Kapitel 6

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Wir hatten über eine Stunde zu dritt die ganze Umgebung abgesucht, nachdem uns meine Schwester erzählt hatte, wie sie sich den See angesehen hatte und Seonghwa dann auf einmal verschwunden war. Keine Sekunde wich mir Jiwoo von der Seite und hielt unterstützend meine Hand in ihrer. "Er ist alt genug. Hoffen wir, dass nichts passiert ist", gab ich, immer noch besorgt, auf. Miso hatte auch versucht ihn anzurufen, jedoch ohne Reaktion. "Vielleicht kam ihm einfach nur etwas dazwischen und er musste nach Hause oder so?", versuchte meine Freundin uns zu beruhigen. Wir aßen zu Abend und gingen nach einer Runde gegrillter Marshmallows zu Bett. Lange lag ich wach, grübelte und machte mir Sorgen, wie es für mich üblich war. Als ich endlich eingeschlafen war träumte ich von schwarzen umherwirbelnden Federn und hörte weit entfernt meine Schwester schreien. Ich schreckte aus meinem seltsamen Traum auf und sah mich um. Die beiden Mädels schliefen tief und friedlich, weshalb ich beschloss aus dem Zelt zu gehen. An schlafen war jetzt sowieso nicht mehr zu denken und ich trat in das helle Licht des Mondes. Es war gespenstisch still: die anderen Camper hatten sich vor einiger Zeit schlafen gelegt, kein Lüftchen wehte, selbst die Grillen schwiegen. Ich wand meinen Blick zum sternenklaren Nachthimmel mit dem strahlenden Vollmond. "Wenn der Mond aufgeht, geht ihre Welt unter." Ich bekam eine Gänsehaut. Diesen Satz hatte niemand zu mir gesagt, aber ich hatte ihn gehört, vor langer Zeit. Plötzlich sah ich eine Gestalt am erloschenen Lagerfeuer sitzen. "Wir haben uns Sorgen gemacht! Wo warst du?", fragte ich erleichtert. Ein Schulterzucken als Antwort, was wohl hieß es ging mich nichts an. Ich setzte mich neben Seonghwa, der seine für ihn typische Ruhe ausstrahlte. Ich hatte das Gefühl, dass jetzt ein Moment war, in dem es mir vielleicht möglich war endlich ein paar seiner Geheimnisse zu lüften, oder zu mindest wenigstens eines. "Du... Seong?", fing ich stockend an, "Warum versuchst du so zwanghaft nicht aufzufallen? Ich mein', wenn ich so an die Blicke von Mädchen denk', als sie dich das erste mal gesehen haben, scheint es nicht besonders gut zu funktionieren. Und warum ignorierst du Alle außer meine Schwester und mich? Wieso gibst du dich mit uns ab, wenn du doch sonnst so tust, als würden andere Menschen nicht existieren?" Er sah mir tief in die Augen und schüttelte langsam den Kopf. 'Geheimnis', erinnerte ich mich. Von ihm würde ich nichts erfahren, doch die Neugier und Angst fraß mich auf, also stellte ich eine letzte Frage: "Aus welchem Grund ausgerechnet wir?" Er stand auf und wollte weggehen, doch ich hielt ihn am Arm fest. Es fühlte sich an, als würde ein Blitz durch mich hindurchfahren und er drehte sich um. Mit funkelnden Augen sah er mich an und sagte: "Hyunwoo", und ging davon. Ich war verwirrter als zuvor. Er hatte gesprochen, das erste was er sagte war mein Name und ich war der Grund, warum er in unserer Nähe blieb. Was mich aber zutiefst schockierte und verängstigte war das Gefühl, das seine Stimme in mir hinterließ. Es war das selbe, das die Erinnerung mit dem Satz vom Mond in mir ausgelöst hatte.

Angel or devil (Ateez Park Seonghwa)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt