vier

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"Nächster!", brüllte der Bodyguard ungeduldig und reckte sein speckiges Kinn in die Höhe.
Ich trat vor den Tisch, an dem Thomas Sangster höchstpersönlich Autogrammkarten signierte.
Ich war unerträglich nervös.
Auf seinen perfekt geschwungenen Lippen lag ein breites Lächeln, welches schlagartig verstarb, sobald sein Blick mich fand.
Verunsichert blickte ich an mir herunter und bemerkte voller Entsetzen, dass ich meinen rosafarbenen Hello Kitty-Pyjama trug.
Im nächsten Augenblick stieß mich jemand (oder etwas?) grob zu Boden.
Als ich Thomas das nächste Mal ansah, drückte er Isabella Melling einen Kuss auf die zu einem hässlichen Grinsen verzogenen Lippen.

Ich zitterte am ganzen Körper, als ich endlich aufwachte.

Ein Albtraum.

Nur ein Albtraum.

Meine hektische Atmung normalisierte sich langsam wieder.
Ich richtete mich ein Stück auf und mein Blick fiel auf den Radiowecker auf meinem Nachttisch.

Es war noch zu früh, um aufzustehen, aber nach solch einem Traum konnte ich beim besten Willen nicht mehr einschlafen.

Also machte ich mir kurzerhand in der Küche einen warmen Kakao und ging auf den Balkon.
Es war eine kühle, wolkenlose Nacht, und die frische Luft tat gut - doch sie vertrieb weder die Erinnerung an meinen merkwürdigen Traum, noch die in mir aufsteigenden Zweifel.
Ich wusste, ich sollte nicht länger darüber nachdenken.
Doch wenn man versuchte, etwas zu ignorieren, dann konnte man sich ziemlich sicher sein, dass es einem nicht mehr aus dem Kopf ging.

~~~

Obwohl ich fünf Stunden vor Beginn der Autogrammstunde vor dem Kino ankam, hatten bereits geschätzte 100 Fans den Eingang belagert.
Und mit jeder Person, die sich zu der Versammlung gesellte, wuchs auch meine Nervosität ins Unermessliche.

Erst jetzt wurde mir langsam bewusst, dass das hier real war.
Ich würde ihn sehen, direkt vor meinen Augen, und zwar live, nicht auf irgendeinem Bildschirm. Ich würde mit ihm reden und von ihm Worte hören, die allein an mich gerichtet sein würden. Und ich würde ihn umarmen, den Körper des einzig wahren und vollkommen makellosen Thomas Brodie Sangster an meinem spüren.

Es war verrückt.
Und doch war es echt.

Noch vier Stunden.
Aus 100 Fans wurden langsam aber sicher 1000.

Drei Stunden.
Die Security stellte Zäune auf und spannte Absperrbänder zwischen uns und dem Tisch, der soeben vor die Eingangstüren getragen wurde.

Zwei Stunden.
Die Anzahl der Fans wuchs in den zehn Tausender-Bereich.

Eine Stunde.
Gleich war es soweit.

Die Gedanken rasten fast schon in Lichtgeschwindigkeit durch meinen Kopf, was dazu führte, dass sich plötzlich alles um mich herum drehte. Nicht ohnmächtig werden, ermahnte ich mich selbst.

Mittlerweile war es so voll, dass die gesamte Straße gesperrt werden musste.
Von allen Seiten wurde ich gegen fremde, teilweise verschwitzte Körper gedrückt, sodass ich kaum mehr Luft bekam.

Während die Security versuchte, die ersten ernsten Konflikte zwischen gereizten Fans zu vermeiden, suchte ich in meiner Tasche nach der Flasche Wasser, an die ich Gott sei Dank vor dem Verlassen meiner Wohnung noch gedacht hatte, und trank einen großen Schluck. Sofort ging es mir besser.

Bevor ich die Flasche wieder zudrehen konnte, wurde die Menge unruhig.
Jemand rempelte mich von hinten so stark an, dass die Plastikflasche auf dem Boden landete und deren Inhalt sich auf den hellen Asphalt ergoss.

"Hey, was soll das?", schnauzte ich.

Plötzlich brach die Hölle los.

THE WAY IT GOES ϟ t.b.sWhere stories live. Discover now