zwanzig

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Spät in der Nacht rissen mich entfernte, aber laute Stimmen grob aus dem Schlaf.

Laut meinem inneren Kompass kamen sie aus der gegenüberliegenden Suite; eine Tatsache, die mich beunruhigte.
Denn die Stimmen wurden zunehmend lauter, bis die hitzige Diskussion in einem schier unerträglichen Schrei-Massaker eskalierte.

Bevor jemand ernsthaft zu Schaden kam, stieg ich aus dem Bett und eilte in den Flur, wo eine völlig aufgelöste Isabella gerade die Tür hinter sich zugeknallt hatte und schniefend auf den Fahrstuhl zusteuerte.

Flink sprang ich ihr in den Weg und packte sie an den Schultern, sodass sie keine Chance hatte, zu entkommen.

"Was ist passiert?", forderte ich sie voller Sorge zu einer ehrlichen Antwort auf.

Isabella war mir in unserer gemeinsamen Zeit, egal, wie kurz diese gewesen war, viel zu wichtig geworden, als dass ich sie jetzt einfach so gehen lassen konnte.

Sie sah mich so schmerzerfüllt an, dass ich unwillkürlich das Gefühl hatte, der Schmerz übertrug sich auf mich.

"Er weiß alles", flüsterte sie.

Das einzige, was von ihr zurückblieb, waren zwei Tränen auf dem bunt gemusterten Teppichboden vor meinen Füßen.

Ich sammelte mich kurz, ehe ich zögernd den Notfallschlüssel zu Thomas' Suite zückte, welchen ich ausnahmslos immer bei mir hatte.
Eine Sekunde lang kämpfte ich mit mir selbst, doch schließlich riss ich mich zusammen und betätigte mit einem besorgniserregenden Kloß im Hals das Schloss der dunklen Holztür.

Was ich sah, umklammerte wie eine eisige Kralle meine Lunge und ließ jegliche Atemluft daraus entweichen.

Eine dünne, dunkelrote Blutspur zog sich in dickflüssigen Schlieren vom Bett bis zum Balkon.

Ein angstvoller Schrei durchdrang die Stille des Raumes, und ich wusste nicht, ob er von mir stammte, oder von...

"THOMAS!!"

Meine Atmung ging unkontrolliert und stoßweise, als ich, innerlich von nichts als nackter Panik zerfressen, auf die Tür zum Balkon zustürzte.

Dann hörte ich ihn.

"Blair."

Wie sanfte Wellen des ungezähmten Ozeans bei einer süßen Sommerbrise umschmeichelte seine Stimme mein benebeltes Bewusstsein.

Dort stand er, unversehrt, bis auf eine blutige Nase, und sah mich mit offenem Mund an.
Zwischen den rot gefärbten Fingern hielt er eine Zigarette, deren weißer Rauch seinen in einen mit tausend kleinen Blutstropfen verunstalteten Bademantel gehüllten Körper spielerisch umgab.

Ich fragte nicht, weshalb er blutete, geschweige denn, was sich erst vor wenigen Minuten in dieser Suite ereignet hatte.

Ich sah ihn bloß an; genau so, wie er auch mich ansah.

Er hob die Zigarette an seine spröden Lippen und inhalierte einen kräftigen Zug, ohne mich dabei aus den Augen zu verlieren.

In diesem Moment verspürte ich nichts drängenderes, als das unerträgliche Verlangen nach seinem Körper an dem meinen.

Mit einer einzigen lässigen Handbewegung schnipste er die nicht einmal zur Hälfte verglühte Zigarette über den Rand des Balkons hinunter in die Büsche und starrte gedankenverloren in die Ferne.

Mein Gott.
Dieser Mann brachte mich Tag für Tag etwas mehr um den Verstand.
Rücksichtslos und systematisch.

Irgendwann, nach einer halben Ewigkeit, in der wir beide uns ausschließlich tatenlos angeschwiegen hatten, berichtete Thomas mit belegter Stimme:
"Sie hat mich geschlagen.
Weil ich Dylan beleidigt habe."

"Das muss sehr schwer für Sie sein.", brachte ich mühevoll hervor und fuhr mir mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen.

Er lachte trocken.

"Tja, ich schätze, so ist das Leben."

Vorsichtig fuhr er mit dem Handrücken unter seiner Nase entlang, um sich zu vergewissern, dass die Blutung gestoppt war.
Dann lächelte er mich zaghaft an, so, als wäre nicht er sondern ich die Person, die Trost und Beistand benötigte.
"Übrigens...Ich denke, wir sind nun an einem Punkt angelangt, an dem wir beide uns duzen können. Findest du nicht auch?"

Ich nickte verlegen, denn ich fand keine Worte, die mir für diese Situation passend erschienen.

Also wünschte ich ihm eine gute Nacht - obwohl wir beide uns sehr genau darüber im Klaren waren, dass keiner von uns heute noch dazu fähig wäre, ein Auge zu tun zu können - und ließ ihn in seinem schmerzhaften Kummer allein.

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Ich arbeite noch daran, solch dramatische Szenarien in die passenden Worte zu fassen, seid also nicht allzu irritiert, falls ihr der Meinung seid, dass ich beim Verfassen dieses Kapitels nicht in Bestform war. ;)

O mein Gott, Leute:
Bald hat diese Geschichte die 1 Tausend Reads geknackt!
Den meisten von euch mag das nicht sonderlich bedeutsam erscheinen, aber ich persönlich freue mich wie verrückt darüber.
Ich hätte niemals gedacht, dass wirklich so viele Menschen meine Geschichte lesen würden - und vor allem, dass ich hier so unendlich liebe Leute kennenlerne.
Ihr seid die besten.❤️

In großer Vorfreude auf weitere wundervolle Kapitel, die ich gemeinsam mit euch verfassen darf,

eure Liz xx

THE WAY IT GOES ϟ t.b.sWhere stories live. Discover now