Kapitel 23

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Als ich in die Hauptverkehrsstraße einbog, wurde mir übel. Überall brannten Autos oder waren Fahrzeuge ineinandergecrasht. Die ganze Straße sah aus wie ein einziger Unfall und ich begann so schnell ich konnte zu rennen. Ich wusste zu mindest die grobe Richtung, in die meine Familie am Anfang der Strecke unterwegs sein musste. Ich betete ununterbrochen, während mich meine Angst vorantrieb. Nach einer gefühlten Ewigkeit entdeckte ich unser Auto, das gegen eine Hauswand gefahren war und aussah wie eine zerdrückte Bierdose. Ich eilte zu dem Transportmittel und blickte durch die zerstörten Fenster. Drei blutüberströmte Personen hingen bewusstlos in ihren Sitzen und bewegten sich nicht. Ängstlich trat ich einen Schritt zurück, als ich die Pfütze zu meinen Füßen und einen seltsamen Geruch vernahm. Mit einer Explosion ging das Gefährt in Flammen auf und ich stolperte rückwärts bis ich auf meinen Hintern fiel. Meine Augen brannten von dem Qualm und den Tränen. Weinend kroch ich weg von der Unfallstelle und den lodernden Flammen.
Ich wusste weder wie viel Zeit vergangen war noch wie ich nach Hause gekommen war und saß im Flur auf dem Boden. Meine Tränen waren längst versiegt und ich starrte leer auf die Haustür in der Hoffnung meine Schwester würde jeden Moment lächelnd hindurchtreten. Doch ich wartete vergebens Tag und Nacht, ohne auch nur das kleinste Lebenszeichen meines Zwillings. Mit wackeligen Beinen stand ich langsam auf und trat hinaus in das Chaos. Den nicht weggeräumten Unfallfahrzeugen nach zu urteilen hatte die Polizei nichts unternommen, weshalb ich beschloss meine Schwester selbst zu finden. Ich wusste nicht, wo Mingi wohnte, da wir uns nur Außen getroffen hatten, und beschloss deshalb zu der einzigen Person zu gehen, die mir einfiel. Seonghwa musste es schließlich wissen. Ich war mir nicht klar, woher die Sicherheit, dass er noch lebte, kam, aber ich war fest davon überzeugt. Glücklicherweise war ich in dieser Situation in der Lage mich an seine Adresse zu erinnern und machte mich schnellstmöglich auf den Weg dorthin. Unterwegs kam mir eine Klassenkameradin entgegen, in deren Augen nicht das kleinste Bisschen Wiedererkennens lag. Ich bekam es kaum mit, da mir andere Sachen mehr Sorgen bereiteten und ich kam schließlich völlig außer Atem an dem großen Gebäude an. Da der Mond das Magnetfeld der Erde gestört hatte und somit kein Internet oder Strom funktionierte, war es folglich auch nicht möglich die Klingel zu benutzen. Die Haupttür war offen, sodass ich ohne weitere Probleme in das Gebäude gelangen konnte. Als ich mich die Stufen hinaufgequält hatte, fand ich nur ein leeres Appartment mit angelehnter Tür vor. Verzweifelt brach ich zusammen, meine einzige Hoffnung hatte sich gerade in Luft aufgelöst.
Als ich daheim ankam, riss ich mir meine Hose von den Beinen und nahm mir ein Küchenmesser. Ich weinte, doch ich hatte keine Tränen mehr. Waren die Narben kleiner geworden? Nur für einen kleinen Moment wunderte ich mich darüber, bevor ich meine Beine attackierte. "Sie kommt nicht zurück!", flüsterte ich immer wieder und fügte nun auch meinen Armen Schnitte zu. Ich hatte jede Hoffnung verloren und hackte wie blind auf meinen Körper ein. Ich hatte alle, die ich geliebt hatte, verloren: meine Eltern, meine Freundin und meine Schwester, die ich bis zuletzt nicht hatte beschützen können. Vermutlich war sie ebenfalls bereits tot. Mir wurde langsam schwindelig, als ich dachte: 'Sie ist mein Zwilling. Müsste ich es da nicht fühlen, wenn ihr etwas passiert wäre?' Während ich mich das noch fragte, wurde Alles um mich herum schwarz.

Angel or devil (Ateez Park Seonghwa)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt