Arbejdsglæde

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Dominic und Jenny sitzen gemeinsam auf einer der anderen Parkbänke und als Henry und ich auf sie zukommen, stehen sie beide auf. Jenny betrachtet mich besorgt, sagt jedoch nichts und Dominic lächelt mich einfach nur offen an. Ich bemerke, dass er weiterhin Jennys Hand hält und ich entschließe mich, ihn zu mögen.

„Wollen wir ein Stück gehen?", schlägt Henry vor. „Am anderen Ende des Parks gibt es das leckerste Softeis der Stadt."
Dominic und Jenny nicken und so gehen wir zu viert auf dem breiten Parkweg nebeneinander her.

Ich überlege krampfhaft, wie ich eine Unterhaltung mit Dominic beginnen kann, um ihm zu signalisieren, dass ich nicht so rüde bin, wie es vorhin vielleicht erschien.  Jedoch bin ich nie gut darin gewesen, Flokseln auszutauschen und so knüpfe ich einfach an seine Frage vorhin an: „Ich...habe keinen Beruf."

Er hebt den Kopf und betrachtet mich lächelnd und voller Verständnis.
„Darf ich fragen, warum nicht?", fragt er freundlich. „Ich möchte die Entscheidung dazu weder be- noch verurteilen, aber ich bin sehr neugierig, bitte entschuldige."

Ich sehe kurz zu Henry, der mich anlächelt und meine Hand, die von seiner gehalten wird, leicht drückt.
Einen neugierigen Menschen kenne ich auch, denke ich.
„Ich... hatte es in der Schule bereits recht schwer", beginne ich zögerlich. „Und dann wurde ich irgendwann nur noch zu Hause unterrichtet."
Dominic nickt und meint: „Jenny hat mir erzählt, dass du besonders bist."

„Unsere Eltern unterstützen mich finanziell und so war nie die Notwendigkeit gegeben, dass ich einen Beruf ausübe", schließe ich meine Erklärung ab, denn mehr gibt es dazu für mich auch nicht zu sagen.
„Finanziell vielleicht nicht", wendet Dominic ein. „Aber hattest du nie das Bedürfnis, irgendetwas zu tun? Es gibt doch auch viele Berufe, die es nicht unbedingt erforderlich machen, mit Menschen zu interagieren und wo man seine Arbeitszeiten flexibel gestalten kann."

Grübelnd sehe ich ihn an, denn so wie Dominic das sagt, habe ich das bislang noch nicht betrachtet. Ich war immer zufrieden mit meiner Situation. Ich musste mich nicht um Termine sorgen, außer um die bei Dr. Cooke. Ich hatte meinen normalen Kreis aus Menschen, die ich ertragen kann, um mich und keine finanziellen Sorgen.
„Darüber habe ich noch nie nachgedacht", gebe ich zu.

Dominic lächelt mich an und beginnt zu erzählen: „Mein Großvater hat immer gesagt, man soll sich einen Beruf suchen, den man gern macht, dann muss man in seinem Leben nicht einen Tag arbeiten.
Mir ist klar, dass man diesen Spruch heute auf jeder zweiten Influencerseite lesen kann, aber das hat er wirklich immer zu mir gesagt."

Henry und Jenny kichern beide und Dominic grinst schulterzuckend.
„In der Schule bekam ich nie besonders gute Noten", fährt er fort. „Ich habe fast jede Arbeit in den Sand gesetzt, aber im mündlichen Bereich konnte ich alles wieder rausholen. Sobald man sich freiwillig für Vorträge melden konnte, war ich dabei. In Diskussionen war ich immer der Wortführer und einer meiner Lehrer meinte einmal zu mir, dass mein Mund alles rüberbringen könnte, was ich auf dem Papier nicht zustande brächte."

Interessiert höre ich ihm zu und es fasziniert mich, dass seine Erfahrungen gänzlich gegensätzlich zu meinen eigenen sind.

„Nach der Schule habe ich eine Berufsberatung gemacht und es endete damit, dass der Berater mir allen Ernstes einen Job in seiner Firma anbot, da er fand, dass ich sowohl gut zuhören und beobachten als auch unterstützen könnte", lacht Dominic. „Und so ist es dann auch gekommen. Nach einer Weile habe ich mich auf die Teamarbeit konzentriert, weil unsere Firma sowohl Bewerber als auch Arbeitgeber berät und ich schnell feststellen durfte, dass es oft an der Teamarbeit und Kommunikation liegt, wenn Firmen nicht die gewünschten Ergebnisse erzielen.
Ich kann den ganzen Tag reden und Leuten helfen, muss nie irgendwelche Zahlen liefern und habe das Gefühl, etwas Sinnvolles beizutragen", strahlt Jennys Freund.

„Arbejdsglæde", sagt Henry neben mir und Dominic sieht ihn verwirrt an.
„Das macht er immer", grinse ich. „Er hat zu allem ein passendes Wort."
Henry knufft mich liebevoll in die Seite und wendet sich wieder dem großen, blonden Mann zu: „Das ist das dänische Wort für Freude und Zufriedenheit, die durch Arbeit erreicht wird."

Dominic nickt begeistert und sagt: „Genau das! Ich finde, jeder sollte das haben."
Mit großen Augen sehe ich ihn an, denn mir wird klar, was Henry vorhin gemeint hat.
„Wenn du also vielleicht Inspiration oder einfach Informationen brauchst, was möglich ist, helfe ich dir sehr gern, Max", bietet der Freund meiner Schwester an. „Natürlich nur wenn du überhaupt Interesse hast."

Jenny gibt ihm einen Kuss auf die Wange und er lächelt sie wieder mit diesem Blick an, der mir bestätigt, was Henry vorhin zu mir meinte: er hat wirklich nur Augen für sie und ist einfach nur nett.

„Könnte ich denn in meinem Alter überhaupt noch etwas anfangen?", frage ich skeptisch.
„Max, mein ältester Klient war siebenundfünfzig", lächelt Dominic. „Seiner Frau gehörte die Firma ihrer Mutter und er hatte nie einen Tag in seinem Leben arbeiten müssen. Als sie verstarb, stellte er fest, dass sein Leben als Hausmann und Vater zwar ganz schön, aber nie vollends erfüllend gewesen war."

„Und was wurde aus ihm?", will Jenny wissen.
„Er ist jetzt U-Bahn-Fahrer. Er war schon immer ein großer Fan von Modelleisenbahnen und nun fährt er jeden Tag U-Bahn. Er meint, er könnte nicht glücklicher sein", grinst Dominic stolz.

„Ich mag Züge nicht besonders", überlege ich laut. Alles, was Dominic erzählt, klingt schlüssig für mich und vermutlich lag Henry mit seiner Bemerkung über meine Suche richtig.
Ich suche eine Aufgabe, etwas, worin ich und auch andere Sinn sehen. Wie Henry mit seiner Kunst, Dr. Cooke mit seiner Therapie und Dominic mit seiner Beratung. Aber worin könnte ich schon gut sein? Gibt es Badezimmerfliesentester?

„Nein, U-Bahn-Fahrer wäre nicht das Richtige", findet auch Dominic. „Aber vielleicht habe ich noch den ein oder anderen Einfall, der dich vielleicht anspricht."
„Schoko oder Erdbeer?", fragt Henry und zeigt auf den kleinen Eiswagen, dem wir uns inzwischen nähern.
„Ich hätte gern Erdbeer", sagt Jenny und Dominic schmachtet sie an, als er leise sagt: „Hmm.. wie deine süßen Lippen. Die passen dann hervorragend mit Schoko zusammen. Ich nehme Schokolade."

Henry neben mir kichert und küsst meine Wange. „Sie haben auch verpacktes Eis", spricht er meine Sorge über Salmonellen in Softeis durch die Blume an. „Am Stiel?"
Ich lächele unwillkürlich und nicke, als Henry bereits zu dem Eiswagenverkäufer geht und unsere Bestellung aufgibt.

Wortschatz | ✓Tahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon