neunzehn

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Ich lehnte an der Wand außerhalb des regen Geschehens im Ballsaal und versuchte, zu realisieren, was Isabella mir erst vor wenigen Minuten gestanden hatte.
Gleichzeitig fragte ich mich, was wohl geschehen würde, wenn Thomas von all dem erfahren würde - oder hatte er das bereits?
Nein, das konnte nicht sein.
Nicht einmal ein begnadeter Schauspieler wie Thomas Sangster würde in diesem Fall seine dadurch hervorgerufene zerstörte Welt so gut vertuschen können.

Als hätte ich ihn durch meine bloßen Gedanken hergerufen, tauchte er plötzlich neben mir auf und verpasste mir mit seiner puren Anwesenheit beinahe einen Herzkasper.

Sein warmer Atem streifte mein Gesicht, als er sich so nah zu mir hinunterbeugte, dass ich jeden einzelnen Funken Emotion in seinen dunklen Augen erkennen konnte.
Sein forschender Blick schien nach etwas zu suchen, doch ich fand nicht heraus, wonach.
Also erwiderte ich seinen Blick, dabei stetig bemüht, nicht an meinem rasenden Puls zu krepieren.

Was war auf einmal mit ihm los?

"Sie wissen etwas.", raunte er mir zu, ohne die kleinste Veränderung seiner Gesichtszüge.
"Etwas sehr wichtiges, von dem ich hingegen nichts weiß."

"Ihre Menschenkenntnis ist bemerkenswert."

"Finden Sie?"
Ein fragendes Lächeln erhellte seine Miene, und mal wieder fragte ich mich, wie es möglich sein konnte, dass ein Mensch so dermaßen attraktiv war.

"Sie sind ganz anders, als bei unserer ersten Begegnung, wissen Sie das eigentlich?", fragte er.

Ich spielte verlegen mit dem Saum meines Kleides. "Inwiefern?"

Seine Mundwinkel hoben sich noch etwas mehr, was meine Neugier auf seine Antwort weckte und mein Herz zum rasen brachte.

"Ich meine unsere wirklich allererste Begegnung.", half er mir auf die Sprünge.

Mir blieb der Mund offen stehen.

"Sie erinnern sich an die Sache bei der Autogrammstunde?"

"Wie könnte ich nicht?", erwiderte er und hob amüsiert die Augenbrauen.

Tja...
Das war peinlich.

Bevor ich darüber nachdenken konnte, was er mit diesem Satz gemeint haben könnte, leistete Hugh uns Gesellschaft und ließ uns damit reflexartig auseinanderfahren.

Isabella trafen wir erst wieder, als wir den Weg zurück zum Hotel antraten.
Wir ließen uns schweigend auf die Ledersitze unserer Limousine gleiten und hingen jeweils unseren eigenen Gedanken nach.
Jedenfalls bis zu dem Zeitpunkt, an dem Isabella wie aus heiterem Himmel verkündete: "Tommy, ich muss dir etwas sagen."

Oh verdammt.
War sie denn von allen guten Geistern verlassen?
Wollte sie es tatsächlich ausgerechnet jetzt und hier aufdecken?

"Isabella!", zischte ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
"Sind Sie sicher...?"

Nur eine Sekunde später hätte ich mich selbst am liebsten geohrfeigt.
Thomas' Misstrauen war kaum zu übersehen.

"Was denn, Schatz?", fragte er vorsichtig.

Isabella achtete nicht auf meine panischen Gesten und griff ruhig nach seiner Hand.

"Ich habe eine Rolle in einer Late-Night-Sitcom."

Erleichtert atmete ich auf und ließ mich zurück in die Rückenlehne meines Sitzes fallen.

Thomas gab einen überraschten Laut von sich, ehe er ihr freudig um den Hals fiel.
"Ich freue mich so sehr für dich!"

"Das ist toll!", gratulierte auch ich.

Sobald er sich von der freudestrahlenden Isabella gelöst hatte, wendete er sich mir zu.
Ein skeptischer Ausdruck lag in seinen Augen.
"Wieso wollten Sie nicht, dass ich es erfahre?"

"Oh, ich, also...", stammelte ich, und mein Gesicht nahm augenblicklich die Farbe meines dunkelroten Kleides an.
"Ich hatte nur gedacht, es ginge um...etwas anderes."

Der selbe forschende Blick, dem ich schon vorhin im Saal unterlegen war, bohrte sich gnadenlos in mein tiefstes Gewissen hinein.
"Und das wäre...?"
Sein Kiefer spannte sich an, sodass dieser unter seiner hellen Haut hervortrat, und mir wurde bewusst, dass ich Thomas' Geduldsfaden gerade ins unermessliche strapazierte.

Doch ich hielt seinem eisernen Blick trotz allem stand und antwortete schnippisch:
"Sie werden es schon noch herausfinden."

An diesem Abend hatte Thomas endlich aufgehört, mir die kalte Schulter zu zeigen; doch gleichzeitig hatte ich ihn vermutlich dazu gebracht, schon bald damit fortzufahren.

THE WAY IT GOES ϟ t.b.sWhere stories live. Discover now