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Sobald ich ihm erzählt hatte, was mir gerade die alte Dame erzählt hatte, blieb er für einen Moment sprachlos.

Er war verwirrt ins Zimmer gestürmt, als die ältere Frau ihm unten mitgeteilt hatte, dass ich im Zimmer war. Da er wusste, dass ich sie gestern Abend beängstigend fand, hatte er sich kurz gesorgt, was passiert war.
Und als er mich mit den Nerven halb am Ende im Zimmer gefunden hatte, nahm er mich bloss in den Arm und wartete, bis ich mich beruhigt hatte.
Sobald ich die Kraft dazu fand, hatte ich ihm alles erzählt.

„Das heisst, dass wir unserem Ziel nahe sind.", murmelte er und ich pflichtete ihm nickend bei. Ich war zu vertieft in meine Gedanken, als dass ich ihm hätte antworten können. Wehmütig dachte ich an meine Eltern und was sie alles für mich getan hatten. Ich vermisste sie schrecklich und wollte ihnen so viel erzählen, was leider nicht mehr möglich war.

Gedankenverloren spielte ich mit dem Medaillon, welches mir meine Mutter damals um den Hals gelegt hatte. „Kann man das öffnen?", fragte Milo, als sein Blick mein Medaillon streifte. Bis jetzt hatte ich es immer verborgen getragen und er hatte es nie zu Gesicht bekommen. Überrascht blickte ich zu ihm und nickte, als ich seinem Blick gefolgt war.
Ich streifte es mir über und hielt es ihm hin. Vorsichtig nahm er das Medaillon in die Hand und betrachtete es näher, bevor er es öffnete. Drinnen befand sich ein Bild von meinen Eltern, welche mich stolz im Arm hielten, als ich noch ein Baby war.

„Deine Eltern?", fragte er mich schnell, obwohl er eigentlich schon ahnte, dass er mit seiner Vermutung richtig lag und ich nickte. „Sie sehen sehr glücklich aus.", fügte er vorsichtig hinzu, denn er wollte nicht, dass ich traurig wurde. „Ja, das waren sie.", stimmte ich ihm zu. „Dieses Medaillon gab mir meine Mutter, bevor ich fliehen musste. Bevor sie..", brach ich ab und drehte meinen Kopf weg. Ich konnte es nicht aussprechen, es schmerzte mich zu sehr. Milo verstand es und zog mich sanft an seine Schulter und sagte nichts. Ich wusste nicht, wie lange wir so da sassen, aber ich war unendlich froh, ihn an meiner Seite zu wissen.

Plötzlich stupste Milo mich an der Schulter und ich zuckte erschrocken zusammen. „Hallo, Erde an Tiana. Ist jemand da?", zog er mich auf, als er merkte, dass ich wieder anwesend war.
„Ja, ich bin da.", lachte ich auf und warf ihm einen mörderischen Blick zu.
„An was hast du gedacht?", fragt er neugierig. Lange sah ich ihn bloss an und überlegte, ob ich es ihm erzählen sollte.

„Weisst du, es wird leichter, wenn du darüber sprichst.", sagte er, als wüsste er, über was ich nachgedacht hatte und nahm mir somit meine Entscheidung ab. „Ich hab an meine Eltern gedacht.", gab ich schlussendlich zu. Beim Gedanken an sie, huschte ein Lächeln über mein Gesicht und gleichzeitig bekam ich wässerige Augen, weshalb ich meinen Blick zum Fenster wandte.
„Früher haben sie mir immer Geschichten erzählt. Ich liebte es, wie sie sie erzählten, fast so, als wären sie wirklich geschehen und hätten es genau so erlebt. Mittlerweile weiss ich, dass einige Geschichten wirklich wahr waren. Wie gerne ich ihnen auch einige Geschichten erzählen würde."

Meine Stimme begann zu zittern und ich brach ab. Bei dem Gedanken an sie, wie sie mit mir spielten und herumtollten, kugelte eine Träne über meine Wange. Schnell wischte ich sie ab, drehte den Kopf vom Fenster weg und sah zu Milo, welcher mir gespannt zuhörte. „Sie hätten dich bestimmt gemocht.", lächelte ich ihn an. Milo lächelte mich an, doch eine leichte Traurigkeit blieb in seinen Augen. „Das wäre wahrscheinlich nicht wichtig, da ich nicht dein Mate bin..", erklärte er damit seine Traurigkeit.

Auch mir legte sich eine Traurigkeit um mein Herz. Er wäre perfekt, doch das Universum hatte anderes geplant.
„Ja, leider.", gab ich seufzend zu und sah ihm direkt in seine überrascht dreinblickenden Augen. Ich lächelte ihn an und kuschelte mich in seine Arme, was er nur zu gerne geschehen liess.

„Und was haben wir heute noch vor?", fragte ich ihn nach einer Weile, weil ich wusste, dass wir nicht den ganzen Tag so dasitzen konnten. „Nicht viel. Den Rest des Tages wird entspannt und erholt. Gönn dir ein richtiges Bad und schlaf solange du willst. Du hast es dir mehr als verdient.", lächelte er mich an. „Dann geh ich mal in die Wanne.", sagte ich begeistert und machte mich auf den Weg ins Badezimmer.

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„Bist du bereit?", fragte er mich, als ich alle Sachen zusammengepackt hatte.
Es war Zeit, weiter zu ziehen. Den ganzen gestrigen Tag hatten wir bloss entspannt und gefaulenzt. Ich schulterte den Rucksack und nickte ihm entschlossen zu. Vorher hatten wir noch ausgiebig gefrühstückt, aber nur so, dass mir nicht übel war.
Mit gemischten Gefühlen folgte ich Milo nach unten zur Rezeption, bei welcher die ältere Dame schon auf uns wartete.

„Hallo ihr zwei.", begrüsste sie uns freundlich und ich lächelte sie an. Seit dem gestrigen Gespräch war sie mir überhaupt nicht mehr unheimlich. Eher betrachtete ich sie als eine alte Freundin von meiner Oma und meiner Mutter. „Schade, dass ihr schon wieder geht.", kommentierte sie, als Milo ihr den Schlüssel zurück gab. „Naja, jedenfalls wünsche ich euch eine gute Reise und ich hoffe ihr findet euer Ziel."
„Danke.", meinte Milo höflich. „Wenn ihr noch etwas braucht, könnt ihr es mir gerne sagen.", bot sie an, doch wir lehnten dankbar ab.

Gerade, als wir gehen wollten, rief die Frau meinen Namen und hielt mich zurück und Milo nickte, dass er verstanden hatte und wartete draussen. Fragend drehte ich mich zu der Frau um, welche schon um den Tresen gelaufen kam. „Darf ich dich kurz umarmen?", fragte sie leicht verlegen, weshalb ich ihr das nicht ausschlagen konnte und nickte. Ohne zu zögern kam sie auf mich zu und drückte mich.

„Ihr seid so süss zusammen. Zum Glück hast du deinen Mate an deiner Seite.", flüsterte sie in mein Ohr. Perplex versteifte ich mich leicht, bevor ich ihr antwortete. „Er ist nicht mein Mate." Ausgiebig wurde ich von ihr gemustert, wobei sie die leichte Röte, welche in meine Wangen geschossen war, sicherlich nicht übersah. Sie war sehr überrascht darüber, dass wir nicht für einander bestimmt waren.
„Ich hätte schwören können, ihr wärt's. Schade.", sah sie mich immer noch leicht verwirrt an und ich nickte. „Ja, schade." „Wer weiss, was die Zukunft bereit hält.", zwinkerte sie mir zu, lief weg und liess mich somit verdutzt alleine stehen.

Noch immer leicht verdutzt verliess ich die Unterkunft und ging zu Milo, der auf mich wartete. „Was ist los?", fragte er, als er meinen Gesichtsausdruck sah.
„Sie dachte, dass du mein Mate bist.", sagte ich und er nickte grinsend. „Dann haben wir unser Ziel erreicht und die Leute haben es geglaubt."
„Ja, stimmt.", stimmte ich ihm nachdenklich zu. „Aber das war es nicht oder?", hakte er nach, als er merkte, dass ich nicht wegen dieser Aussage nachdenklich war. „Nein. Darauf meinte sie, dass man nie wissen kann, was die Zukunft für einen bereit hält und hat gezwinkert.", erzählte ich es ihm.

Nun war auch er leicht verwundert und dachte über die Worte der Frau nach. „Tja, lassen wir uns überraschen.", zuckte er fröhlich mit den Schultern, zwinkerte mir zu und fing an zu laufen. Der Strasse entlang, raus aus dem Dorf.

Hybrid - Tochter einer halben WölfinWhere stories live. Discover now