verhält sich immernoch freundlich mir gegenüber. Aber Alec geht immer mehr auf Abstand. Sein Blick ist abwesend und er geht mir sichtlich aus dem Weg.

Mehrere Male habe ich versucht, auf ihn zuzugehen und mit ihm zu reden, aber er weicht jedem Versuch aus. Seufzend stehe ich an meinem Hotelbett und packe meinen Koffer. In ein paar Stunden fahren wir zurück nach New York. Ich weiß nicht, wie das werden soll.

Normalerweise würde ich neben Alec sitzen und Filme gucken oder so. Aber er sieht mich nicht mal mehr an, seit ich mich mit Will getroffen habe. Sein Verhalten verletzt mich so sehr. Ich weiß nicht, was ich gemacht habe. Und ich weiß nicht, wie ich es rausfinden soll, wenn er nicht mit mir redet. Das wird richtig lustig, wenn wir wieder zuhause sind.

Erschöpft von meinen Gedanken schließe ich den Koffer und gehe runter in die Lobby. Zu meiner Überraschung sehe ich dort ein mir allzu bekanntes Gesicht. "Will? Was machst du denn hier?", frage ich neugierig und gehe zu ihm um ihn zu umarmen. "Ich wollte mich von dir verabschieden. Ihr fahrt ja bald zurück und ich muss später noch zu einer alten Bekannten, deswegen kann ich nicht zum Bahnhof kommen.", erklärt er und sieht mich mit einem warmen lächeln an.

Freundlich versuche ich es zu erwidern, was mir nur halbherzig gelingt. "Was ist los?", fragt Will besorgt und ich schüttele den Kopf. "Nichts. Nur...", zögere ich. Soll ich ihm wirklich davon erzählen? Verstehend greift Will nach meiner Hand, zieht mich nach draußen und führt mich in einen naheliegenden Park. Dort lässt er mich wieder los und geht langsam neben mir her.

"Also?", fragt er erneut. Ich atme tief ein. "Alexander ist so merkwürdig zu mir. Seit wir beide uns getroffen haben, ignoriert er mich und geht mir absichtlich aus dem Weg. Ich weiß nicht mal, wo er letzte Nacht geschlafen hat.", erkläre ich traurig. Nickend sieht er auf den Kiesweg vor uns und tritt ab und zu größere Steinchen weg.

"Vielleicht wird ihm grade klar, dass irgendwas in seinem Leben nicht so läuft, wie es laufen sollte oder könnte?", schlägt er vor. Stirnrunzelnd sehe ich ihn an. "Wie meinst du das denn?", frage ich. Er schweigt. Warum schweigen alle? Stelle ich so komplizierte Fragen, dass man erst Stunden über mögliche Antworten nachdenken muss?

"Naja..", fängt er an, schweigt dann aber wieder. Ungeduldig stöhne ich auf und Will kichert leise. "Ist ja gut!", entschuldigt er sich. "Sieh mal, ihr beide wart oder seid die besten Freunde! Eine Beziehung zu faken ist dann garnicht so einfach. Wie weit seid ihr gegangen?", fragt er neugierig.

Kurz denke ich nach. Wirklich viel haben wir nicht gemacht. "Keine ahnung. Mehr als küssen war nicht dabei. Wir haben uns nicht mal nackt gesehen oder so.", beichte ich. Irgendwie wird mir dieses Gespräch unangenehm. Doch Will nickt nur verstehend und stößt mir leicht mit dem Ellenbogen in die Seite.

"Mach dir nicht so viele Gedanken. Vielleicht muss er erstmal nachdenken, immerhin ist es komisch als ein hetero Junge so zu tun, als wäre man mit seinem besten Freund zusammen.", versucht er mich zu beruhigen. Ich nicke. Will hat vermutlich recht. Aber ich kann nicht anders.

Diese Situation macht mich kaputt. Alec und ich haben nie gestritten, wirklich nie! Wir konnten nicht einen Tag ohne einander. Aber seit dem Abend auf der Dachterrasse hat er kein Wort mehr mit mir geredet. Die Tage, in denen wir keinen Kontakt hatten obwohl wir uns die ganze Zeit sehen konnten, sind die Hölle gewesen.

Ich bin in meiner persönlichen Hölle, verbrenne in dem quälend schmerzendem Feuer und nur Alec kann es löschen. Aber er tut es nicht. Er weiß, dass ich leide, aber sieht nur tatenlos zu!

Eine Stunde später komme ich alleine im Hotel an und hole meine Sachen aus dem Zimmer. Unsere Lehrer checken aus, als wir alle da sind und gemeinsam fahren wir zum Bahnhof. Alec ist die ganze Zeit bei Lydia und seufzend lege ich im Zug meinen Rucksack auf den Sitz neben mir und warte auf ihn. Jace und Simon, die mir wieder gegenüber sitzen, reden angeregt über die Kursfahrt und was ihnen am besten gefallen hat.

"Hey", höre ich eine weibliche Stimme neben mir und drehe mich zu ihr. "Helen? Was gibts?", frage ich verwirrt. "Kann ich bei euch sitzen?", fragt sie schüchtern. Die Jungs sehen mich erwartungsvoll an. "Warum?", entgegne ich dümmlich. Helen wird sichtlich nervös. "Ich sitze sonst bei Lydia, aber den Platz hat sich Alec genommen. Ich dachte, wenn er bei ihr sitzt, dann kann ich zu euch kommen?", erklärt sie verlegen.

Und da ist er. Der stechende Schmerz in meinem Herzen, der mir sagt, dass zwischen Alec und mir alles anders ist. Wir fahren 17 Stunden Zug und er sitzt lieber bei Lydia als bei seinen Freunden. Seufzend nehme ich den Rucksack vom Sitz und sehe sie lächelnd an. "Komm zu den coolen Leuten.", spaße ich und sie setzt sich erleichtert und fröhlich neben mich.

Wir schweigen, bis der Zug losfährt und ich baue in der Zeit meinen Laptop vor mir auf. "Du, Magnus?", fragt Helen wieder verlegen. Ich sehe sie an. "Es geht mich nichts an aber... was ist mit dir und Alec los?", fragt sie neugierig. Ich nicke leicht.

Dass sie das fragt ist verständlich. Normalerweise kleben wir aneinander, aber auch unsere Mitschüler haben die Eiszeit zwischen uns bemerkt. "Ich glaube, wir haben Schluss gemacht.", murmele ich. Sie zieht erschrocken die Luft ein. "Du glaubst?", fragt sie.

"Ja. Ich habe mich letztens mit einem alten Freund aus Detroit getroffen. Alec wollte nicht mit und als ich nach dem Treffen wieder kam, war plötzlich alles so komisch bei uns. Ich wollte mit ihm reden, aber er geht mir konsequent aus dem Weg.", erkläre ich ihr die verharmloste Geschichte. Sie nickt verstehend. "Das wird schon wieder.", versucht sie mich aufzumuntern.

Schlechtester Satz, den man da sagen kann, aber ich bin ihr trotzdem dankbar. Lächelnd reiche ich ihr einen Stecker der Kopfhörer. "Lust auf einen Film?", frage ich. Sie nickt lächelnd und nimmt mir den Stecker ab. Ich mache den ersten Teil Tribute von Panem an und versuche meine Gedanken abzuschalten.

Nur leider funktioniert das nicht. Ich bekomme den Film nur halb mit und denke die ganze Zeit daran, wie es in New York weiter gehen soll. Was soll ich Izzy sagen? Wie sollen wir das Maryse erklären? Wie kann ich in einem Haus mit dem Jungen meiner Träume leben, wenn er mich wie Luft behandel?

Ein böser Gedanke kommt mir. Ich könnte nach dem Abschluss zurück nach Detroit gehen. Zurück zu Will. Er war mein bester Freund und könnte es wieder werden. Oder er könnte mehr werden? Auf jeden Fall könnte er mir helfen, Alec zu vergessen. Für immer! Dieser Gedanke ist garnicht so doof. Es ist zumindest einige Überlegungen wert.

Faking itWhere stories live. Discover now