Kapitel 34

1.9K 157 12
                                    

Bedrückt liege ich in meinem Bett und kuschele mit meinem Kopfkissen. Noch zwei Tage, dann kann ich hier weg. Noch zwei Tage und ich bin auf dem Weg nach Indonesien. Bei dem Gedanken bin ich erleichtert und gleichzeitig zieht sich meine Brust schmerzhaft zusammen.

Das Klopfen an meiner Tür lässt mich aufschrecken und Clary kommt rein. "Los aufstehen!", ruft sie fröhlich. Ich stöhne genervt und lege mir das Kissen über den Kopf. Dumpf höre ich ihre Schritte näher kommen und im nächsten Moment zieht sie mir das Kissen weg.

"Man Biscuit.", seufze ich und setze mich auf. "Na los, wir gehen in die Stadt.", bestimmt sie. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. Sie seufzt missmutig. "Wenn du schon beim Abschlussball fehlen musst, dann wirst du wenigstens bei unserer Zeugnisvergabe gut aussehen!", erklärt sie, greift nach meiner Hand und zieht mich aus dem Bett.

"Clary bitte...", versuche ich es, werde aber unterbrochen. "Nein Magnus! Ich wollte mit dir Shoppen und Bilder und Videos machen und einen schönen Abend haben! Und auch, wenn ich dich am liebsten in meinen Keller sperren würde, akzeptiere ich deine Entscheidung zu gehen! Aber dann lass mir wenigstens schöne Bilder bei der Zeugnisvergabe, mit dir in einem tollen Anzug!", bettelt sie.

Ihr steigen Tränen in die Augen und ich lächele sanft. "Okay Schnuffelchen. Lass uns Shoppen gehen.", murmele ich und verlasse mit ihr das Haus. Eine halbe Stunde später sind wir in der Innenstadt in einer eleganten Beautique.

Clary sieht sich fasziniert die schönen Kleider an. Ich stehe eher etwas unbeholfen im Gang. Eigentlich bin ich besessen von Mode und Kleidung. Aber heute? Ich will nur in mein Bett und an nichts mehr denken.

Clary bemerkt wohl meine Stimmung und zieht mich am Arm mit zur Herrenmode. "Clary ich...", setze ich wieder an doch werde von ihrer erhobenen Hand unterbrochen. "Mags, bitte. Ich will wenigstens noch einmal mit dir Shoppen. Noch einmal elegante Klamotten kaufen und einen letzten Tag mit dir fantastisch aussehen.", bittet sie mich.

Ihre Hundeaugen blinzeln mich flehend an und ich knicke ein. Wie kann ich ihr auch nur einen Wunsch abschlagen. "Na schön Biscuit.", sage ich lächelnd. "Was soll ich anziehen?" Sie klatscht fröhlich in die Hände und stöbert in den Anzügen herum.

Bald habe ich eine schöne Auswahl zusammen. Einen tiefschwarzen Anzug mit schwarem Hemd. Einen weiteren schwarzen Anzug mit kleinen, dunkelblauen, glitzernden Details, der dem ganzen einen wunderschönen Stil verleiht, und dazu ein schwarzes Hemd. Und einen matt goldenen Anzug mit weißem Hemd. Ohne die Sachen anzuprobieren, weiß ich schon welchen ich nehme.

Und diesen ziehe ich auch zuerst an. In dem schwarz-blauen Anzug komme ich aus der Umkleidekabine und meiner Begleitung steht der Mund offen. "Wow Mags.. du siehst... wow.", stotter sie. Lächelnd betrachte ich mich im Spiegel.

Blau stand mir schon immer sehr gut. Und dieser Anzug passt perfekt zu Alec's blauen Augen. Schnell kneife ich die Augen zusammen um meine aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Alec wird wahrscheinlich mit Lydia dort auftauchen.

Mein Herz fällt in meiner Brust nach unten und zersplittert auf meinem Magen. Langsam öffne ich meine Augen und sehe Clary dicht hinter mir stehen. Durch den Spiegel sieht sie mich warm lächelnd an. "Du denkst wieder an ihn? An seine Augen.", murmelt sie.

Ich nicke nur. Sie weiß genau, wieso ich diesen Anzug haben will. Wieso ich keinen anderen anziehen werde. Sie weiß, dass ich ihn über alles liebe. Und das ich lieber für immer von ihm getrennt bin, als ihn mit einer anderen glücklich zu sehen.

Langsam zieht sie mich zu der kleinen Stoffbank vor den Kabinen und sieht mich an. "Magnus, woran denkst du grade?", fragt sie leise, mitfühlend. Sie will für mich da sein. Und ob ich ihr meine Gedanken jetzt erzähle oder nicht, sie wird beides verstehen und mich zu nichts drängen. Aber ich habe nichts mehr zu verlieren. Mit ihr zu reden kann nur ein Gewinn sein.

Tief atme ich durch. "Ich wusste von Anfang an, dass diese ganze Sache schief geht. Von Anfang an hat Isabelle mich gewarnt. Von Anfang an hatte ich ein komisches Gefühl dabei. Es war zu einfach. Es ging zu schnell. Alexander war so locker damit. Hat es als so normal empfunden. So sehr, dass ich manchmal vergessen habe, dass das alles gefaket ist."

Sie nickt, schweigt, hört mir aufmerksam zu. "Mit jedem Tag habe ich mehr daran geglaubt, dass wir wirklich ein Paar werden können. Das wir eine gemeinsame Zukunft haben, eine eigene Familie. Immer wieder habe ich versucht ihm zu sagen, wie sehr ich ihn liebe und was ich wirklich für ihn empfinde.", erkläre ich weiter.

Sie nimmt meine Hand, drückt sie, leistet mir beistand. "Aber er hat es nicht verstanden. Er dachte wohl, ich meine es als sein bester Freund. Und das war ich auch. Und das werde ich immer sein, wenn er es zulässt. Egal ob Beziehung oder nicht, wir sind für immer beste Freunde. Aber dann, der Abend auf der Dachterrasse in Detroit. Der Abend, nach meinem Treffen mit Will. Dieser Abend hat mir gezeigt, dass ich die Realität nicht mit Wünschen ändern kann."

Tränen laufen mir still das Gesicht herunter und tropfen auf den Anzug. Leise lehnt Clary sich an mich, schenkt mir halt und kraft. Gibt mir das Gefühl, dass ich nicht alleine bin. Dankbar lege ich meinen Arm um sie, genieße diesen stillen Moment der Freundschaft, des Zusammenhalts.

Nach ein paar Minuten lässt sie von mir ab und schaut mich an. "Wir zeigen es ihm. An der Zeugnisvergabe zeigen wir ihm, was er hätte haben können. Du wirst fantastisch aussehen und er wird es bereuen.", murmelt sie. Lächelnd nicke ich. Ja so machen wir das.

Ich werde dort hingehen. Ich werde ihm zeigen, was er mit mir verliert. Er wird mich niemals so lieben wie ich ihn. Aber er verliert mit mir seinen besten Freund und seinen Bruder. Und genau das wird er übermorgen spüren. Noch ein letzter großer Auftritt in Amerika, ein letzter großer Auftritt zum Abschied.

Faking itWhere stories live. Discover now