Kapitel 53

202 16 0
                                    

Nachdem wir vor zwei Tagen losgefahren waren, hatte der Regen immer mehr nachgelassen und schließlich ganz aufgehört. Jetzt fuhr ich das Fenster herunter und ließ die leichte Brise über meine Wangen streichen. Mingi fand eine CD mit alten Liedern im Handschuhfach und legte sie sofort ein. Die Musik drang kaum zu meinen Ohren vor, während ich die vorbeiziehende Landschaft betrachtete. Die weiten, ausgetrockneten Felder mit dem matschigen Boden wirkten, ohne das leuchtende Gras und die bunten Blumen, beinahe wie ein Schwarzweißfoto. Der einzige Farbtupfer in diesem bedrückenden Grau war der Mond, der über uns hing als würde er uns auslachen. 'Na, bist du stolz darauf, was du angerichtet hast?', dachte ich verächtlich und wandte meinen Blick ab. Erschöpft schloss ich meine Augen, spürte die kühle Luft auf meinem Gesicht und lauschte meinen Begleitern, wie sie ausgelassen die Lieder mitsangen. Vor meinem inneren Auge stieg eine leuchtende Sonne an den hellen Morgenhimmel und streichelte mit ihren Strahlen sanft die Blütenblätter und Grashalme, an denen Tautropfen herabperlten. Bei dem Anblick zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen und eine einzelne Träne lief über meine Wange. Ich hatte keine Hoffnung mehr, dass wir so etwas je wieder zu Gesicht bekommen würden. Diese Tage waren vorüber. Die Welt ging unter und wir waren Zeugen ihres Endes. Während mein Bewusstsein in einen aufwühlenden Traum sank, verließ eine weitere, bittere Träne mein Auge.
Schwer hängt der Rauch zwischen den Bäumen und Asche verdunkelt den Nachmittagshimmel. Stolpernd renne ich durch den Wald. Wo ist meine Schwester? Ich muss sie finden! Ich kann nicht zulassen, dass die Menschen ihr etwas antun! Herabhängende Äste zerkratzen mein Gesicht und Blätter verfangen sich in meinem Haar, doch ich bemerke nichts davon. Auch ignoriere ich wie die Natur an meinem blutverschmierten Kleid zerrt und laufe. Ich laufe um meinen Zwilling zu retten, um meine letzte Verwandte vor dem Tod zu bewahren.
Schnell wischte ich mir mit dem Ärmel meines Hoodies über die Wangen, da ich nicht wollte, dass die Anderen sahen wie ich weinte. Als ich tief durchatmete, hatte ich das Gefühl noch immer den stechenden Geruch des Todes in der Nase zu haben. Zaghaft sah ich zu Miso neben mir, die noch immer lautstark Lieder mitsang. Ein leichtes Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich dachte: 'Letztendlich hab' ich dich gefunden. Ich konnte dich retten.' Als hätte sie meine Gedanken gehört wand sie mir ihren Blick zu und lächelte strahlend. Sie ergriff meine Hand und drückte sie sanft, während sie mich mit funkelnd blauen Augen ansah. Sie war glücklich, trotz der Umstände, in denen wir uns befanden.

Angel or devil (Ateez Park Seonghwa)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt